Sagenhaft Jun01


Sagenhaft

Kunigundenkapelle in Burgerroth

Hoch erhaben über dem Gollachtal steht sie, die sagenumwobene Kunigundenkapelle. Sie wacht auf dem „Altenberg“ über Buch und Burgerroth bei Aub. Ausgrabungen bezeugen die Existenz heidnischer Bewohner in der Jungsteinzeit rund um den „Altenberg“ und ihrer einstigen Kultstätte, an dessen Stelle sich heute die Kunigundenkapelle befindet.

Der Legende nach soll die heilige Kunigunde von Luxemburg (Tochter des Grafen Siegfried II.) und Gattin des Kaisers Heinrich II. zu Bamberg drei ihrer Schleier aus dem Domfenster geworfen haben, an dessen Fundorten Kapellen errichtet werden sollten. Eines der zarten Gewebe soll sich in der 1 000-jährigen Linde auf dem „Altenberg“ verfangen haben, die heute noch an der Ostseite der Kapelle, trotz gespaltenem Stamm, wächst und gedeiht.

Die Kunigundenkapelle wurde nach der gleichnamigen Heiligen und Kaiserin zu Bamberg benannt. Foto: ul

Die Kunigundenkapelle wurde nach der gleichnamigen Heiligen und Kaiserin zu Bamberg benannt. Foto: ul

Die Bucher Einwohner, dessen Ortskern am Fuße des Berges liegt, waren nicht einverstanden mit dem schwer erreichbaren Standort ihres spätromanischen Gotteshauses, das in der Blütezeit der Hohenstaufer um 1230 durch die Kreuzritter Heinrich von Hohenlohe-Brauneck und seinem Sohn Konrad entstehen sollte. Wie man sich erzählt, sollen die vorhandenen Steine während der Nacht ins Dorf transportiert worden sein.Trotz der nächtlichen Wache fanden sich die Baumaterialien am Morgen auf wundersame Weise auf dem „Altenberg“ wieder. So wurde die Kapelle am Fundort des kaiserlichen Schleiers als Chorraumkirche mit kryptartiger Unterkapelle, einschiffigem Langhaus und Chorerker erbaut. Die Bewohner mussten fortan den beschwerlichen Weg hinauf zum Kirchgang nehmen und ihre Verstorbenen mit Ochsen-Karren zum Friedhof begleiten. „Ihre Kaiserin Kunigunde war eine bescheidene, gebildete Herrscherin mit marienähnlichen Zügen, was wohl ein Grund für ihre Heiligsprechung gewesen sein könnte“, so Manfred Deppisch, Kirchenpfleger und Gründer des Freundeskreises Kunigundenkapelle.

„Der Legende nach war Kunigunde unversehrt über glühende Kohlen gelaufen, um den Vorwurf des Ehebruchs zu entkräften“, so Deppisch weiter. Dies wurde als Zeichen ihrer Keuschheit und Heiligkeit angesehen. Vom Altenberg aus gelangt man auf den über tausend Jahre alten historischen Verbindungsweg der Benediktiner (9. Jahrhundert) in die einstige Kaiserstadt Bamberg. Der Pfad wurde seit der Heiligsprechung Kunigundes mehr den je zu einem Pilgerweg und die Kapelle zu einem begehrten Wallfahrtsort.

Das Kaiserpaar führte eine sogenannte „Josef-Ehe“, d.h. sie waren kinderlos. Kunigunde verbrachte statt dessen viel Zeit mit den Amtsgeschäften ihres Gatten und galt in der Bevölkerung als warmherzig und gerecht. Sie soll sich oft betend am Altenberg aufgehalten haben. Südöstlich der Kapelle befindet sich der sogenannte „Kunigundenstein“. Die Vertiefungen im unförmigen Muschelkalkfelsen werden als Hand-, Knie- und Fußabdrücke der heiligen Kunigunde gedeutet, die sich hier zum Gebet niedergekniet haben soll (Bild S. 11 rechts).

Man sagt, dass Konrad von Hohenlohe-Brauneck das „Turiner Grabtuch Christi“ für seinen Herrn Friedrich II. in der Kunigundenkapelle aufbewahrt haben soll. Einen Hinweis auf die Richtigkeit dieser These hat der Kirchenpfleger von einer Historikerin gehört, die die Kapelle einst besuchte. Dabei verweist er auf ein steinernes Band auf dem Sockelbereich, das sich von der Westseite um die Turmseite bis auf die Nordseite erstreckt und am Ende wie ein Tuchende geformt ist.
Manfred Deppisch (von re.) legt seine Hand in den „Kunigundenstein“. Fresken im Chorraum der Oberkirche zeigen den heiligen Nikolaus, der Jungfrauen beschenkt. Der Altar wird nur zu Pfingsten vervollständigt. Fotos: ul
Umbauarbeiten
Auf der gleichen Seite, im Inneren des Chorraumes, kamen bei Renovierungsarbeiten Fresken zum Vorschein, deren Motiv ebenfalls auf das Grabtuch hinweisen könnten. Oder handelt es sich doch um eine Darstellung mit dem hl. Bischof Nikolaus? Genau weiß man es nicht.

Aufwändige Instandsetzungen und Umbauten wurden im Laufe der Zeit nötig. In den Jahren 1608 bis 1609 unter Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn wurden die spätromanischen Wandmalereien überstrichen und im Kirchenschiff zwei Spitzbogenfenster (Gotik) eingebaut. Dieser Umbau sollte zur Festigung der Gegenreformation beitragen. Eine Steintafel über dem Südportal aus dem Jahre 1614 weist darauf hin.

Die letzte Renovierung fand im Jahre 1960 statt. Dabei wurden Fresken freigelegt, die Julius Echter übermalen lies. „Die Wandmalereien liegen unter mehreren Farbschichten“, erklärt Manfred Deppisch. Eine Entfernung könnte so manche Überraschung bereit halten. Bei den Umbauarbeiten wurden auch die Empore mit der Orgel, die Kanzel und die ursprünglich vorhandenen Seitenaltäre entfernt.

Der Hochaltar wurde einst von Thomas Klee aus Buch gestiftet und von Matthias Hasslinger aus Aub hergestellt. Ursprünglich thronte Gott-Vater als Schnitz-Skulptur im oberen Teil des Altars. Nachdem sie durch einen Sturz zerbrach, wurde das Bildnis im Jahre 1869 durch eine Malerei von Friedrich Breitenbach aus Bad Mergentheim ersetzt. Nur zum alljährlichen Pfingst- und Kunigundenfest wird der Altar mit den geschnitzten Skulpturen des Heiligen-Ehepaares aus dem Jahre 1762, Gemälde der ehemaligen Seitenaltäre, die Kreuzgangstationen (gemalt um 1900), ein Bild des heiligen Valentin von 1750 und die Bucher Silberglocke, eine der ältesten aus der Zeit um 1240, vervollständigt.

Wer sich auf die Spuren der Kunigundenkapelle begeben möchte, kann sich bei Manfred Deppisch unter Telefon: 09335 652 zu einer Führung anmelden.
ul