„Es geht um die Sache“

Gertrud Schneider hat vor 50 Jahren die Stadtpfeifferey gegründet Gertrud Schneider, 92 Jahre alt und geistig topfit, ist ein bescheidener Mensch. Geht es um die Stadtpfeifferey und ihre Verdienste, dann wiegelt sie ab. Sie sieht nicht sich im Vordergrund, sondern betont das Wirken in der Gemeinschaft. „Aber eine Gemeinschaft braucht jemanden, der alles zusammenhält. Und das war immer Gertrud“, erzählt Hans Hauptmann, der – damals als Gymnasiast – von Anfang an dabei war. Eigentlich begann alles in den 60er-Jahren. Gertrud Schneider besuchte ein Konzert mit historischen Instrumenten auf der Kaiserburg in Nürnberg. Eine Leidenschaft war gesät. Sie nahm Gesangsstunden, gehörte zum Rothenburger Kammermusikkreis und sang im Madrigalchor des Taubertals. In den 70er-Jahren kam in Rothenburg die Idee eines historisch fundierten Fests auf – die Reichsstadttage. Gertrud Schneider wurde gefragt, ob sie einen Beitrag leisten könnte. „In den ersten beiden Jahren der Reichsstadttage zogen wir als Gesangsgruppe mit Geigen- und Flötenspielern durch die Stadt“, erinnert sie sich. Wenn Gertrud Schneider etwas anpackt, dann hat es stets eine fundierte Basis. Sie recherchiert Hintergründe auf wissenschaftlicher Basis, ist dabei beharrlich und weiß gleichzeitig, wie man seine Mitmenschen dazu motiviert, mitzumachen. Zur Musik der Renaissance gehören auch Tänze. Also hat sie für die Reichsstadttage 1977 eine Tanzgruppe ins Leben gerufen. Hans Hauptmann, damals der Jugendfreund ihrer Tochter, ist unter den Abiturienten des Jahrgangs auf Tänzersuche gegangen. Mit fünf Tanzpaaren war die Stadtpfeifferey im Jahr 1977 an den Reichsstadttagen vertreten. Das Konzept ist seitdem unverändert: Musiker, Chor und Tänzer lassen die Zeit der Renaissance lebendig werden. Im Goethe- und im Burggarten treten sie an den Reichsstadttagen (6. bis 8. September, Programm Seite 36) auf. „Jeder konnte mitmachen“, so Schneider. Der Anspruch an Musiker und Tänzer war aber groß. Über Hans Hauptmann entstand der Kontakt zu Franco Ferrarese. Der in Salzburg und London ausgebildete Tanzlehrer gab der Rothenburger Gruppe Unterricht. Dabei ging es um die exakte Kopfdrehung oder wo genau ein Fuß zu setzen war. Der Gruppe war stets wichtig, die Zeit der Renaissance fundiert darzustellen. Für alles andere wäre Gertrud Schneider nicht zu gewinnen gewesen. Aus dem Wunsch nach Perfektion heraus haben sie und ihre Mitstreiter auch zahlreiche historische Instrumente angeschafft und gelernt, diese zu spielen. Im Keller ihres Hauses war lange Jahre der Probenraum der Stadtpfeifferey. Noch heute hängen hier viele Plakate an den Wänden, darunter auch eines aus Japan, wohin die Gruppe eingeladen war. Die Stadtpfeifferey, die sich um einen harten Kern locker firmiert und bis zu 80 Personen umfasst, hat viele Kontakte geknüpft. Seit 40 Jahren kommt ein Bläserensemble aus Nürnberg, Profimusiker, zu den Reichsstadttagen und begleitet Musiker und Tänzer. Ganze Familien sind in die Stadtpfeifferey hineingewachsen und der Generationenwechsel wurde gepflegt. Gertrud Schneider hat sich vor acht Jahren vom aktiven Geschehen zurückgezogen. Die Teilnahme an den Reichsstadttagen ist aber nur das eine. Gertrud Schneider hatte noch weitere Ideen für die Tänzer und Musiker der Stadtpfeifferey. Die Märchen Aschenputtel und König Drosselbart wurden aufgeführt und sie hat die Drehbücher dazu geschrieben. Außerdem unterhielt die Stadtpfeifferey mit Hochzeitsmusik aus dem Hause Medici. Und dann war da noch der „Totentanz“. Ein Herzensprojekt. Neben der ausführlichen Recherche und einem Jahr Beharrlichkeit, bis sie die Noten erhielt, hat Schneider auch die Choreografie geprägt. „Da habe ich mich durchgesetzt“, erinnert sie sich. Die 16 Typen, die der Tod umgarnt, arrangierte sie in einem Kreis und lässt sie konsequent im Pavanschritt schreiten. „Ich wollte die Unerbittlichkeit des Todes darstellen“, so Schneider. Für den „Totentanz“, der dreimal in Rothenburg und achtmal in anderen Städten aufgeführt wurde, gab es viel Lob. Sogar eine Professorin aus Salzburg, die sich mit der Totentanzforschung beschäftigte, würdigte die herausragende Aufführung. Neben all diesen Projekten mit der Stadtpfeifferey hat Gertrud Schneider 50 Jahre im Kirchenchor und Kammermusikkreis gesungen, war im Literaturkreis des Frauenbunds engagiert und hat über 30 Jahre als Führerin in der St-Jakobs-Kirche und der Detwanger Kirche Interessierten Wissen vermittelt. Auf die Frage, was ihr Antrieb war, antwortet sie: „Es ging immer um...

Aus Alt wird Neu

Restaurierung von Oldtimern „Man muss sich überall auskennen“, sagt Rene Stoltze. Metall, Holz, Farbe, Glas oder Stoff, alles hat er im Blick, wenn er aus einem alten Auto wieder ein neues macht. Die Marke spielt dabei keine Rolle: Ob VW, Opel, Plymouth oder ein Feuerwehrauto, alles ist schon durch seine Hände gewandert. „Ich brauche die Abwechslung“, so der Unternehmer, der seine Werkstatt am Schafhof in Neusitz hat. Dass er „irgendwas mit Autos“ machen werde, wusste er schon als Kind. Stoltze ist in Magdeburg aufgewachsen. Eines Tages brachte sein Onkel begeistert einen alten DKW F8 aus den 40er-Jahren an. „Zu DDR-Zeiten war das noch ein tolles Auto“, erklärt er schmunzelnd, „als Kind habe ich aber schon gesehen, wie viel da kaputt war.“ Für ihn war klar, so etwas wird er mal reparieren. Im Jahr 1988 begann er eine Ausbildung zum Fahrzeugsattler. „In Magdeburg gab es zwei Planstellen. Eine davon habe ich bekommen“, sagt er. Im ersten Ausbildungsjahr, im Sozialismus, kümmerte er sich um Autos, die in der Sowjetunion hergestellt wurden, und um Militärfahrzeuge. Im zweiten Ausbildungsjahr, nach dem Mauerfall, wurde die Firma dann zur Adam Opel AG. „Ich habe da viel erlebt“, so sein Credo. In der damaligen Übergangszeit war Arbeit im Raum Magdeburg rar, also machte er sich per Anhalter auf in Richtung Allgäu. In Wendelstein strandete er – und ist geblieben. Bei einer Autofirma hat er eine Lehre zum Karosserie- und Fahrzeugbauer mit Fachrichtung Lkw und Spezialfahrzeuge gemacht. Der Job war hart. Daher wechselte er 1999 in die Richtung Oldtimer. Er hat bei Unternehmen in Bayern, Baden-Württemberg und Österreich Erfahrungen gesammelt, bis er 2005 in Nürnberg sein eigenes Unternehmen zur Oldtimer-Restaurierung eröffnete. Als ihm 2021 der Pachtvertrag gekündigt wurde, siedelte er in die Halle in Neusitz über, die er schon zuvor als Lagerfläche...

Der Arzt der Herzen

Dr. Christian Wacker hat die Rothenburger Kardiologie zum Leuchtturm gemacht „Daheim mit meinen Lieben ist immer wie Urlaub“, sagt Dr. Christian Wacker. Sein Garten ist eine Pracht, das Ambiente außergewöhnlich. Seit 2009 lebt er mit seiner Familie im Windelsbacher Markgrafen-Schloss. Sie haben es restauriert, umgebaut, renoviert und „jetzt ist endlich alles fertig“. Wacker ist ein Gestalter auf vielen Ebenen. Er will sehen, wie sich etwas entwickelt. „Dieser Gestaltungsspielraum ist für mich sehr wichtig“, erklärt der Chefarzt der Inneren Medizin an der Klinik Rothenburg. Jeden Tag, bei Wind und Wetter, schwingt er sich auf sein Rennrad und fährt zur Arbeit nach Rothenburg. Auf dem Rückweg muss er die Frankenhöhe hinauf. „Je nachdem wie mein Arbeitstag war, fahre ich dann schneller oder langsamer“, erzählt er. Im Jahr 2005 hat er sich ganz bewusst für die Rothenburger Klinik entschieden. „Das habe ich noch keinen Tag bereut“, stellt der Kardiologe fest, der mit leicht schwäbischem Einschlag spricht. Wacker stammt aus Heilbronn und ist in Bad Rappenau (Kraichgau) aufgewachsen. Die Medizin war nicht seine erste Leidenschaft, das war die Musik. Seit seinem achten Lebensjahr spielt er Klavier und Kirchenorgel. Eigentlich wollte er klassische Musik studieren. Aber das Hobby zum Beruf machen? Nein, das kam dann doch nicht infrage. Er entschied sich für die Medizin und pflegt sein Hobby bis heute. In seiner Jugend und in Studienzeiten war er als Kirchenorganist in verschiedenen Gemeinden und als Keyboarder in einer christlichen Rockband aktiv. „Zu Spitzenzeiten hatten wir bis zu 80 Auftritte im Jahr“, erinnert er sich. Flüchtlinge aufgenommen Die Familie öffnet ihr Schloss, das auch das offizielle Standesamt von Windelsbach ist, für Seminare (der Rothenburger Hospizverein führt Helferschulungen und -ausbildungen durch) und Veranstaltungen. Die Windelsbacher Kulturinitiative (Wiki) lädt zu italienischen Nächten oder zu Konzerten im Schlossgarten mit mehreren hundert Besuchern ein....

Die Zukunft im Fokus

Die Firma Wirthwein in Creglingen blickt auf 75 Jahre Erfahrung Es ist eine Unternehmensgeschichte, die nicht nur von harter Arbeit, sondern auch von Pioniergeist, Risikobereitschaft und mutigen Entscheidungen im richtigen Moment geprägt ist: Die Firma Wirthwein im Creglingen hat sich innerhalb von 75 Jahren aus den Produktionsanfängen im Keller eines Wohnhauses zu einem international agierenden Konzern entwickelt. Das Jubiläum sollte Mitte Juni mit einem großen Festakt gefeiert werden. Als der Seniorchef Udo Wirthwein unerwartet verstarb, wurde der offizielle Termin abgesagt. „Nur der Familientag für unsere Mitarbeiter fand statt“, sagt Marcus Wirthwein, der seit Jahren an der Spitze des Unternehmens steht und seit Mai auch Aufsichtsratsvorsitzender ist. Den Fokus schärfen Der Rückzug seines Vaters war schon geplant, der Wechsel im Vorsitz umgesetzt. Die Trauer ist groß, aber das Familienunternehmen blickt dennoch in die Zukunft und stellt sich neuen Herausforderungen. „In letzter Zeit wurden viele Veränderungen von außen initiiert“, so Marcus Wirthwein. Die Coronapandemie, gestiegene Energiepreise, die geopolitischen Auswirkungen des Ukrainekriegs, der Wirtschaftskrieg zwischen USA und China und aktuell die Entscheidung der EU, Zölle zu verhängen, haben Auswirkungen auf das Unternehmen. „Von den Zöllen halte ich nichts. Das muss man anders in den Griff bekommen“, so Marcus Wirthwein. Das große Weltgeschehen wirkt in das Creglinger Familienunternehmen hinein. „Wir müssen uns stärker fokussieren“, erklärt er daher. Wirthwein ist das viertgrößte Unternehmen im Bereich Kunststoffspritzguss in Europa und setzt klare Prioritäten. Die sechs Geschäftsfelder Mobility, Rail Infrastructure, Home Apiliance, New Energy, Medical und Interior Design werden weiter spezialisiert. Synergieeffekte kommen zum Tragen, denn beispielsweise die Kompetenzen im Bereich Automotive werden als Mobilitätslösungen nicht mehr nur in Autos, sondern auch in Nutzfahrzeugen, E-Bikes oder Schienenfahrzeugen eingesetzt. Neben einem Kabelkanal, den das Unternehmen als Eigenprodukt für den Bereich Bahn oder auch zum Einsatz in Solarparks bereits entwickelt hat, beschreitet Wirthwein...

Perspektive Zukunft

Endress Feuerungen: Wärme aus Restholz Immer wieder standen nach den Wochenenden Altölgebinde vor der kleinen Tankstelle des Inhabers Hans Endress in München. Er rieb sich das Kinn und überlegte wie man das Altöl innovativ nutzen könnte. Das war der Startschuss für die heutige Firma Endress Holzfeuerungsanlagen GmbH in Burgbernheim. Keiner wusste damals wohin mit der aus allen Fahrzeugbranchen anfallenden Altlast. Hans Endress war gleich „Feuer und Flamme“. Er zog mit seiner Frau nach Freudenbach (Creglingen) wo er im Jahr 1966 seine Firma „Hansen Metallbau“ gründete. Ähnlich wie Thomas Alva Edison, der Erfinder der Glühbirne und des „Phonographen“ (1908), mit dem die Wiedergabe menschlicher Stimmen möglich wurde, tüftelte Hans Endress unermüdlich an einer Anlage für Altöl zur Wärmeerzeugung. Prototypen wurden entwickelt und optimiert. Viel Zeit und Geld ging ins Land. Dann endlich konnten erste Werkstattöfen von zehn bis 15 kW ohne jegliche Regeltechnik produziert werden. Das ist übrigens bis heute das Erfolgsrezept der Firma: Entwickeln und Forschen an immer neuen umweltschonenden Technologien. Die Nachfrage nach Altölöfen war enorm. Internationale Speditionen und Fahrzeug-Werkstätten wollten diese neueste Errungenschaft erwerben. Im Jahr 1970 trat Sohn Hans-Dieter Endress in den Betrieb ein. Im selben Jahr zog das kleine Unternehmen nach Vorbach bei Rothenburg. Vater und Sohn experimentierten stetig in langen grauen Werkstattkitteln. Es rauchte und immer brannte irgendwo ein Feuer in der „Experimentierscheune.“ Das Unternehmen wuchs zehn Jahre lang stetig, bis ins Jahr 1979, als die neue Abgasverordnung das Verbrennen von Altöl untersagte. „Jetzt startete Großvater Hans eine Revolte“, erzählt der Enkel und heutiger Geschäftsführer der Firma Endress Holzfeuerungsanlagen GmbH Klaus Endress. Kurzum, Hans Endress gründete mit seinen Kunden einen Interessen-Verein. Gemeinsam suchten sie den Markt in den USA und Südamerika zu erschließen. Die Öfen waren gefragt, wurden geliefert, aber nicht bezahlt und landeten letztendlich wieder in der Vorbacher...