Lebensgeschichten
1. Oktober 2024
Lebensgeschichten
Die Woche der jüdischen Kultur in Rothenburg
Rothenburg ist mit dem Judentum und den damit einhergehenden Traditionen eng verbunden. Schon im Mittelalter gab es jüdische Gemeinden in der Tauberstadt, erst rund um den Kapellenplatz, später in der Judengasse. Rabbi Meir von Baruch, einer der bedeutendsten Vertreter des jüdischen Glaubens, lehrte im 13. Jahrhundert in Rothenburg. Es gibt aber auch die Schattenseiten von Pogromen und Vertreibungen, die dazu geführt haben, dass jüdische Einwohner aus Rothenburgs vertrieben wurden. In Reminiszenz an diese Wurzeln wurde die Veranstaltungsreihe „Le Chajim“ ins Leben gerufen. Bereits zum 14. Mal findet vom 13. bis 31. Oktober die Rothenburger Woche jüdischer Kultur statt. Den Organisatoren war es von Beginn an wichtig, diese Kultur lebendig darzustellen. Der Titel „Le Chajim“ bedeutet übersetzt „Auf das Leben“. Los geht es am 13. Oktober (19 Uhr im städtischen Musiksaal) mit dem Vortrag „Antisemitismus – Was gibt es da zu erklären?“ von Prof. Dr. Jan Philipp Reemtsma aus Hamburg. In seinem Vortrag rekonstruiert er (mit einigen Seitenblicken auf aktuelle Diskussionen) den Mechanismus, der hinter dem epochen- und kulturübergreifenden Antisemitismus/Anti-Judaismus steht.
Tänze und Film
Reine Lebensfreude ist dagegen das Motto beim Workshop „Mitmach-Tänze zu Musik aus Israel“, der am 15. Oktober (15 Uhr, Gemeindezentrum St.-Jakob) stattfindet. Israelische Volkstänze sind Ausdruck von Vitalität und Lebensfreude. Die Tänze werden Schritt für Schritt angeleitet. Im Jahr 1904 wurde der jüdische Frauenbund gegründet, der Frauen sowohl weibliche Emanzipation als auch die Zugehörigkeit zur jüdischen Tradition ermöglichte. Prof. Dr. Sabine Toppe aus Berlin erläutert bei ihrem Vortrag am 15. Oktober (19 Uhr im städtischen Musiksaal) die Entwicklung des Frauenbunds.
Das Haus Judengasse 10 in Rothenburg hat eine besondere Mikwe, die aufwändig restauriert wurde. Am 16. Oktober (17 Uhr) wird hier der Dokumentarfilm über die respektvolle Nutzung ehemaliger Synagogen „Leben mit einem Denkmal – Synagogengeschichten“ gezeigt. Anschließend findet ein Gespräch mit der Filmautorin Dr. Sybille Krafft und Protagonisten des Films statt.
Besonders für Schüler (ab 14 Jahre) geeignet ist die Buchvorstellung von „Mit der Faust in der Hand“ am 17. Oktober (19 Uhr im Wildbad Rothenburg) mit der Autorin Katja Hildebrand. Die Autorin schildert die Tragödie um die Männer von Brettheim aus der Perspektive eines Hitlerjungen.
Einer der Höhepunkte der Veranstaltungen ist die „Billy Joel Story. Words & Music“ am 18. Oktober (19 Uhr im städtischen Musiksaal). Der Nürnberger Journalist und Autor Steffen Radlmaier erzählt die deutsch-jüdische Familiengeschichte des amerikanischen Rockstars Billy Joel, dazu singen und spielen Stefan Angele und Werner Kandzora die schönsten Joel-Songs von „Just the Way You Are“ bis „Piano Man“.
Ebenfalls Worte und Musik erwarten die Besucher am 19. Oktober (19 Uhr, Theater am Burgtor) bei „In mir gibt es einen ganz tiefen Brunnen. Und darin ist Gott“. Claudia Dölker und Hartmut Scheyhing (Erläuterungen von Wolfgang Osiander) lesen aus dem Tagebuch der Etty Hillesum, einer Amsterdamer Jüdin, die von 1941 bis zu ihrer Deportation nach Auschwitz im September 1943 Tagebuch führte. Dazu gibt es Musik von Ruth Baum (Flöte) und Oswin Voit, (Gitarre).
Am 20. Oktober (14 Uhr, Marktplatz) zeigen Oliver Gußmann und weitere Mitwirkende bei einer Führung das jüdische Rothenburg von seiner Erfahrungsseite her.
Eingerahmt wird „Le Chajim“ von der Ausstellung „Auf den Spuren jüdischer Frauen in Europa“ (im Ostchor der Franziskanerkirche, bis 22. Oktober zu sehen), die europäisch-jüdische Geschichte des 20. Jahrhunderts aus dem Blickwinkel von sieben jüdischen Frauen darstellt.
Außerdem leitet Lothar Schmidt am 27. Oktober eine Exkursion nach Fürth ins Jüdische Museum (mit Führung) mit anschließendem Besuch des Alten Jüdischen Friedhofs, und am 31. Oktober (19 Uhr) wird am Campus Rothenburg der Dokumentarfilm „Wenn lang die Bilder schon verblassen“ mit Salle Fischermann gezeigt, der als 14-Jähriger im KZ Theresienstadt die gesamten Dreharbeiten für den Propagandafilm der SS miterlebt hat. am