Kultur der Streuobstwiese

In Burgbernheim erklären Führer die einzigartige Streuobstlandschaft Es sind nicht nur Obstbäume, es ist eine Kulturlandschaft. „Wir sehen es als unseren Auftrag, diese zu erhalten“, erklärt Ernst Grefig, seit 38 Jahren Stadtgärtner in Burgbernheim. „Ohne Ernst gäbe es das Bewusstsein für die Streuobstwiesen nicht“, fügen Bruno Krug und Karlheinz Barthold an. Die drei Männern brennen nicht nur für die Natur rund um Burgbernheim, sie bringen diese bei individuellen Führungen auch interessierten Menschen nahe. Etwa 30 000 Obstbäume stehen auf 120 ha Wiesenfläche rund um Burgbernheim. Die eine Hälfte gehört der Stadt, die andere Privatbesitzern. Die Streuobstwiesen, die in dieser zusammengehörigen Größe einmalig sind, wurden zum Alleinstellungsmerkmal von Burgbernheim. Aktuell entsteht ein Streuobstkompetenzzentrum, das 2025 offiziell eingeweiht wird. Im Frühjahr gibt es einen Streuobstwandertag und am zweiten Sonntag im Oktober den Streuobsttag. Bereits im 18. Jahrhundert wurde der Obstanbau außerhalb der Dörfer initiiert. In den 1950er bis 1970er Jahren gab es dagegen Rodungsprämien, um mehr landwirtschaftliche Flächen zu schaffen. Die an die Frankenhöhe angeschmiegte hügelige Lage der Obstwiesen hat verhindert, dass sie verschwinden. „Das war unser Glück“, so Ernst Grefig. Vor etwa 20 bis 25 Jahren rückte die Kulturlandschaft immer mehr in das Bewusstsein sowohl der Stadtpolitik als auch der Bürger, und ist heute ein Vorzeigeprojekt, das es zu erkunden gibt. Etwa die Hälfte der Obstbäume sind Zwetschgen, dazu kommen Apfel-, Birnen- und Kirschbäume. Die Walnuss und Sauerkirsche spielt eine Rolle, ebenso wie Mirabelle oder Reneklode. Es gibt neunmal soviel Obstbäume wie Einwohner in Burgbernheim. Streuobst zukunftsfähig machen Alle drei Streuobstführer starten mit ihren Touren am Labyrinth (auch eine Besonderheit). Auf guten Wegen, teilweise frisch in die Wiesen gemäht, geht es dann für zwei bis drei Stunden mitten hinein in die Streuobstlandschaft. Die individuelle Ausrichtung kann mit dem jeweiligen Führer vereinbart werden. Jeder der Männer hat seinen Schwerpunkt. Ernst Grefig hat als Vollprofi auf alle Fragen eine Antwort. Er kennt sich nicht nur mit Anbau, Pflege und Besonderheiten der Obstbäume aus, sondern ist auch ein Visionär. „Unser größter Feind ist das Klima“, sagt er. Spätfrost im Frühjahr oder längere Spitzentemperaturen über 32° Grad setzen den Beständen zu. Um die Kulturlandschaft zu erhalten, braucht es Pflanzen, die mit den sich ändernden Bedingungen zurechtkommen. Beim Rundgang geht es daher auch vorbei an Kakibäumen, an drei verschiedenen Arten von Maulbeerbäumen, oder Pflanzungen auf sandigem Boden. Alles Projekte, die zukunftsorientiert neue Erkenntnisse bringen. Bruno Krug gibt seinen Touren, die eine Strecke von etwa 4 km haben, gerne den Titel „Wellnesswandern“. Er möchte, dass die Menschen in der Natur abschalten können und Spaß haben. Neben Infos zu den Streuobstwiesen gibt es bei ihm auch Überliefertes, Anekdoten und Wissenswertes zum Wirtschaftsstandort Burgbernheim zu hören. Was genau passiert denn mit dem Obst, wenn es reif ist? Eine Genossenschaft wurde gegründet, die unter dem Namen „Einheimischer“ das Obst zu Saft verarbeitet und vermarktet. Der Abschluss seiner Führung führt stets über die „Kulturmeile“ zurück an den Start. Burgbernheimer Künstler haben diesen Abschnitt mitgestaltet. Eine Holzbank mit Rasenpolster, ein „Glücksapfel“ aus Hufeisen oder eine überdimensionale Holzhand, die einen ausladenden Ast stützt, sind nur einige der Objekte. Karlheinz Barthold setzt als Streuobstführer neben der historischen Entwicklung des Obstanbaus und Bräuchen rund um den Apfel auch auf die Vielfalt von Pflanzen und Heilfrüchten, die in diesem Kulturraum gedeihen. „Ich möchte möglichst alle Sinnesorgane ansprechen“, so Barthold. Geburtstagsgruppen, Offiziere der Bundeswehr oder Besucher aus München haben schon zu den Gästen gehört. „Wir machen die Führungen sowohl für Busgruppen wie auch für Kleingruppen“, erklärt Ernst Grefig....

Mit Herz und Verstand

Karl-Heinz Gisbertz (Pfarrer in Ohrenbach a. D.) lebt, was er glaubt Ob auf der Kanzel oder im Garten, Karl-Heinz Gisbertz, Pfarrer a. D., ist der, der er ist. Authentisch und mit einer gesunden Portion Humor genießt er gemeinsam mit seiner Frau Heidi den Ruhestand in Ohrenbach, seiner letzten Wirkungsstätte als Gemeindepfarrer. Er liebt es, den Vögeln im Garten von seinem Arbeitsfenster aus bei der täglichen Mahlzeit zuzuschauen. Arbeitsfenster? Ja, richtig gelesen, denn Ruhestand heißt bei Karl-Heinz Gisbertz, der über 39 Jahre im Dienst der Kirche stand, nicht gleich nichts tun. Denn als freiberuflicher Redakteur der Tageszeitung, als geistlicher Vertreter seiner Zunft und als Reisender nach Siebenbürgen ist er immer noch gerne aktiv. „Heute kenne ich sie alle, die Stadträte und Aktiven in der Verwaltung, und habe gute Verbindungen zu ihnen“, sagt er mit einem Schmunzeln. Er ist eben ein beliebter Zeitgenosse. Zum Schreiben kam er wie die Jungfrau zum Kinde. „Sie machen doch so schöne Fotos. Könnten sie nicht Bilder zum 80-jährigen Jubiläum der Bauernkapelle in Ohrenbach machen und ein paar Zeilen dazu schreiben“, wurde er von Dieter Balb, langjährigem Chefredakteur des „Fränkischen Anzeigers“, gefragt. Das ist jetzt 20 Jahre her. Seit dem Renteneintritt ist er als Redakteur aktiver geworden und lässt sich jedoch weder vor den politischen noch vor den kirchlichen Karren spannen. Es ist für ihn ein wahrheitsgemäßer Dienst für die Öffentlichkeit. Eigentlich wollte Karl-Heinz Gisbertz seinen Ruhestand in seinem Heimatort Burgbernheim verbringen. Allerdings ist seine Tochter Steffi mit Mann und Kindern in Ohrenbach zu Hause. Grund genug, den Ohrenbachern erhalten zu bleiben. Zu Hause, ja, das ist Burgbernheim, aber geboren wurde der Kirchenmann in Bad Windsheim. „Meine Mutter teilte mit drei weiteren werdenden Müttern aus der Region ein Zimmer auf der Geburtsstation. Nachdem alle vier Jungs das Licht der Welt erblickt hatten, einigten sich die Mütter auf den Namen Karl-Heinz“, sagt Gisbertz. Vier Neugeborene mit gleichem Vornamen. Das gibt es auch nicht alle Tage. Von Gott geleitet Groß geworden ist er mit den „Weißen Hauben“, wie der fidele Rentner die Diakonissen aus seiner Kindergarten- und Studienzeit nennt. Sie waren für ihn ein Vorbild an Menschlichkeit und Zuwendung und das auf Lebenszeit. Das war wohl der erste bleibende Eindruck christlicher Nächstenliebe. Allerdings war der Burgbernheimer Ortspfarrer Manfred Erstling „mit Schuld“ an seiner Entscheidung, Pfarrer zu werden. „Er war ein Mensch wie du und ich, gepaart mit einer gesunden Strenge und einer bibeltreuen Lebensweise, die mir zeigte, wie man den Glauben lebt“, erinnert sich Gisbertz heute noch. Großvater Hans Moll musste allerdings als Landwirt von dem Vorhaben seines Enkels, ein Geistlicher zu werden, erst durch einen verwandten Pfarrer überzeugt werden. Sein Argument: „Die Landwirtschaft mit zwei Pferden und ein paar Schweinen? Ganz ehrlich, das hat keine Zukunft“. Gesagt, getan, Großvater Hans unterstütze seinen Enkel fortan auch in finanzieller Hinsicht. Und so studierte Karl-Heinz Gisbertz nach dem Abitur Theologie an der Augustana Hochschule in Neuendettelsau. Studierende und Dozierende waren zu diesem Zeitpunkt noch in der Diakonissenanstalt Neuendettelsau und im ehemaligen Zisterzienserkloster Heilsbronn untergebracht. Auch dort erlebte er in eindrücklicher Weise den gelebten Glauben von seinen „Weißen Hauben“, den Diakonissen. „Ich durfte als Studiosus für nur 200 DM wohnen und essen“, erzählt er dankbar. Ab 1980 war er Vikar in der St. Jakob-Kirche in Rothenburg, bevor er zwei Jahre später Pfarrer in Bischofsheim an der Rhön wurde. Einer seiner berührendsten Momente war seine Ordination im Jahr 1982 in Burgbernheim. Oberkirchenrat Rudolf Meiser, ein ganzer Bus voll Gemeindegliedern aus Rothenburg, Gäste aus seiner Gemeinde in der Rhön sowie Studien- und Pfarrerskollegen waren zugegen. So viele „Weiße Hauben“, die ihn liebevoll den „Schwesterngogerer“, zu Deutsch „Menschenkümmerer“ nannten, ehrten ihn mit ihrer Anwesenheit. Heute gibt es keine jungen beruflichen Diakonissen mehr, die in Kindergärten oder Kliniken arbeiten wollen. „Sie ersparten den Krankenhäusern damals allein mit dem Auskochen der Spritzen rund 125 000 DM jährlich“, betont Gisbertz. 1985 wechselte er auf die Pfarrstelle in Wildenholz und Dorfgütingen, seine letzte berufliche Station vor Ohrenbach. Christliche Vorbilder...

Grillblog BBQ Ömer

Thomas Hofmockel ist ein leidenschaftlicher Griller Thomas Hofmockel hat nicht nur einen Grill, er hat gleich 20: Holzkohlegrills, Gasgrills und eine Feuerplatte. „Die Feuerplatte ist aktuell mein liebster Grill“, erzählt er. Thomas Hofmockel ist auch als BBQ Oemer bekannt. Den gleichnamigen Blog hat er 2015 gestartet. Pro Jahr besuchten zur Hochzeit etwa eine Million Grillfans seine Seite. Hinter seinem Haus in Eckartsweiler, einem ehemaligen Bauernhof, stehen schon die ersten Grills. Seit 2017 lebt der Industriemeister mit seiner Frau und mittlerweile zwei kleinen Kindern in Eckartsweiler. Die Grillleidenschaft packte ihn aber bereits 2015. Er kaufte sich einen guten Grill. Der war teuer und „zu schade, um nur dreimal im Jahr Würstchen darauf zu grillen“, erinnert er sich. Also ließ er sich etwas einfallen. „Ich habe einfach ausprobiert“, erzählt er. Besondere Rezepte oder neue Techniken hat er dabei fotografisch festgehalten und die Bilder auf Facebook veröffentlicht. Der Zuspruch war von Beginn an groß. „Das hat sich alles rasant entwickelt“, so Thomas Hofmockel. Einen Grund dafür sieht er darin, dass um 2014 die Grillbranche geboomt hat. Der Platz am rauchigen Grill, der einst eher unbeliebt war, ist seitdem angesagt. Rezepte und Erfahrungen Gemeinsam mit seinem Bruder hat er dann 2015 eine eigene Webseite programmiert. Der Name des Grillblogs ist „BBQ Oemer“. „Oemer ist schon seit der Schulzeit mein Spitzname“, erklärt Thomas Hofmockel schmunzelnd. Wo genau der Name herkommt, ist nicht mehr nachvollziehbar. „Türkische Wurzeln habe ich aber keine“, ergänzt er. „Relativ schnell sind dann große Marken auf mich zugekommen“, erinnert er sich. Diverse Grills oder Gewürze wurden ihm zur Verfügung gestellt, damit er sie auf seinem Blog testet. Unzählige Stunden Arbeit hat er investiert, denn er geht bei jedem seiner Einträge in die Tiefe. Thomas Hofmockel stellt auf „BBQ Oemer“ unterschiedliche Grillarten vor, gibt praktische Tipps und hat allerhand Rezepte ausprobiert. Jeden Schritt belegt er dabei mit Fotos. „Das ist unheimlich zeitaufwändig“, so der Vater von zwei Kindern. Aktuell betreibt er seinen Blog daher nicht so intensiv. Aber gegrillt wird trotzdem regelmäßig. „Im Winter zweimal die Woche, im Sommer fast jeden zweiten Tag“, sagt er. Thomas Hofmockel hat sich in seinem Garten im Jahr 2018 extra eine Außenküche gebaut. Auch hier hat er von der Planung bis über den Bau, bei dem alte Balken aus dem einstigen Stall zum Einsatz kamen, alles auf seinem Blog dokumentiert. Die Rezepte, die er auf seinen Grillgeräten ausprobiert, sind nicht nur vielfältig, sondern auch einfach. „Mir ist es wichtig, mit möglichst wenigen Zutaten auszukommen“, so sein Anliegen. Vielfalt auf dem Grill Das „Hanging Tender“ aus dem Oberhitzegrill, marinierte Lamm Tomahawk Steaks von der Feuerplatte oder auch luftig lockere Pancakes vom Grill sind nur einige der Rezepte, die auf seinem Blog nachlesbar sind. Bei den Zutaten achtet er besonders auf regionale Produzenten. Ob vegetarisch, vegan, mit Rind oder Wild, in jeder Rubrik hat er einfallsreiche Tipps zusammengestellt. Und fällt mal ein Würstchen in die Glut, dann hat er dafür auch eine Lösung: „Fleisch kann man sogar direkt in der Glut grillen.“ Hofmockel fährt regelmäßig zum Angeln nach Norwegen und daher kommt auch Fisch bei ihm auf den Grill. „Aber das ist wirklich schwierig“, erklärt er. Dies und noch viele andere praktische Infos zeigt Thomas Hofmockel bei individuellen Grillkursen. In seiner Außenküche und auf unterschiedlichen Grills stellt er nach einem Vorgespräch ein individuelles Programm zusammen. „Ich zeige, was man im Grillbereich alles machen kann“, so der Profi. Ideal sind die Grillkurse (Kontakt über www.bbq-oemer.de) für Gruppen ab acht bis maximal 15 Personen. Und natürlich darf man dabei auch selbst Hand anlegen. Thomas Hofmockel arbeitet momentan am liebsten mit der Feuerplatte. „Durch das offene Feuer in der Mitte und eine „Plancha“ (Grillplatte) lassen sich einfach unglaublich viele Rezepte umsetzen“, so sein Credo. Auf einem Aufsatz entsteht eine Art Gemüseaufbau. Spargel, Lauch, Paprika, Frühlingszwiebel oder Ananas werden im Rauch gar. „Alles was in den Backofen oder in die Pfanne kommt, kann auch auf den Grill“, so der Profi. Das Fleisch...

Alte Bücher und Schriften erhalten

Henriette Reißmüller hat als diplomierte Papierrestauratorin einen Faible für historische Schriften Papier ist geduldig und damit das so bleibt, gibt es feinhandwerklich geschickte Menschen wie die diplomierte Papierrestauratorin Henriette Reißmüller in Binzwangen bei Colmberg. Sie ist eine von den Fachleuten, die schriftliches Kulturgut aus allen Epochen erhalten und wieder benutzbar macht. Schon als Kind liebte sie Bücher und schmökerte für ihr Leben gern. Geschichtlich interessiert war und ist die gebürtige Schillingsfürsterin heute noch. Nicht umsonst ist sie Teil des historischen Schäfertanzes in Rothenburg. Wenn man ihre kleine Werkstatt betritt, steigt sofort ein Hauch von Klebstoff in die Nase. „Das ist immer so, trotz lüften“, sagt die Buchliebhaberin. Schon als Schülerin machte sie ein Praktikum im Germanischen National Museum Nürnberg, wo Papierrestauratoren ihr Handwerk verrichten. In Rothenburg verbrachte sie viel Zeit im Stadtarchiv und fragte den damaligen Stadtarchivar Waldemar Parr Löcher in den Bauch. Henriette Reißmüller spielte mit dem Gedanken, sich ebenfalls zur Archivarin ausbilden zu lassen. Waldemar Parr riet aufgrund mangelnder Stellenangebote davon ab. Durch eine Infoveranstaltung für Papierrestaurierung war ihr Werdegang klar. Ihre Vorpraktika u. a. im Archiv Koblenz, in einer privaten Grafikfirma und im Museum Trinity College Library Dublin haben ihren Entschluss für ein Studium zur Restauratorin an der Fachhochschule in Köln gefestigt. „Ich entschied mich für den Schwerpunkt „Archiv“, denn hier ist alles zu finden: Bücher, Fotos und Karten“, erzählt sie. Während dessen absolvierte sie ein Praxissemester im Royal Ontario Museum von Toronto (Kanada) und arbeitete anschließend von 2005 in einem Leipziger Unternehmen, bis sie 2008 als Restauratorin nach Rothenburg zurückkehrte. „Der Bedarf ist groß in unserer Region“, weiß sie aus Erfahrung. Zuerst musste sie natürlich ihren Bekanntheitsgrad in Museen und Archiven steigern. Heute kommen Aufträge von ganz allein ins Haus. Henriette Reißmüller restauriert im wesentlichen Bücher. Im Moment arbeitet sie u.a. an einem mit Leder eingebundenen Predigtbuch aus dem Jahre 1772. Sie führt auf ihrer Werkbank den ersten Schritt der Restaurierung vor. Anfangs wird das Buch jedoch abfotografiert und dokumentiert, damit jede Restaurierung erfasst wird. Mit einem weichen Radierschwamm (Bild S. 96, re. oben) wird das Buch von Staub- und Schmutzpartikeln befreit. Restaurierung Schritt für Schritt Manchmal werden Seiten auch gewässert, wodurch sich neben der Schmutzlösung auch die Papierfasern stabilisieren. Der lederne Einband wir ebenfalls gesäubert, der oft losgelöste Spiegel (innere Teil des Deckels) erneuert oder repariert und durch das Ankleben von Lederstreifen wird der Einband wieder mit dem Deckel verbunden. „Manchmal ist der Ledereinband geschrumpft und die Seiten passen nicht mehr hinein. In diesem Fall erweitert Henriette Reißmüller den Einband durch Lederersatzteile. Metallschließen werden gesäubert und ggf. die Lederhalterung verlängert. Risse und Löcher im Papier werden durch hauchdünnes, fast transparentes und gleichzeitig stabiles Japanpapier geschlossen. Papier war bei den Chinesen ab 2. Jh. bekannt. In Europa kam es erst im 14. Jh. zur Anwendung. Zuvor schrieb man auf Pergament, das aus Tierhäuten (Ziege, Schaf) hergestellt und auf einen Holzrahmen gespannt und getrocknet wurde. Pergament ist also kein Papier, wie man meinen möchte. Leder dagegen ist Tierhaut, die nicht zum Trocknen gespannt, sondern gegerbt wird. Die Restauratorin kennt sich mit den Materialien aus. Das ist für die Bestimmung von Alter und Herkunft von Wichtigkeit. Welche Klebstoffe wurden verwendet, bestimmte Künstler verwenden besondere Tinte. Auch die Buchbinder haben ihre eigene Handschrift, was das Material und die Art der Verarbeitung angeht. Henriette Reißmüller würde sich wünschen, dass Museumsmitarbeiter und andere Fachleute mehr mit Restauratoren zusammenarbeiten, um alte Schriftstücke nach Alter und Herkunft besser einordnen zu können....

Die Welt der Bühne

Theater-Spielclubs in Rothenburg Im Jahr 2015 ging Christina Wehner mit dem ersten Theaterspielclub für Kinder in Rothenburg an den Start. Die Theaterpädagogin wollte ganz bewusst die kulturelle Bildung im ländlichen Raum etablieren. Das ist ihr gelungen: Mittlerweile hat der Theaterspielclub, der an das Toppler Theater angebunden ist, sechs Gruppen. Für Kinder und Jugendliche von der 1. bis 13. Klasse steht die Welt der Bühne offen. Seit 2022 gibt es auch einen Spielclub für Erwachsene, Tendenz steigend. „Nächstes Jahr werde ich acht Theatergruppen anbieten“, so Christina Wehner. Außerdem organisiert sie Theaterwochenenden, denen die Kinder schon entgegen fiebern, und will das Angebot an Workshops und Zusatzkursen weiter ausbauen. Unterstützt wird sie von Elke Kilian, die als Theaterpädagogin einen der Puck-Spielclubs leitet. Seit einem guten Jahr hat die Theaterpädagogik in Rothenburg einen eigenen Raum in der Burggasse. „Die Stadt fördert dieses Projekt sehr“, so Christian Wehner. Nun ist endlich Platz für Requisiten und Kostüme. Es gibt Umkleiden, einen Schminktisch, jede Gruppe hat ihr eigenes Fach und das Beste: angeschlossen ist ein eigenständiger Proberaum mit Bühne, abgesofteter Bodenfläche, Theaterstrahlern zur Beleuchtung und einigen Sitzplätzen. „Damit haben wir nun den Standard, den sich Kinder und Erwachsene vorstellen“, so die Theaterpädagogin. Wichtig ist ihr, dass sich die Schauspieler auf der Probebühne frei fühlen. „Hier muss noch nichts perfekt sein und man kann ausprobieren, ob einem Theaterspielen überhaupt Spaß macht“, sagt sie. Und dass es Spaß macht, ist bei der Probe des Mercutio-Clubs (für 17- bis 66-Jährige) schnell klar. Die Erwachsenen spielen Improtheater. Ein Stichwort und schon entspinnt sich ein kreatives Miteinader auf der Bühne. Christina Wehner moderiert das Geschehen mit feinem Gespür. Kreativität und eigene Ideen stehen im Vordergrund. Am 8. Juli (um 20 Uhr) tritt das Improtheater auf der Bühne des Toppler Theaters auf. „Ich mag es einfach, Menschen...

Das Leben formen

Jutta Hedwig-Schöffl drückt ihre Welt in der Tonkunst aus In einem Hinterhof der BayWa in Geslau liegt ihr Atelier. Jutta Hedwig Schöffl stammt aus Stettberg etwa zwei Kilometer von Geslau entfernt. Seit Oktober 2021 betreibt sie ihr eigenes Tonkunst-Atelier namens „Tonwerk“ in Geslau. „Ich habe mein Leben lang gezeichnet und modelliert“, erzählt die 56-jährige Künstlerin. Das hat sie zu ihrem Lebensinhalt gemacht. Nach der Trennung ihrer Eltern verbrachte sie die Jugendzeit in Kempten im Allgäu, wo ihre Mutter geboren wurde. In bleibender Erinnerung blieben ihr die großen Krähenpopulationen, die das Stadtzentrum von Burghalde bevölkerten. Eindrücke, die sie bis heute in ihre Kunstwerke integriert. Genauso gestaltet sie ihre Plastiken, Bilder und zuweilen auch Gedichte, die ausdrücken, was ihr Innerstes bewegt. Schon mit 21 Jahren traf sie in Oberähren Mann, einen Textilmaschinenfachmann, der beruflich in die chinesische Metropole Hongkong versetzt wurde. „Das war für mich kein Problem, ich bin ihm voller Abenteuerlust gefolgt“, erzählt sie lächelnd. In Hongkong angekommen, lernte sie erst einmal Englisch, um in der noch bis 1997 bestehenden britischen Kolonialherrschaft beruflich Fuß fassen zu können. Anschließend arbeitete sie im Büro einer Textilmaschinenfabrik und ließ sich später in einer Deutsch-Schwedischen Schule anstellen. Dazu muss man wissen, dass es in China keine Berufsausbildungen gibt. Nach der Schule arbeitet man sich in sämtlichen Abteilungen einer Firma ein, bis man seinen Platz gefunden hat. Berufserfahrungen, besonders in europäisch ansässigen Firmen sind in China einer deutschen Ausbildung gleichgestellt. Eigenes Potenzial entdeckt Nach drei Jahren in der chinesischen Stadt stieß sie auf einen Cobo-Workshop des asiatischen Künstlers Chris Lo in der „University of Arts“ in Hongkong. „Faszinierend fand ich die Studenten, die die uralte chinesische Keramik- und Tonkultur aus der Jungsteinzeit mit der Moderne zu vereinen wussten“, erzählt die heutige Gestaltungsdesignerin. Wenig später saß sie selbst in einem solchen...