Volksbildung und Forschung Mrz09

Volksbildung und Forschung

Das Sängermuseum in Feuchtwangen widmet sich dem Amateurchorwesen Mitten in Feuchtwangen gibt es ein Museum, das in ganz Deutschland einzigartig ist: Das Sängermuseum. Es ist das einzige Chormuseum Deutschlands und gleichzeitig das Forschungszentrum mit dem weltweit größten Archiv zur Geschichte des deutschen Amateurchorwesens von den Anfängen bis in die Gegenwart. Der Motor, der das Haus zu dieser Strahlkraft gebracht hat, ist Prof. Dr. Friedhelm Brusniak. Von 2004 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2019 war er Inhaber des Lehrstuhls für Musikpädagogik an der Universität Würzburg. Er ist wissenschaftlicher Leiter des Sängermuseums und hat dieses aufgebaut. Von 2010 bis 2018 hat er die Entwicklung der Stiftung Dokumentations- und Forschungszentrum des Deutschen Chorwesens geleitet und ist stellvertretender Vorsitzender der Stiftung. Neben vielen Ehrenämtern leitet er seit 2018 das An-Institut Forschungszentrum des Deutschen Chorwesens an der Uni Würzburg. Von der Entwicklung des Chorwesens, von der Prägung demokratischen Gedankenguts durch Sängerverbindungen oder auch von der Kraft eines gemeinsamen Ideals erzählt er mit einer Begeisterung, deren Funke sofort überspringt. Sowohl für Feuchtwangen, als auch für ihn selbst war die Realisierung eines Sängermuseums wegbereitend. In den beiden Ausstellungsräumen des Museums, die etwa ein Drittel der zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten einnehmen, werden die Besucher von einer kostbaren Fahne empfangen, die aus dem Jahr 1861 stammt. Bei dem Sängerfest 1861 in Nürnberg sollte der Deutsche Sängerbund gegründet werden. Auch wenn die Gründung letztlich erst ein Jahr später in Coburg stattfand, so ist die Größe der damaligen Bewegung auch an einem ebenfalls im Museum gezeigten Stahlstich von besagtem Treffen nachvollziehbar: Über 5 000 Sänger und an die 60 000 Besucher drängten damals in die Nürnberger Festhalle. „Neben den Sport- und Schützenvereinen war das Singen eine Massenbewegung“, so Brusniak. Dem Musikwissenschaftler liegt es am Herzen, mit der Entwicklung des Chorwesens auch die Entstehung und Festigung demokratischer Grundzüge aufzuzeigen. Das handgeschriebene und -gezeichnete Original der Zelter Liedertafel bildet dafür einen Ausgangspunkt. Die Liedertafel, eine Art Tafelrunde, wurde 1808 durch Carl Friedrich Zelter, dem Direktor der Sing-Akademie zu Berlin, gegründet und stellt den ersten bürgerlichen Männerchor dar. Die festgehaltene Sitzordnung zeigt, dass hier erstmals eine Verbindung von Gleichgesinnten unterschiedlicher Stände möglich war. An der Wand darüber ist ein Zitat von „Sängervater“ Karl Pfaff beim schwäbischen Liederfest 1827 zu sehen: „… und niedersinken vor des Gesanges Macht der Stände lächerliche Schranken …“. Gesangvereine trieben also schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Emanzipation des Bürgertums voran. Die Darstellung der Arbeitergesangvereine im Museum, die als erste Frauen aufnahmen, untermauert diese Entwicklung. Aber auch die Macht des Gesangs in Kriegszeiten hat Widerhall im Museum gefunden. Ein handschriftliches Liederbuch aus der Gefangenschaft, das in der zweiten Strophe von „Alle meine Gedanken“ die Adressen der Mitgefangen enthält, ist ein außergewöhnliches Zeitdokument. „Es gibt Geschichten zu erzählen, die weit über das Chorwesen hinaus gehen“, erklärt Prof. Dr. Brusniak. Diverse Autografen (eigenhändige Niederschriften bekannter Persönlichkeiten) oder frühe Erstdrucke u.a. von Anton Bruckner, Johannes Brahms, Franz Schubert, dem Schweizer Musikpädagogen Hans Georg Nägeli sowie zahlreiche Briefe von Franz Liszt oder auch die handschriftliche Chronik des „Sängerkranz Nürnberg“ mit authentischen Berichten über das Tagesgeschehen sind im Besitz des Museums. Die öffentlichen Ausstellungsräume auf zwei Etagen geben einen kleinen, didaktisch gut aufbereiteten Einblick in die vielfältigen Facetten des Amateurchorwesens. Feuchtwangen hat einen der ältesten Gesang- und Musikvereine, gegründet im Jahr 1827. Im Rahmen eines Jubiläums kam einst die Idee auf, ein Museum in Feuchtwangen zu etablieren. Brusniak hat sich damals an der Universität Augsburg bereits mit Forschungen zum Chorwesen einen Namen gemacht und konnte zum Aufbau des Museums gewonnen werden. „Am Anfang war da nur ein leerer Tisch, ein paar Bleistifte, ein kleiner Stapel Papier und ein grünes Telefon“, erinnert er sich. In Feuchtwangen waren allerdings alle Originalunterlagen seit Gründung des Gesangvereins vorhanden. Gemeinsam mit seiner eigenen Forschungsbibliothek konnte der Wissenschaftler mit einem profunden Grundstock an die Arbeit gehen. Im Jahr 1989 wurde das Museum gegründet und bereits im Juni 1990 stand die erste Sonderausstellung. Friedhelm Brusniak ist Wissenschaftler mit Leib und Seele....

Hilfe am Ende des Lebens Mrz09

Hilfe am Ende des Lebens

Der Hospizverein begleitet Schwerkranke und Angehörige nach deren Wünschen Der Tod und der Weg eines Sterbenden sind noch immer Tabuthemen in unserer Gesellschaft. Der Hospizverein Rothenburg bricht mit seiner ehrenamtlichen Arbeit diese verkrusteten Strukturen auf. Der Verein hat 55 aktive Helfer im Einsatz, zehn weitere pausieren aktuell. Dazu kommen zwölf Ehrenamtliche in der Trauerbegleitung und fünf im Besuchsdienst. Aktuell läuft ein einjähriger Schulungskurs mit zehn Interessierten, die voraussichtlich im September das ehrenamtliche Team ergänzen. „Unsere Helfer sagen, sie werden mehr beschenkt, als sie geben“, erklärt Ursula Memhardt das rege Interesse an einem Ehrenamt beim Hospizverein. Sie ist gemeinsam mit Elisabeth Dechand die Koordinatorin für die vielfältigen Einsätze des Vereins. Die beiden Mitarbeiterinnen sind die einzigen Festangestellten. Alles andere läuft auf ehrenamtlicher Basis. „Was wir machen, ist Zeit schenken“, erklärt Petra Underbrink, seit elf Jahren erste Vorsitzende des Hospizvereins. Ist ein Mensch schwer krank, steht meist im Fokus, was nicht mehr geht. Der Mensch selbst mit seinen Wünschen wird nicht wahrgenommen. Der Hospizverein setzt sich dafür ein, auch am Lebensende noch Lebensqualität und wertvolle Tage zu schaffen. Dabei wird dem Menschen nichts übergestülpt. „Ein Großteil der Helferausbildung befasst sich damit, zu erkunden, was der Schwerkranke will“, erklärt Ursula Memhardt. Ein mitgebrachter Apfel aus dem Garten kann schöne Erinnerungen wecken oder eine letzte Fahrt auf das Feld führt zu innerer Ruhe. Die Biografie der Menschen zu erfahren ist dabei ein wichtiger Anknüpfungspunkt. Manche Menschen haben am Lebensende auch noch offene Themen, die sie keinen Frieden finden lassen. Fundierte Ausbildung Im Zwei-Jahres-Rhythmus bietet der Verein eine einjährige Hospizbegleiter-Ausbildung an. Die 100-stündige Schulung und ein daran angeschlossenes 15-stündiges Praktikum vermitteln den Interessierten ein fundiertes Wissen im Umgang mit schwerst kranken Menschen, Sterbenden und deren Angehörigen. Je nach zeitlichem Volumen, das die Ehrenamtlichen selbst bestimmen, werden die Einsätze dann koordiniert. Ursula Memhardt achtet dabei auf Gemeinsamkeiten, die eine Vertrautheit zwischen Begleiter und Schwerkrankem wachsen lassen. „Aber auch die Angehörigen mitzunehmen ist ungemein wichtig“, weiß Petra Underbrink. Die Situation ist oft angespannt. „Unser Ziel ist es, dass der schwer kranke Mensch von denen begleitet wird, die er braucht“, so Ursula Memhardt. Im besten Fall sind das die Angehörigen. Hospizbegleiter nehmen auch hier den Druck heraus, schaffen kleine Freiräume, damit Angehörige wieder Kraft schöpfen können. „Wir sind nicht im Vordergrund. Wir stützen“, fasst Underbrink zusammen. Underbrink und Memhardt wünschen sich daher auch einen früheren Kontakt zum Hospizverein. Der Fokus steht nicht auf dem Moment des Sterbens, sondern in der Hoffnung und den kleinen Dingen, die den Weg zur Endlichkeit bereichern können. Eine Begleitung kann auch über längere Zeit gehen. Neben der Hospizbegleitung bietet der Verein, der 2002 gegründet wurde und im Januar sein 20-jähriges Bestehen gefeiert hat, auch Kinderhospizarbeit und Trauerbegleitung an. Ein Trauercafé, die Trauervesper in Schillingsfürst und der Trauerstammtisch in Rothenburg werden jeweils einmal im Monat angeboten. Dazu kommt ein Beratungsangebot bei Vorsorgevollmachten, Betreuungs- und Patientenverfügungen und in der außerklinischen Ethikberatung (mit dem Seniorenbeirat) sowie das Angebot eines „letzte Hilfe Kurses“ (nächster am 13. Oktober). Jeder Mensch muss sterben. „Das Thema muss für uns alle leichter werden“, wünscht sich Petra Underbrink. Der Verein betreibt daher aktiv Öffentlichkeitsarbeit und bietet Veranstaltungen an. Mit einer Lesung der Autorin Petra Frey aus ihrem Buch „Sterbemund“ am 1. April (19 Uhr) im Musiksaal will der Verein Interessierte erreichen. Am 26. Oktober (19 Uhr, Musiksaal) wird der Film „Beim Tod meiner Mutter“ gezeigt, mit anschließender Diskussion. Weitere Infos gibt es online unter www.hospizverein-rothenburg.de....

Tradition Mrz09

Tradition

Osterbrunnen mit echten Eiern Die Osterbrunnen in Rothenburg sind eine Augenweide. Seit dem Jahr 2000 (mit nur einer Unterbrechung im Jahr 2020 wegen Corona) ist Ursula Ilgenfritz dafür verantwortlich. Die ehemalige Lehrerin hat dereinst gemeinsam mit ihren Schülern das Projekt gestartet. Ihre Grundidee blieb bis heute unverändert: Auf den Rothenburger Brunnen befinden sich nur echte, handbemalte Eier. Traditon hat der Osterschmuck auf den Brunnen am Markusturm und in der Herrngasse. Rund 5 000 Eier sind für die beiden Brunnen notwendig. Dazu kommen Buchsgirlanden, die Ursula Ilgenfritz selbst bindet. Gut 80 Arbeitsstunden fliesen allein da hinein. Obwohl Schilder an den Brunnen hängen, dass die Eier nicht beschädigt werden sollen, hilft das nur bedingt. In manchem Jahr gehen über 500 der kleinen Kunstwerke kaputt. Ostereier ausblasen, anmalen und in Schutzlack tauchen steht also Jahr für Jahr immer wieder auf dem Programm. „Heuer gibt es eine Neuerung“, erzählt Ursula Ilgenfritz. Der Brunnen am Plönlein wird als drittes Kunstwerk von ihr in Szene gesetzt – und zwar mit Eiern in den ukrainischen Nationalfarben. In Rothenburg lebenden Ukrainerinnen haben die Eier neu bemalt. Der Plönleinbrunnen wird so mit bis zu 1 500 Eiern weitgehend in Blau-Gelb erstrahlen. Wo der Brauch geschmückter Osterbrunnen herkommt, ist ungewiss. Sowohl ein heidnischer Ansatz als auch die Würdigung des Wassers als Lebensader könnten hinter der Idee stecken. In der Fränkischen Schweiz ist der Brauch intensiv verbreitet und längst ein touristisches Ausflugsziel. Ursula Ilgenfritz und ihre Helfer schmücken in diesem Jahr die Rothenburger Brunnen voraussichtlich am Dienstag, den 28. März....

Flexible Zeiteinteilung Jan11

Flexible Zeiteinteilung

Ein Einsatz bei der Tafel hat einen individuellen Spielraum Für viele Menschen sind die Zeiten hart und es fehlt an Grundlegendem. Die Rothenburger Tafel ist eine Anlaufstelle, die in diesem Fall Bedürftige mit Nahrungsmitteln versorgt. Aber das geht nur durch das Engagement der ehrenamtlichen Mitarbeiter. Insgesamt 35 Männer und Frauen haben ihr Herz für die Tafel entdeckt. 2004 wurde die Institution auf Betreiben mehrerer Stadträtinnen und mit Unterstützung von Dekan Dr. Wünsch ins Leben gerufen. Seit 2011 ist die Tafel in der Wenggasse 39 zu finden. Jeden Freitag ab 13.30 Uhr können Bedürftige dort „einkaufen“. Voraussetzung ist eine Tafelkarte und ein Obolus von 2 Euro muss bezahlt werden. Für die ehrenamtlichen Mitarbeiter startet der Tag aber bereits am frühen Morgen. Von den 35 Beteiligten sind zwölf als Fahrer aktiv. Ab 7.30 Uhr starten sie immer zu zweit zur Tour. „Aktuell werden 20 Stationen angefahren“, erklärt Beate Junkersfeld (Sozialpädagogin im Diakonischen Werk), die seit Anbeginn für die Koordination zuständig ist. Seit diesem Sommer hat die Tafel auch ein eigenes Auto mit Kühlung. Bis zur Mittagszeit haben die Fahrer alles angeliefert. Dr. Georg Huggenberger ist einer von ihnen und von seinem Ehrenamt ganz begeistert. „Meine Frau ist seit vielen Jahren bei der Tafel und ich habe nun im Ruhestand auch nach einer Aufgabe gesucht“, erzählt er, „Das ist eine gute Sache und macht Freude.“ Gute Stimmung im Team Der Vorteil bei einem Engagement bei der Tafel: Man muss nicht jeden Freitag da sein. Dr. Huggenberger trägt sich durchschnittlich einmal im Monat in die Liste ein. Und auch die Damen, die den Laden der Tafel vorbereiten bzw. die Produkte ausgeben, wissen diese Flexibilität zu schätzen. „Es ist ein großer Vorteil der Tafel, dass man seine Zeit selbst einteilen kann“, sagt Luitgard Herrmann, die mit einer kurzen Unterbrechung seit Beginn dabei ist. „Manche kommen jede Woche, Andere seltener“, weiß Beate Junkersfeld. Die Stimmung unter den Ehrenamtlichen ist immer gut. Das Morgenteam, meist vier bis fünf Personen, bereitet den Laden vor. An einzelnen Stationen werden die Lieferungen der Fahrer einsortiert. Bei Bedarf wird aus den Lagerbeständen aufgefüllt. Gegen Mittag ist dann alles fertig und das Ausgabeteam startet. Für die vier Stationen (Obst/Gemüse, Kühlschrankbereich, Regal und Kasse/Sonderaktionen) ist je ein Mitarbeiter zuständig. „Manche wollen helfen, aber weniger Kundenkontakt. Andere bevorzugen den direkten Austausch“, erklärt Beate Junkersfeld die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. Etwa vier Stunden dauert die Ausgabe. Brigitte Schmid, seit elf Jahren bei der Tafel und für den Kühlschrankbereich zuständig, beschreibt die Kunst des richtigen Aufteilens. „Der Letzte muss ja auch noch etwas bekommen und nichts soll übrig bleiben“, erklärt sie. Gerade bei verderblichen Waren ist Organisationsgeschick gefragt. Die Situation der Rothenburger Tafel ist momentan ebenso angespannt, wie man es aus den bundesweiten Berichten kennt. Bis Ende Februar 2022 kamen durchschnittlich 50 bis 60 Haushalte zur Tafel. Das entsprach 70 Erwachsenen und 35 Kindern. „Wir hatten ein gutes Spendenaufkommen, das für die Kunden ausreichend war“, erzählt Beate Junkersfeld. Aktuell werden durchschnittlich 129 Haushalte von der Tafel versorgt. 176 Erwachsenen und 110 Kinder benötigen die Essensspenden. „Seit dem Ukrainekrieg haben wir einen wahnsinnigen Zuwachs“, so Junkersfeld. Gleichzeitig gehen die Spenden zurück. Einen Aufnahmestopp wollten die Verantwortlichen aber vermeiden und daher gilt aktuell die Regelung, dass die Kunden 14-tägig kommen können. Positiv ist, dass die Spendenbereitschaft in finanzieller Form groß ist. „Das ist unglaublich und wir sind sehr dankbar“, sagt Beate Junkersfeld. Ohne den Zukauf von Lebensmitteln, den Helga Kandert organisiert, ginge es nicht. „Aktuell kaufen wir vor allem Milch und Kühlprodukte zu“, erzählt sie. Für ein Engagement bei der Tafel können Interessierte ganz unverbindlich zu einem Schnuppertermin kommen. Voraussetzungen gibt es keine, nur körperlich fit sollte man sein. Ansprechpartnerin ist Beate Junkersfeld, mail: beate.junkersfeld@diakonie-ansbach.de oder Tel: 09861-875220....

Vorzeitliche Herrschaftssitze Jan11

Vorzeitliche Herrschaftssitze

Turmhügel oder Motte? – Nie gehört, aber es gab sie hier in Franken Imposante Burgen, märchenhafte Schlösser und sagenumwobene Ruinen sind nur einige von vielen „Markenzeichen“ des Frankenlandes. Im 9. und 10. Jahrhundert zeigten sich in der Region bereits die ersten Anfänge frühmittelalterlichen Burgenbaues, die von Frankreich über das Rheinland nach Süddeutschland gelangten: die sogenannten Turmhügelburgen oder Motten (französische Wort „mott“ bedeutet „Klumpen“, „Erdsode“). Diese Thematik beschäftigt den Hobbyhistoriker Manfred Gößwein, der seit über 20 Jahren mit dem Osingverein im Landkreis Neustadt Aisch–Bad Windsheim verbunden ist. „Mein Vater hat mir oft von Wasserschlösschen erzählt, die mich fortan immer wieder beschäftigt haben“, erzählt der heutige Rentner. Als er vor 30 Jahren mit Ahnenforschung begann, forstete Gößwein alte Chroniken der ehemaligen selbstständigen Gemeinde Humprechtsau durch und fand darin wieder den Begriff Wasserschlösschen oder Turmhügel. Laut seiner Recherche gab es doch einige in der mittelfränkischen Region. Der Spielberg bei Rüdisbronn fiel in der Jugendzeit Gößweins Grabungen nach Zeugnissen aus den Anfängen des Turmhügelbaues zum Opfer, wie er selbst sagt. Schaut man in die Region rund um Rothenburg, lassen sich neben vielen weiteren Turmhügeln auch Nachweise in Neusitz und Kirnberg in den Dorfchroniken finden. Während seiner langjährigen Forschungen stieß Gößwein immer wieder auf die Jahresberichte des Historischen Vereins Mittelfranken (1950 und 1952), verfasst von Dr. h.c. Carl Gumpert, der sich als Baumeister, Architekt und Vorgeschichtsforscher dem Thema Turmhügel angenommen hat. „In Kennerkreisen werden seine Jahresberichte als die `Bibel der Turmhügel´ bezeichnet“, so der 1. Vorsitzende des Osingvereins. Die historischen Turmhügel hat Gößwein auf der Vereins-Webseite thematisiert. Bauweise der Turmhügel Turmhügel sind vorwiegend in Holzbauweise errichtete mittelalterliche Burgtypen, die auf künstlich angelegten Erdhügeln, umgeben von Wallgräben errichtet wurden. Die Gräben rund um den Hügel waren Trockengräben, nicht selten aber mit Wasser gefüllt, weshalb man sie auch als Wasserschlösschen bezeichnete. Durch den erhöhten Standort der Türme war eine sehr gute Sicht auf die Routen der Reisenden möglich. Diese Stationen waren für Reiter, königliche Boten und für die Fuhrunternehmer von großer Wichtigkeit. An den Turmhügelburgen ist faszinierend, dass sie sehr unterschiedlich in der Bauweise waren. Heute unterscheidet man vier verschiedene Bauarten: 1. Runde Turmhügel mit Wohntürmen und Wassergraben als ältester Typ (Lt. Gumpert in Schalkhausen, Lkr. Ansbach). 2. Runde Motten mit Trockengräben auf Anhöhen, als Warten und Wohntürme (Gräfenbuch, nahe Oberdachstetten). 3. Runde, stark erweiterte Turmhügel mit Wohntürmen und Nebengebäuden (Berglein bei Colmberg). 4. Viereckige oder rechteckige Turmhügel mit Wasser- oder Trockengräben (Wiedersbach bei Leutershausen). Diese Wehranlagen bestanden aus hölzernen oder steinernen Türmen, die mitten auf den Erdhügeln erbaut wurden. Teilweise wurde dem Wassergraben ein Ringwall vorgelagert. Der Zugang zum Turm war nur über einen Steg erreichbar, da die Eingangstür im ersten Stockwerk lag. Die Turmhügelanlage war noch zusätzlich von einem kräftigen Palisadenzaun, der aus starken zugespitzten Baumpfählen bestand, umgeben. Eine Dornenhecke rahmte die Umzäunung ein. Diese Burganlagen, die besonders in Nordfrankreich und am Niederrhein, der Urheimat der Franken vorkamen, unterscheiden sich von den mittelalterlichen Höhenburgen dadurch, dass sie „Erdburgen“ sind, da sie abgesehen vom Turm keinerlei Mauerwerk aufweisen. Es waren echte Wasserburgen einfachster Bauart, deren Vorgelände teilweise noch stark versumpft war, um dem angreifenden Feind den Zutritt zu erschweren. Die kleineren Turmhügel mit circa 15 bis 20 Metern Durchmesser waren reine Wachtürme, die nur zu Kriegszeiten besetzt waren. Die größeren Turmhügel (ca. 20 bis 45 Meter Durchmesser) trugen größere Türme, sogenannte Wohntürme, die ständig bewohnt waren. Sie dienten als Rittersitze der späteren Adelsgeschlechter, die sich im 12. und 13. Jahrhundert in nächster Nähe Hochburgen erbauten, um dann überzusiedeln. Bei Wohntürmen handelte es sich meist um viereckige Türme aus Holz oder Stein mit einem Durchmesser von 8 bis 12 Metern, diese waren genauso bewährt wie Wachtürme. Vereinzelt wurden später noch Wirtschaftsgebäude und Nebengebäude hinzugefügt. Diese Anlagen wurden auch als Turmhügelburgen bezeichnet. Keine Seltenheit in Franken Motten, Burgställe oder Wälle, wie die frühzeitlichen Burgen auch genannt wurden, fanden sich rund um die Osingfläche in Herbolzheim am Ortsausgang nach Krautostheim und der Wildberghof bei Ulsenheim. Im Rothenburger Raum...

Kunst im Zentrum Jan11

Kunst im Zentrum

Künstlerbund wird 100 Es ist wie bei einem Menschenleben: Es gibt Blütezeiten, Momente, wo alles gelingt, und ebenso kritische Phasen, die es zu überstehen gilt. Heuer wird der Künstlerbund 100 Jahre alt. Einen Vorteil gegenüber den Menschen hat der Verein allerdings: Sogar mit 100 kann er sich nochmal neu erfinden. Carmen Hiller, seit 2021 erste Vorsitzende des Vereins, sagt: „Wir möchten, dass die Kompetenzen der Künstler vor Ort wieder gesehen und auch genutzt werden.“ Dass der Verein auf einem guten Weg ist, zeigt die letzte, gut besuchte Vernissage im November. „Die Scheiben im Fleischhaus waren wieder von innen beschlagen“, erzählt Kurator Maximilian Lechler schmunzelnd. Das kannte man aus früheren Zeiten. Der Verein hat aktuell 37 aktive Mitglieder und will sich im Jubiläumsjahr mit mehreren Ausstellungen und Aktionen zeigen. „Ende März, ab Gründonnerstag, ist ein Jubiläumsrückblick geplant“, sagt Carmen Hiller. Von den Gründungsjahren über die Haltung des Vereins im Nationalsozialismus („Es wird nichts ausgeklammert“, so Lechler) und die verdienstvollen Jahre des Wiederaufbaus bis in die neueste Zeit soll das Spektrum reichen. Die Organisatoren hoffen, von jedem Jahrzehnt Werke namhafter Künstler zeigen zu können. Mit Anekdoten und humorvollen Schlaglichtern soll der kunstfertige Rückblick begleitet werden. In den Sommermonaten folgt dann eine Gastausstellung mit Werken von Künstlern anderer Kulturinstitutionen. Bereits in der ersten, handgeschriebenen Satzung des Vereins aus dem Jahr 1923 wurde der Gedanke der Gemeinsamkeit festgehalten. „Vernetzung und Austausch von Kunst und Kultur in der Region soll wieder ein fester Teil des Vereinsgeschehens werden“, erläutert die erste Vorsitzende. Den Jahresabschluss bestreiten dann wieder die Vereinsmitglieder mit einer Ausstellung in der Vorweihnachtszeit. Alle Ausstellungen sind im Jubiläumsjahr etwas länger als üblich zu sehen. Zusätzlich gestaltet der Künstlerbund eine Art Flyer, der alle Orte des öffentlichen und halböffentlichen Raums in Rothenburg darstellt, wo Werke von Künstlern des Künstlerbundes...