Kultur der Streuobstwiese

In Burgbernheim erklären Führer die einzigartige Streuobstlandschaft Es sind nicht nur Obstbäume, es ist eine Kulturlandschaft. „Wir sehen es als unseren Auftrag, diese zu erhalten“, erklärt Ernst Grefig, seit 38 Jahren Stadtgärtner in Burgbernheim. „Ohne Ernst gäbe es das Bewusstsein für die Streuobstwiesen nicht“, fügen Bruno Krug und Karlheinz Barthold an. Die drei Männern brennen nicht nur für die Natur rund um Burgbernheim, sie bringen diese bei individuellen Führungen auch interessierten Menschen nahe. Etwa 30 000 Obstbäume stehen auf 120 ha Wiesenfläche rund um Burgbernheim. Die eine Hälfte gehört der Stadt, die andere Privatbesitzern. Die Streuobstwiesen, die in dieser zusammengehörigen Größe einmalig sind, wurden zum Alleinstellungsmerkmal von Burgbernheim. Aktuell entsteht ein Streuobstkompetenzzentrum, das 2025 offiziell eingeweiht wird. Im Frühjahr gibt es einen Streuobstwandertag und am zweiten Sonntag im Oktober den Streuobsttag. Bereits im 18. Jahrhundert wurde der Obstanbau außerhalb der Dörfer initiiert. In den 1950er bis 1970er Jahren gab es dagegen Rodungsprämien, um mehr landwirtschaftliche Flächen zu schaffen. Die an die Frankenhöhe angeschmiegte hügelige Lage der Obstwiesen hat verhindert, dass sie verschwinden. „Das war unser Glück“, so Ernst Grefig. Vor etwa 20 bis 25 Jahren rückte die Kulturlandschaft immer mehr in das Bewusstsein sowohl der Stadtpolitik als auch der Bürger, und ist heute ein Vorzeigeprojekt, das es zu erkunden gibt. Etwa die Hälfte der Obstbäume sind Zwetschgen, dazu kommen Apfel-, Birnen- und Kirschbäume. Die Walnuss und Sauerkirsche spielt eine Rolle, ebenso wie Mirabelle oder Reneklode. Es gibt neunmal soviel Obstbäume wie Einwohner in Burgbernheim. Streuobst zukunftsfähig machen Alle drei Streuobstführer starten mit ihren Touren am Labyrinth (auch eine Besonderheit). Auf guten Wegen, teilweise frisch in die Wiesen gemäht, geht es dann für zwei bis drei Stunden mitten hinein in die Streuobstlandschaft. Die individuelle Ausrichtung kann mit dem jeweiligen Führer vereinbart werden. Jeder der Männer hat seinen Schwerpunkt. Ernst Grefig hat als Vollprofi auf alle Fragen eine Antwort. Er kennt sich nicht nur mit Anbau, Pflege und Besonderheiten der Obstbäume aus, sondern ist auch ein Visionär. „Unser größter Feind ist das Klima“, sagt er. Spätfrost im Frühjahr oder längere Spitzentemperaturen über 32° Grad setzen den Beständen zu. Um die Kulturlandschaft zu erhalten, braucht es Pflanzen, die mit den sich ändernden Bedingungen zurechtkommen. Beim Rundgang geht es daher auch vorbei an Kakibäumen, an drei verschiedenen Arten von Maulbeerbäumen, oder Pflanzungen auf sandigem Boden. Alles Projekte, die zukunftsorientiert neue Erkenntnisse bringen. Bruno Krug gibt seinen Touren, die eine Strecke von etwa 4 km haben, gerne den Titel „Wellnesswandern“. Er möchte, dass die Menschen in der Natur abschalten können und Spaß haben. Neben Infos zu den Streuobstwiesen gibt es bei ihm auch Überliefertes, Anekdoten und Wissenswertes zum Wirtschaftsstandort Burgbernheim zu hören. Was genau passiert denn mit dem Obst, wenn es reif ist? Eine Genossenschaft wurde gegründet, die unter dem Namen „Einheimischer“ das Obst zu Saft verarbeitet und vermarktet. Der Abschluss seiner Führung führt stets über die „Kulturmeile“ zurück an den Start. Burgbernheimer Künstler haben diesen Abschnitt mitgestaltet. Eine Holzbank mit Rasenpolster, ein „Glücksapfel“ aus Hufeisen oder eine überdimensionale Holzhand, die einen ausladenden Ast stützt, sind nur einige der Objekte. Karlheinz Barthold setzt als Streuobstführer neben der historischen Entwicklung des Obstanbaus und Bräuchen rund um den Apfel auch auf die Vielfalt von Pflanzen und Heilfrüchten, die in diesem Kulturraum gedeihen. „Ich möchte möglichst alle Sinnesorgane ansprechen“, so Barthold. Geburtstagsgruppen, Offiziere der Bundeswehr oder Besucher aus München haben schon zu den Gästen gehört. „Wir machen die Führungen sowohl für Busgruppen wie auch für Kleingruppen“, erklärt Ernst Grefig....

Grillblog BBQ Ömer

Thomas Hofmockel ist ein leidenschaftlicher Griller Thomas Hofmockel hat nicht nur einen Grill, er hat gleich 20: Holzkohlegrills, Gasgrills und eine Feuerplatte. „Die Feuerplatte ist aktuell mein liebster Grill“, erzählt er. Thomas Hofmockel ist auch als BBQ Oemer bekannt. Den gleichnamigen Blog hat er 2015 gestartet. Pro Jahr besuchten zur Hochzeit etwa eine Million Grillfans seine Seite. Hinter seinem Haus in Eckartsweiler, einem ehemaligen Bauernhof, stehen schon die ersten Grills. Seit 2017 lebt der Industriemeister mit seiner Frau und mittlerweile zwei kleinen Kindern in Eckartsweiler. Die Grillleidenschaft packte ihn aber bereits 2015. Er kaufte sich einen guten Grill. Der war teuer und „zu schade, um nur dreimal im Jahr Würstchen darauf zu grillen“, erinnert er sich. Also ließ er sich etwas einfallen. „Ich habe einfach ausprobiert“, erzählt er. Besondere Rezepte oder neue Techniken hat er dabei fotografisch festgehalten und die Bilder auf Facebook veröffentlicht. Der Zuspruch war von Beginn an groß. „Das hat sich alles rasant entwickelt“, so Thomas Hofmockel. Einen Grund dafür sieht er darin, dass um 2014 die Grillbranche geboomt hat. Der Platz am rauchigen Grill, der einst eher unbeliebt war, ist seitdem angesagt. Rezepte und Erfahrungen Gemeinsam mit seinem Bruder hat er dann 2015 eine eigene Webseite programmiert. Der Name des Grillblogs ist „BBQ Oemer“. „Oemer ist schon seit der Schulzeit mein Spitzname“, erklärt Thomas Hofmockel schmunzelnd. Wo genau der Name herkommt, ist nicht mehr nachvollziehbar. „Türkische Wurzeln habe ich aber keine“, ergänzt er. „Relativ schnell sind dann große Marken auf mich zugekommen“, erinnert er sich. Diverse Grills oder Gewürze wurden ihm zur Verfügung gestellt, damit er sie auf seinem Blog testet. Unzählige Stunden Arbeit hat er investiert, denn er geht bei jedem seiner Einträge in die Tiefe. Thomas Hofmockel stellt auf „BBQ Oemer“ unterschiedliche Grillarten vor, gibt praktische Tipps und hat allerhand Rezepte ausprobiert. Jeden Schritt belegt er dabei mit Fotos. „Das ist unheimlich zeitaufwändig“, so der Vater von zwei Kindern. Aktuell betreibt er seinen Blog daher nicht so intensiv. Aber gegrillt wird trotzdem regelmäßig. „Im Winter zweimal die Woche, im Sommer fast jeden zweiten Tag“, sagt er. Thomas Hofmockel hat sich in seinem Garten im Jahr 2018 extra eine Außenküche gebaut. Auch hier hat er von der Planung bis über den Bau, bei dem alte Balken aus dem einstigen Stall zum Einsatz kamen, alles auf seinem Blog dokumentiert. Die Rezepte, die er auf seinen Grillgeräten ausprobiert, sind nicht nur vielfältig, sondern auch einfach. „Mir ist es wichtig, mit möglichst wenigen Zutaten auszukommen“, so sein Anliegen. Vielfalt auf dem Grill Das „Hanging Tender“ aus dem Oberhitzegrill, marinierte Lamm Tomahawk Steaks von der Feuerplatte oder auch luftig lockere Pancakes vom Grill sind nur einige der Rezepte, die auf seinem Blog nachlesbar sind. Bei den Zutaten achtet er besonders auf regionale Produzenten. Ob vegetarisch, vegan, mit Rind oder Wild, in jeder Rubrik hat er einfallsreiche Tipps zusammengestellt. Und fällt mal ein Würstchen in die Glut, dann hat er dafür auch eine Lösung: „Fleisch kann man sogar direkt in der Glut grillen.“ Hofmockel fährt regelmäßig zum Angeln nach Norwegen und daher kommt auch Fisch bei ihm auf den Grill. „Aber das ist wirklich schwierig“, erklärt er. Dies und noch viele andere praktische Infos zeigt Thomas Hofmockel bei individuellen Grillkursen. In seiner Außenküche und auf unterschiedlichen Grills stellt er nach einem Vorgespräch ein individuelles Programm zusammen. „Ich zeige, was man im Grillbereich alles machen kann“, so der Profi. Ideal sind die Grillkurse (Kontakt über www.bbq-oemer.de) für Gruppen ab acht bis maximal 15 Personen. Und natürlich darf man dabei auch selbst Hand anlegen. Thomas Hofmockel arbeitet momentan am liebsten mit der Feuerplatte. „Durch das offene Feuer in der Mitte und eine „Plancha“ (Grillplatte) lassen sich einfach unglaublich viele Rezepte umsetzen“, so sein Credo. Auf einem Aufsatz entsteht eine Art Gemüseaufbau. Spargel, Lauch, Paprika, Frühlingszwiebel oder Ananas werden im Rauch gar. „Alles was in den Backofen oder in die Pfanne kommt, kann auch auf den Grill“, so der Profi. Das Fleisch...

Mit Herz und Verstand

Karl-Heinz Gisbertz (Pfarrer in Ohrenbach a. D.) lebt, was er glaubt Ob auf der Kanzel oder im Garten, Karl-Heinz Gisbertz, Pfarrer a. D., ist der, der er ist. Authentisch und mit einer gesunden Portion Humor genießt er gemeinsam mit seiner Frau Heidi den Ruhestand in Ohrenbach, seiner letzten Wirkungsstätte als Gemeindepfarrer. Er liebt es, den Vögeln im Garten von seinem Arbeitsfenster aus bei der täglichen Mahlzeit zuzuschauen. Arbeitsfenster? Ja, richtig gelesen, denn Ruhestand heißt bei Karl-Heinz Gisbertz, der über 39 Jahre im Dienst der Kirche stand, nicht gleich nichts tun. Denn als freiberuflicher Redakteur der Tageszeitung, als geistlicher Vertreter seiner Zunft und als Reisender nach Siebenbürgen ist er immer noch gerne aktiv. „Heute kenne ich sie alle, die Stadträte und Aktiven in der Verwaltung, und habe gute Verbindungen zu ihnen“, sagt er mit einem Schmunzeln. Er ist eben ein beliebter Zeitgenosse. Zum Schreiben kam er wie die Jungfrau zum Kinde. „Sie machen doch so schöne Fotos. Könnten sie nicht Bilder zum 80-jährigen Jubiläum der Bauernkapelle in Ohrenbach machen und ein paar Zeilen dazu schreiben“, wurde er von Dieter Balb, langjährigem Chefredakteur des „Fränkischen Anzeigers“, gefragt. Das ist jetzt 20 Jahre her. Seit dem Renteneintritt ist er als Redakteur aktiver geworden und lässt sich jedoch weder vor den politischen noch vor den kirchlichen Karren spannen. Es ist für ihn ein wahrheitsgemäßer Dienst für die Öffentlichkeit. Eigentlich wollte Karl-Heinz Gisbertz seinen Ruhestand in seinem Heimatort Burgbernheim verbringen. Allerdings ist seine Tochter Steffi mit Mann und Kindern in Ohrenbach zu Hause. Grund genug, den Ohrenbachern erhalten zu bleiben. Zu Hause, ja, das ist Burgbernheim, aber geboren wurde der Kirchenmann in Bad Windsheim. „Meine Mutter teilte mit drei weiteren werdenden Müttern aus der Region ein Zimmer auf der Geburtsstation. Nachdem alle vier Jungs das Licht der Welt erblickt hatten, einigten sich die Mütter auf den Namen Karl-Heinz“, sagt Gisbertz. Vier Neugeborene mit gleichem Vornamen. Das gibt es auch nicht alle Tage. Von Gott geleitet Groß geworden ist er mit den „Weißen Hauben“, wie der fidele Rentner die Diakonissen aus seiner Kindergarten- und Studienzeit nennt. Sie waren für ihn ein Vorbild an Menschlichkeit und Zuwendung und das auf Lebenszeit. Das war wohl der erste bleibende Eindruck christlicher Nächstenliebe. Allerdings war der Burgbernheimer Ortspfarrer Manfred Erstling „mit Schuld“ an seiner Entscheidung, Pfarrer zu werden. „Er war ein Mensch wie du und ich, gepaart mit einer gesunden Strenge und einer bibeltreuen Lebensweise, die mir zeigte, wie man den Glauben lebt“, erinnert sich Gisbertz heute noch. Großvater Hans Moll musste allerdings als Landwirt von dem Vorhaben seines Enkels, ein Geistlicher zu werden, erst durch einen verwandten Pfarrer überzeugt werden. Sein Argument: „Die Landwirtschaft mit zwei Pferden und ein paar Schweinen? Ganz ehrlich, das hat keine Zukunft“. Gesagt, getan, Großvater Hans unterstütze seinen Enkel fortan auch in finanzieller Hinsicht. Und so studierte Karl-Heinz Gisbertz nach dem Abitur Theologie an der Augustana Hochschule in Neuendettelsau. Studierende und Dozierende waren zu diesem Zeitpunkt noch in der Diakonissenanstalt Neuendettelsau und im ehemaligen Zisterzienserkloster Heilsbronn untergebracht. Auch dort erlebte er in eindrücklicher Weise den gelebten Glauben von seinen „Weißen Hauben“, den Diakonissen. „Ich durfte als Studiosus für nur 200 DM wohnen und essen“, erzählt er dankbar. Ab 1980 war er Vikar in der St. Jakob-Kirche in Rothenburg, bevor er zwei Jahre später Pfarrer in Bischofsheim an der Rhön wurde. Einer seiner berührendsten Momente war seine Ordination im Jahr 1982 in Burgbernheim. Oberkirchenrat Rudolf Meiser, ein ganzer Bus voll Gemeindegliedern aus Rothenburg, Gäste aus seiner Gemeinde in der Rhön sowie Studien- und Pfarrerskollegen waren zugegen. So viele „Weiße Hauben“, die ihn liebevoll den „Schwesterngogerer“, zu Deutsch „Menschenkümmerer“ nannten, ehrten ihn mit ihrer Anwesenheit. Heute gibt es keine jungen beruflichen Diakonissen mehr, die in Kindergärten oder Kliniken arbeiten wollen. „Sie ersparten den Krankenhäusern damals allein mit dem Auskochen der Spritzen rund 125 000 DM jährlich“, betont Gisbertz. 1985 wechselte er auf die Pfarrstelle in Wildenholz und Dorfgütingen, seine letzte berufliche Station vor Ohrenbach. Christliche Vorbilder...

Einfühlsam

„Die Zahnärzte“ mit Feingefühl Ein strahlendes gesundes Lächeln, das wünscht sich wohl jeder. Allerdings empfinden viele Menschen den regelmäßigen Zahnarztbesuch als eine echte Herausforderung. „Die Zahnärzte“ in Bad Windsheim haben sich unter der Leitung von Dr. Stefan Eckardt angenehme und angstfreie Behandlungen auf die Fahne geschrieben. Seit 1975 ist die Praxis im Neumühlenweg am Start. Heute sind sechs erfahrene Zahnärzte auf 500 m2 Praxisfläche mit insgesamt 45 Mitarbeitern in Labor, Anmeldung/Verwaltung, Assistenz, Prophylaxe und Hygiene im Einsatz. Die Anzahl der Mitarbeitenden sorgt für schnelle reibungslose Terminvergabe, auch wenn es mal voll ist. „Ich stamme aus einer Handwerkerfamilie. Diesen Weg wollte ich auch einschlagen, aber auf akademischer Grundlage“, sagt Stefan Eckardt, der heute der Inhaber der Praxis am Neumühlenweg in Bad Windsheim ist. Auf der Suche nach der richtigen Laufbahn entschied sich der junge Abiturient (Abschlussnote 1,0) für ein Studium der Zahnmedizin. Es ist ein Feinhandwerk, das ohne menschliche Empathie nicht auskommen kann. Nach erfolgreichem Studium arbeitete er in einer Würzburger Praxis, bis er im Jahr 1994 bei Dr. Thomas Meyer und Dr. Kurt Brunner in Bad Windsheim einstieg. Heute ist Thomas Meyer als Rentner immer noch aushilfsweise aktiv. Die Praxis ist seither auf gesunde Weise gewachsen und feierte am 21. Juni 2024 das 40-jährige Bestehen. Das Gebäude im Neumühlenweg ist stetig vergrößert worden. Heute existieren allein elf Behandlungsräume neben Labor, Empfang und Wartebereich. „Ich habe früh gemerkt, dass ich mit meiner beruflichen Entscheidung goldrichtig lag. Der Beruf ist für mich gleichzeitig ein Hobby“, erzählt Eckardt mit einem unbeschwerten Lächeln. Das Geheimnis des Erfolgs ist wohl das persönliche Engagement eines jeden Mitarbeitenden im Team. Regelmäßige Absprachen sind ein Teil des guten Umgangstones im Haus. „Ich kann ohne meine Leute nicht effizient arbeiten“, so Stefan Eckardt. Er sorgt bei jedem Einzelnen für Vertrauen und Mut zum...

Das Brauhaus der Reichsstadt

Von der Historie zur Gegenwart: Das Hotel „Altes Brauhaus“ Wo heute der Duft nach Kaffee und frischen Semmeln den Start in den Tag für Gäste aus aller Welt begleitet, hat es vor 200 Jahren nach Hopfen und Malz gerochen. Im ehemaligen Sudhaus des Hotels „Altes Brauhaus“ wurde einst Bier gebraut. Im Jahr 1724 wurde das Haus zum „Reichsstädtischen Bräuhaus“ ernannt. Das ist jetzt 300 Jahre her. Marion Beugler, Inhaberin des Hotels, hat die Jubiläumsschrift aus dem Jahr 1924 aufgehoben, als ihr Urgroßvater und Brauereibesitzer Josef Beugler das 200-jährige Jubiläum feierte. Laut damaliger Recherche scheinen Weinbauern und Gastwirte schlechte Jahre gehabt zu haben. Die Weinernte blieb aus und sie benötigten Bier für den Ausschank. Das mussten sie teuer kaufen und so riefen sie den Rat der Stadt an, ein städtisches Brauhaus zu etablieren. Nach einigem Hin und Her entstand das heutige „Bräuhaus“ in der Wenggasse. Bis 1802 war Rothenburg eine freie Reichsstadt und das stadteigene Brauhaus mit seinen „riesigen Steinsäulen und dem mächtigen Kreuzgewölbe“ somit auch reichsstädtisch. Im Jahr 1905 hat Josef Beugler das Brauhaus gekauft und anfangs noch hier gebraut. Ab 1920 verlagerte er die Produktion vor die Tore der Stadt in die Hopfsche Brauerei beim Klingentor. „In der Wenggasse verblieb aber die Mälzerei“, weiß Marion Beugler. Nach dem Krieg wurden vier Kegelbahnen gebaut und die Großmutter von Marion Beugler betrieb eine Bierstube. Irgendwann stellte sich aber die Frage, wie erhält man ein historisches Gebäude? Und so kam es im Jahr 1984 zur Eröffnung des Hotels „Altes Brauhaus“. „Im Sudhaus war damals noch ein gestampfter Boden“, erinnert sich Marion Beugler. Mit zwölf Zimmern ging die Familie Beugler an den Start. Nach dem Tod ihrer Mutter Christine Beugler (August 2023) führt Marion Beugler das Hotel nun gemeinsam mit Geschäftsführer Klaus Wißbrock, der seit 20 Jahren im Unternehmen ist. Parallel dazu betreibt sie seit 15 Jahren das Boutiquehotell „Goldene Rose“ (ebenfalls in der Altstadt). Steter Einsatz Aus den einstigen zwölf Zimmern sind mittlerweile 60 Zimmer geworden. „Seit 2014 sind wir durchgehend vier-Sterne-Garni zertifiziert“, sagt Klaus Wißbrock. Mit knapp 40 Stellplätzen (im Freien und in der Tiefgarage) und vier Ladepunkten für E-Autos mitten in der Altstadt spricht das Hotel sowohl Individualreisenden wie auch Gruppen aus USA, Südkorea oder – zunehmend immer stärker – Taiwan an. „In den letzten 15 Jahren kommen auch immer mehr Individualtouristen“, so der Geschäftsführer. „Wir haben keinen Renovierungsstau“, ist Marion Beugler wichtig. Die Familie hat stets in die Erweiterung und Erneuerung des Hotels investiert. In den 90er Jahren wurden dort, wo einst die Kegelbahn war, zwei Längsbauten für Zimmer errichten und im Anschluss ein Querbau. Das Areal des „Alten Brauhauses“ ist weitläufig und mit viel Gartenfläche umgeben. Einst war hier ein Bauernhof mit Tieren angeschlossen. Die Zimmer sind modern und schick eingerichtet, die Bäder alle auf dem neuesten Stand. Der Blick geht trotz der Lage mitten in der Altstadt ins Grüne. Besonders stimmungsvoll sind die sieben Juniorsuiten direkt im Brauhaus. Im einstigen Getreidespeicher sind individuelle Räume mit fantastischen Ausblicken entstanden. Rothenburg liegt den Gästen so beim Blick aus dem Bett wahrlich zu Füßen. Das Hotel „Altes Brauhaus“ legt als Hotel Garni wert darauf, dass sich die Gäste wohlfühlen. Marion Beugler und Klaus Wißbrock haben stimmungsvolle Nischen und ein ansprechendes Ambiente dafür geschaffen....

Mit Tiefgang Jul01

Mit Tiefgang

Ausgezeichnet: „Kino-Klappe“ Filmreif ist nicht nur das Programm des „Kino Klappe“ in Kirchberg an der Jagst, das seit dem Jahr 2001 jährlich für Jahresfilmprogramme vom Land Baden-Württemberg und vom Bundesministerium für Kultur und Medien ausgezeichnet wurde. Für die Filmtitel im Jahr 2004 gab es den Spitzenpreis für Baden-Württemberg. Mit nur einer Leinwand, 86 Kinoplätzen und einem Restaurant in dem 4 400 Einwohner großen Ort steht das „Arthouse-Kino“ an erster Stelle in Baden Württemberg. Ein kleines Café namens „Alte Post“ betrieben Heiner Dormann und Silvia Zott bis vor der Übernahme des Lichtspielhauses. Ihre kulinarischen Kochkünste brachten ihnen damals schon viele Stammkunden aus der Region ein. Einer davon war ein ehemaliger Kinobetreiber, der selbst ein Lichtspielhaus in den 1960er-Jahren in der Stadt unterhielt. „Hier muss es unbedingt wieder ein Kino geben“, betonte er immer wieder. Die Idee war geboren. Ein ehemaliger Supermarkt in Kirchberg stand leer. „Im Jahr 1997 haben wir ihn gekauft, umgebaut und im Jahr darauf das ,Kino Klappe‘ eröffnet“, erzählt das Team. Mit der zeitgleichen Eröffnung des Mainstream-Kinos „Cinecity“ in Crailsheim war klar, es sollte ein Kultur-Kino mit Kneipe werden, das Filme mit Tiefgang präsentiert. „Unsere Streifen laufen nirgendwo, auch nicht in Rothenburg“, sagt Heiner Dormann mit einem Lächeln auf den Lippen. Das Konzept der beiden geht auf. Gezeigt werden deutsch-europäische Spielfilme, Komödien und Dokumentationen zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen gepaart mit Musik, Literatur und Film bei gutem Essen und ausgewählten Weinen. „Wir kennen unser Publikum, das einen gewissen Anspruch an Information aus Ländern und Kulturen hat, aber auch intellektuelle Themen und ‚Wohlfühlkino‘ sucht“, wissen die beiden Lichtspielexperten. Kulturgenuss, Kooperation und Kino Die kulinarische Vielfalt wird dem Herkunftsland des jeweiligen Filmstreifens wie Bretonien, Frankreich, Italien, Spanien und Indien angepasst. „Ich bereite Fleischgerichte und Silvia alles Vegetarische zu“, erklärt Heiner Dormann. Mittags wird vorgekocht...

Dokumente und Bilder Jul01

Dokumente und Bilder

Jüdische Familien in Colmberg Eindrücklich und bewegend zugleich erscheint die rund 50 m2 große Räumlichkeit des Dokumentationszentrums „Familiengeschichten jüdisches Leben“ in Colmberg. Es ist kein Museum, eher ein Ort, an dem man 250 Jahre jüdisches Leben ergründen kann. Schon im Eingangsbereich erinnern Geräusche wie Hundegebell, Pferdewagen, die über Pflastersteine rumpeln, oder Gänsegeschrei auf dem Marktplatz an längst vergangene Zeiten. Genau hier, in dem Haus am Markt 1, direkt an der Colmberger Hauptstraße, lebte einst der „Jude Jacob“. Vor- und Zuname hielten erst im 12. Jahrhundert schrittweise Einzug. Erst im Deutschen Reich (1875) gab es Standesämter, wo die Namen fest eingeschrieben wurden. „Jude Jacobs“ Haus gehört heute der VR-Bank, die nach sinnvoller Nutzung der Räume suchte. Colmbergs Bürgermeister Willi Kiesinger, auch Vorsitzender der LAG, hat zusammen mit Günther Fohrer und anderen Interessierten das jüdische Dokumentationszentrum mit Zuschüssen ins Leben gerufen. Günther Fohrer, der heutige Leiter des Dokumentationszentrums, hat viele Jahre zuvor Bilder und Schriften sowie andere Spuren jüdischen Lebens aus Colmberg gesammelt, die neben anderem zu sehen sind. Es soll ein bisschen wie in einer offenen Kirche sein. Das barrierefreie Zentrum ist täglich von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Man kann einfach reinschauen und in das vergangene jüdische Leben (seit 1402) der Gemeinde eintauchen. Den Anfang jüdischer Besiedlung in Colmberg machten um 1788 zwei Brüder aus Obernzenn. Eine Schwester zog anschließend auch dort hin. Der Höhepunkt der jüdischen Bevölkerungsdichte wurde im Jahr 1811 mit rund zehn Prozent erreicht. Unter markgräflicher Herrschaft von Johannes Friedrich von Brandenburg Ansbach erhielten die jüdischen Bewohner den Namenszusatz „Jud“. Sie durften kein Land besitzen und verdienten ihren Unterhalt als Hausierer von Tuch- und Bettwaren, als Metzger und Viehhändler. „Selbst die heutigen älteren Bewohner Colmbergs haben kaum Erinnerungen an jüdisches Leben in der Geschichte der 2 000 Einwohnerstadt. Die berühmteste Familiengeschichte ist wohl die des weltbekannten Pianisten und Songwriters Billy Joel aus der Bronx (Stadtteil New Yorks), dessen Urgroß- und Großeltern das Licht der Welt in Colmberg erblickten. Vater Karl Amson Joel eröffnete im Jahr 1928 einen Versandhandel für Textilien und Kleidung in Nürnberg. Das Geschäft florierte, eine Eröffnung in Berlin folgte, bis die jüdischen Familien dem Hitler-Regime auszuweichen versuchten. Im Jahr 1938 entschlossen sich die Joels, in die USA zu fliehen und die Näherei in Nürnberg und Berlin zu verkaufen. Der neue Inhaber wurde der Versandhändler Josef Neckermann. Ein „Stolperstein“ in der Ausstellung, auf den man als Besucher unweigerlich trifft, ist ein Foto von Alexander Steinberger, dessen Vorfahren seit dem 18. Jahrhundert bis ins Jahr 1938 ansässig waren. Er war zeitlebens ein Viehhändler in Colmberg. Ein Foto in der Ausstellung erinnert an die Goldene Hochzeit von Alexander und Regina Steinberger. „Mein Vater ist mit Alexander Steinberger in die Oberrealschule gegangen“, weiß Günther Fohrer aus Erzählungen. Neben vielen weiteren Lebensspuren jüdischer Familien, die bis in die 1930er-Jahre Seite an Seite mit den Colmberger Christen lebten, eröffnet die Ausstellung Einblicke in die jüdische Geheimsprache „Lachoudisch“, die als Audiostream zu hören ist. „Eine Besucherin kannte teilweise noch Begriffe aus ihrem Alltagsleben“, berichtet Fohrer. Der mittelfränkische Jazz Pianist Dieter Köhnlein komponierte ein jüdisches Lied, das in der Ausstellung zu hören ist. Auch die Überlebensgeschichte des Colmberger Ernst Haas ist über eine Audiodatei zu hören. Wer selbst einmal auf Spurensuche geht, findet hier ein Display aller Namen jüdischer Einwohner der Stadt. Jeder kann für sich alleine oder mit einer einstündigen Führung von Günther Fohrer in die jüdische Geschichte Colmbergs eintauchen. Infos sind online auf der Webseite unter: www.colmberg.de zu...

Eine starke Frau Jul01

Eine starke Frau

Die Künstlerin Elise Mahler Frauen als Künstlerinnen, das war um 1900 nicht etabliert. Malweiber oder Terpentintanten wurden sie genannt. Vergiftete Komplimente wie ‚sie male wie ein Mann‘ sind überliefert. Elise Mahler (1856 – 1924) war eine jener Künstlerinnen – aber sie setzte sich durch. 20 Jahre lebte und wirkte sie in Rothenburg. Heuer jährt sich ihr Todestag zum 100. Mal. Grund genug, im RothenburgMuseum mit einer eigenen Ausstellung diese starke Frau vorzustellen. Der ehemalige Leiter des Museums, Dr. Hellmuth Möhring, hat die Ausstellung kuratiert und Werke von zehn Leihgebern nach Rothenburg gebracht. Die meisten davon stammen von Elke Nickchen, der Urgroßnichte von Elise Mahler. Zwei der ausgestellten Werke sind sogar verkäuflich, eines wurde dem Museum im Rahmen der Sonderausstellung geschenkt. In vier Räumen entfaltet sich Leben und Wirken von Elise Mahler. Sie stammte aus einer Unternehmerfamilie und sollte, wie üblich, verheiratet werden. Den reichen Verlobten servierte sie aber ab und ging alleine nach Hamburg, um das Handwerk der Kunstmalerin zu lernen. „Für Frauen war es schwierig, aus den Konventionen auszubrechen“, so Möhring. Elise Mahler hatte zum Glück die Unterstützung ihrer Familie auf finanzieller und ideeller Ebene. Obwohl sie ein Leben lang von Krankheit geplagt war beschreibt der Kurator sie als durchsetzungsstarke Frau. „Sie war überzeugt von ihrem Talent“, sagt er. Erst ab 1919 konnten Frauen an Universitäten studieren. So blieb Künstlerinnen nur die Möglichkeit, bei ihren männlichen Kollegen Unterricht zu nehmen. Im ersten Ausstellungsraum ist neben einem Skizzenblatt, das Malerkolleginnen bei der Arbeit zeigt, auch ein frühes Aquarell zu sehen. Im „Kellergang im Harrisleehof“ von 1881 wählt Elise Mahler eine perspektivische Umsetzung, die von den holländischen Meistern inspiriert ist. Im anschließenden zweiten Raum wird die Vielseitigkeit und Reisetätigkeit der Künstlerin gewürdigt. Elise Mahler war umtriebig. Sie hat nicht nur markante Orte in Deutschland bereist,...

Menschen Jul01

Menschen

Liebe Leser, ich sehe gerade 104 Seiten von ROTOUR vor mir liegen. Um den Überblick über unsere sechs Rubriken (Kultur, Veranstaltung, Wirtschaft, Info, Service und Gesellschaft) zu behalten, arbeiten wir mit Miniaturausdrucken. Ein ganzes Heft passt so auf einen – frei geräumten – Schreibtisch. Damit planen wir in jeder Ausgabe unsere Beiträge, die sowohl in ihrer inhaltlichen Vielfältigkeit die unterschiedlichen Leser ansprechen sollen als auch das jahreszeitliche Geschehen repräsentieren dürfen. Und wissen Sie, was mir gerade fernab von Themen und Festlichkeiten regelrecht ins Auge geschossen ist: Hinter jeder Berichterstattung stehen immer ein oder mehrere starke Menschen. Elise Mahler wollte lieber Künstlerin als Ehefrau sein zu einer Zeit, als dies nicht en vogue war. Heidi Maedel arbeitet mit Leidenschaft seit Jahrzehnten für die Theateraufführungen im Tempele in Niederstetten. Von wegen die Jugend verweichlicht immer mehr: 25 Jungs und Mädchen sind Schülerlotsen und stehen morgens dafür sogar früher auf. Jeder braucht Schuhe, aber Gaby Saalbach hat ein Leben lang jeden Schuh mit Herzblut verkauft. Drei Männer machen nicht nur Streuobstführungen, sie brennen für das Thema. Und wer kennt nicht Karl-Heinz Gisbertz: Als Pfarrer und Mensch hat er Generationen geprägt. Die Liste könnte ich noch weiterführen, aber ich möchte Sie gerne selbst entdecken lassen. Ein bisschen Überraschung muss schließlich auch sein. So wie ich selbst überrascht wurde: Wir suchen Themen, die einen guten Mix ergeben, und finden Menschen, die uns beeindrucken. Ihre Andrea...

Juli Jul01

Juli

Das Inhaltsverzeichnis des ROTOUR-Heftes für Juli Kultur Editorial: Starke Charaktere Jüdisches Familienleben in Colmberg Ehrenamt: Junge Verkehrshüter Sommertheater im Tempele Kultur im Kino Klappe Kirchberg/Jagst History Event nach Buchvorlage Veranstaltungen Ambassadors: Konzerte in Rothenburg Sport und Spaß in Neusitz Großes Musikfest auf Schloss Weikersheim Ausgehtermine Rund um die Frankenhöhe Wohin im Hohenloher Land Wirtschaft Gastlichkeit im „Alten Brauhaus“ „Die Zahnärzte“: Kompetent und hilfsbereit Panoramabild: Besondere Marktplatzmusik Der Schuhladen Ott schließt seine Tore Neue Ära im Restaurant „Topinambur“ Information Rundgang durch die Jahrhunderte A walk through centuries Sehenswertes in der Umgebung Karte Rothenburg und Umgebung TITELBILD: Musikalische Spiegelung Foto: am Service Wohin ausgehen in Rothenburg? Sehenswürdigkeiten in deutsch/englisch Informationen von A bis Z Freizeitideen Inserentenübersicht Impressum Gesellschaft Personalia: Karl-Heinz Gisbertz Camping-Idyll in Detwang Schnappschuss: Ruheoase in Rothenburg Heimatküche: Eis aus Schwesternhand Der Grillblog von „BBQ Ömer“ Fritz Klinglers Gedicht:...

Alte Bücher und Schriften erhalten

Henriette Reißmüller hat als diplomierte Papierrestauratorin einen Faible für historische Schriften Papier ist geduldig und damit das so bleibt, gibt es feinhandwerklich geschickte Menschen wie die diplomierte Papierrestauratorin Henriette Reißmüller in Binzwangen bei Colmberg. Sie ist eine von den Fachleuten, die schriftliches Kulturgut aus allen Epochen erhalten und wieder benutzbar macht. Schon als Kind liebte sie Bücher und schmökerte für ihr Leben gern. Geschichtlich interessiert war und ist die gebürtige Schillingsfürsterin heute noch. Nicht umsonst ist sie Teil des historischen Schäfertanzes in Rothenburg. Wenn man ihre kleine Werkstatt betritt, steigt sofort ein Hauch von Klebstoff in die Nase. „Das ist immer so, trotz lüften“, sagt die Buchliebhaberin. Schon als Schülerin machte sie ein Praktikum im Germanischen National Museum Nürnberg, wo Papierrestauratoren ihr Handwerk verrichten. In Rothenburg verbrachte sie viel Zeit im Stadtarchiv und fragte den damaligen Stadtarchivar Waldemar Parr Löcher in den Bauch. Henriette Reißmüller spielte mit dem Gedanken, sich ebenfalls zur Archivarin ausbilden zu lassen. Waldemar Parr riet aufgrund mangelnder Stellenangebote davon ab. Durch eine Infoveranstaltung für Papierrestaurierung war ihr Werdegang klar. Ihre Vorpraktika u. a. im Archiv Koblenz, in einer privaten Grafikfirma und im Museum Trinity College Library Dublin haben ihren Entschluss für ein Studium zur Restauratorin an der Fachhochschule in Köln gefestigt. „Ich entschied mich für den Schwerpunkt „Archiv“, denn hier ist alles zu finden: Bücher, Fotos und Karten“, erzählt sie. Während dessen absolvierte sie ein Praxissemester im Royal Ontario Museum von Toronto (Kanada) und arbeitete anschließend von 2005 in einem Leipziger Unternehmen, bis sie 2008 als Restauratorin nach Rothenburg zurückkehrte. „Der Bedarf ist groß in unserer Region“, weiß sie aus Erfahrung. Zuerst musste sie natürlich ihren Bekanntheitsgrad in Museen und Archiven steigern. Heute kommen Aufträge von ganz allein ins Haus. Henriette Reißmüller restauriert im wesentlichen Bücher. Im Moment arbeitet sie u.a. an einem mit Leder eingebundenen Predigtbuch aus dem Jahre 1772. Sie führt auf ihrer Werkbank den ersten Schritt der Restaurierung vor. Anfangs wird das Buch jedoch abfotografiert und dokumentiert, damit jede Restaurierung erfasst wird. Mit einem weichen Radierschwamm (Bild S. 96, re. oben) wird das Buch von Staub- und Schmutzpartikeln befreit. Restaurierung Schritt für Schritt Manchmal werden Seiten auch gewässert, wodurch sich neben der Schmutzlösung auch die Papierfasern stabilisieren. Der lederne Einband wir ebenfalls gesäubert, der oft losgelöste Spiegel (innere Teil des Deckels) erneuert oder repariert und durch das Ankleben von Lederstreifen wird der Einband wieder mit dem Deckel verbunden. „Manchmal ist der Ledereinband geschrumpft und die Seiten passen nicht mehr hinein. In diesem Fall erweitert Henriette Reißmüller den Einband durch Lederersatzteile. Metallschließen werden gesäubert und ggf. die Lederhalterung verlängert. Risse und Löcher im Papier werden durch hauchdünnes, fast transparentes und gleichzeitig stabiles Japanpapier geschlossen. Papier war bei den Chinesen ab 2. Jh. bekannt. In Europa kam es erst im 14. Jh. zur Anwendung. Zuvor schrieb man auf Pergament, das aus Tierhäuten (Ziege, Schaf) hergestellt und auf einen Holzrahmen gespannt und getrocknet wurde. Pergament ist also kein Papier, wie man meinen möchte. Leder dagegen ist Tierhaut, die nicht zum Trocknen gespannt, sondern gegerbt wird. Die Restauratorin kennt sich mit den Materialien aus. Das ist für die Bestimmung von Alter und Herkunft von Wichtigkeit. Welche Klebstoffe wurden verwendet, bestimmte Künstler verwenden besondere Tinte. Auch die Buchbinder haben ihre eigene Handschrift, was das Material und die Art der Verarbeitung angeht. Henriette Reißmüller würde sich wünschen, dass Museumsmitarbeiter und andere Fachleute mehr mit Restauratoren zusammenarbeiten, um alte Schriftstücke nach Alter und Herkunft besser einordnen zu können....

Die Welt der Bühne

Theater-Spielclubs in Rothenburg Im Jahr 2015 ging Christina Wehner mit dem ersten Theaterspielclub für Kinder in Rothenburg an den Start. Die Theaterpädagogin wollte ganz bewusst die kulturelle Bildung im ländlichen Raum etablieren. Das ist ihr gelungen: Mittlerweile hat der Theaterspielclub, der an das Toppler Theater angebunden ist, sechs Gruppen. Für Kinder und Jugendliche von der 1. bis 13. Klasse steht die Welt der Bühne offen. Seit 2022 gibt es auch einen Spielclub für Erwachsene, Tendenz steigend. „Nächstes Jahr werde ich acht Theatergruppen anbieten“, so Christina Wehner. Außerdem organisiert sie Theaterwochenenden, denen die Kinder schon entgegen fiebern, und will das Angebot an Workshops und Zusatzkursen weiter ausbauen. Unterstützt wird sie von Elke Kilian, die als Theaterpädagogin einen der Puck-Spielclubs leitet. Seit einem guten Jahr hat die Theaterpädagogik in Rothenburg einen eigenen Raum in der Burggasse. „Die Stadt fördert dieses Projekt sehr“, so Christian Wehner. Nun ist endlich Platz für Requisiten und Kostüme. Es gibt Umkleiden, einen Schminktisch, jede Gruppe hat ihr eigenes Fach und das Beste: angeschlossen ist ein eigenständiger Proberaum mit Bühne, abgesofteter Bodenfläche, Theaterstrahlern zur Beleuchtung und einigen Sitzplätzen. „Damit haben wir nun den Standard, den sich Kinder und Erwachsene vorstellen“, so die Theaterpädagogin. Wichtig ist ihr, dass sich die Schauspieler auf der Probebühne frei fühlen. „Hier muss noch nichts perfekt sein und man kann ausprobieren, ob einem Theaterspielen überhaupt Spaß macht“, sagt sie. Und dass es Spaß macht, ist bei der Probe des Mercutio-Clubs (für 17- bis 66-Jährige) schnell klar. Die Erwachsenen spielen Improtheater. Ein Stichwort und schon entspinnt sich ein kreatives Miteinader auf der Bühne. Christina Wehner moderiert das Geschehen mit feinem Gespür. Kreativität und eigene Ideen stehen im Vordergrund. Am 8. Juli (um 20 Uhr) tritt das Improtheater auf der Bühne des Toppler Theaters auf. „Ich mag es einfach, Menschen...