Musik als Kulturgut – Ein musikalisches Projekt, das von der Schule bis in die Blaskapellen wirkt Sep01


Musik als Kulturgut – Ein musikalisches Projekt, das von der Schule bis in die Blaskapellen wirkt

Seit 25 Jahren gibt es den bundesweiten Tag des offenen Denkmals, der alljährlich unter einem bestimmten Motto steht: „Entdecken, was uns verbindet” ist der Titel der diesjährigen Kulturaktion am 9. September. Damit nimmt das Thema Bezug auf den Slogan des Europäischen Kulturerbejahrs in Deutschland „Sharing Heritage”. Mehr als 7 500 Objekte in rund 2 500 Städten und Gemeinden sind beteiligt. Grundgedanke ist es, einmal im Jahr historische Gebäude und Orte für Besucher zu öffnen, die sonst nicht oder nur teilweise zugänglich sind. Die Öffnung ist in der Regel kostenfrei. Vielerorts warten Sonderführungen und Rahmenprogramme auf die Besucher.
Wir möchten Ihnen hier einen Überblick (ohne Gewähr auf Vollständigkeit) über die teilnehmenden Institutionen im Verbreitungsgebiet von ROTOUR geben. Grenzübergreifend können Sie so in Bayern und in Baden Württemberg besondere Denkmäler entdecken. am Es ist Donnerstagabend und in der Grundschule in Oberscheckenbach erklingt Blasmusik. Noch nicht perfekt, aber auf dem besten Weg dorthin. Seit einem Jahr gibt es eine Jugendkapelle, die aus der Grundschule heraus entstanden ist und zukünftige Musiker für die umliegenden Musikkapellen ausbildet. Etwa 15 Jungs und Mädels sind voll bei der Sache.
Die Musik in der ländlichen Region ist ein Kulturgut – und zwar eines, das es heutzutage nicht leicht hat. Ein Instrument zu erlernen oder gemeinsam zu musizieren steht in Konkurrenz zu einer Vielfalt von Freizeitbeschäftigungen. Dazu kommt noch, dass Eltern ihre Kinder in der Regel in die nächste Stadt zur Musikschule fahren müssen. Das sind viele Hürden, die genommen werden müssen.
Gudrun Hartl, seit 2012 Leiterin der Grundschule Oberscheckenbach, deren Schüler aus vier Gemeinden kommen, hat das Problem an der Wurzel angepackt und den Aufbau eines musikalischen Schwerpunkts initiiert.
Die Grundschule Oberscheckenbach ist seit 2017 zertifizierte „Musikalische Grundschule“. Gudrun Hartl erinnert sich an die Initialzündung: Beim Frühjahrskonzert 2011 in der Schule spielten die Musikkapellen Adelshofen und Großharbach und spendeten die Einnahmen. Im Gespräch wurde deutlich, dass die Kapellen alle Nachwuchsprobleme hatten. Zwei Herren vom Nordbayerischen Musikbund saßen auch im Publikum. Heinz Geißendörfer, damals Vorstand des Musikvereins Großharbach und versiert in der Welt der Finanzierungen war auch vor Ort – und im gemeinsamen Gepräch entstand so die Idee, ein Musikprojekt anzustoßen. „Von Beginn an war mir wichtig, dass das auf Dauer angelegt war“, so Gudrun Hartl.

Eine fundierte Ausbildung
Der erste Schritt war die Initiierung des WIM-Projektes („Wir musizieren“) an der Schule. Schulleiterin und Kollegen besuchten Fortbildungen an der Musikakademie Hammelburg, denn im Rahmen des WIM-Projektes bekommen alle Kinder in der 1. und 2. Klasse eine fundierte musikalische Ausbildung, lernen Musikinstrumente kennen, bauen selber Instrumente. Dazu musste 2013 auch eine ausgebildete Fachkraft eingestellt werden.
Parallel dazu ist 2013 die Kooperationsvereinbarung mit den Musikvereinen im Schulverband und der Musikschule Rothenburg entstanden. Der Name ist Programm: „WiMuLa“, Willkommen im Musikland Landwehr. Gudrun Hartl hat alle Beteiligten an einen Tisch geholt, denn auch nach der 2. Klasse sollten die Schüler weiter Musikunterricht erhalten. „Alle Kinder können ab der 3. Klasse Instrumental-
unterricht an der Schule nehmen“, so Hartl. Die Lehrer der Musikschule Rothenburg kommen nach Oberscheckenbach. Angeboten werden vorwiegend Instrumente die Blaskapellen benötigen. In den letzten drei Jahren haben 20 Kinder das Angebot angenommen.

ROTOUR_Kulturgut

Ein gemeinsames Projekt: Die Vorstände (hintere Reihe von links) der Bauernkapelle Ohrenbach (Steffen Meißner), des Musik- und Gesangvereins Lyra-Adelshofen (Jochen Keller), des Musikvereins Großharbach (Stefan Meider) und der Blaskapelle Gattenhofen (Nicole Schmidt) fördern gemeinsam mit Gudrun Hartl (Schulleiterin, vorne mitte) und Nadja de Candido vom Freundeskreis (2.v.r.) die musikalische Zukunft der Kinder. Heinz Geißendörfer (rechts) hat das Projekt engagiert mit auf den Weg gebracht. Foto:am

Der nächste Schritt war die Gründung einer Jugendkapelle. Mit Oleg Mook wurde ein engagierter Dirigent gefunden und seit einem Jahr proben 10 bis 15 Kinder immer Donnerstagabend in der Grundschule. Alle haben die ersten beiden Jahre die musikalische Ausbildung in der Schule durchlaufen, hatten dann Musikunterricht nach dem Schulunterricht in der Schule und kommen nun zur Kapellenprobe in die Schule.
Einige der Jungmusiker sind bereits in der 6. Klasse auf einer weiterführenden Schule. Im nächsten Schuljahr wird die Kapelle mit neuen Kinder erweitert, die nun das Basiswissen haben. Bei mehreren Auftritten bei Schul- und Weihnachtsfesten oder auch bei Festlichkeiten in den Gemeinden zeigen die Kinder ihr Können.
Der nächste Schritt wäre dann der Übertritt in die jeweiligen Kapellen. „Eine Kapelle alleine kann keine Jugendarbeit machen“, erklärt Jochen Keller, 1. Vorstand des Musik- und Gesangvereins Lyra-Adelshofen. In der gemeinsamen Initiative erhalten die Kinder eine fundierte Ausbildung und wechseln dann in die jeweiligen Heimatkapellen. „Und sind durch das Zusammenspiel schon auf andere eingestellt“, fügt Stefan Meider an, 2. Vorstand des Musikvereins Großharbach.
Finanziert wurde das Projekt anfangs durch Fördergelder zur Anschubfinanzierung. Mittlerweile tragen Spenden von den beteiligten Kapellen und vom Freundeskreis der Schule maßgeblich zum Fortbestand des musikalischen Schwerpunkts in der Schule und des weiteren Musikunterrichts bei.
Es wird immer viel geredet über die Stärkung des ländlichen Raumes, hier sind den Worten endlich mal Taten gefolgt – und die Zukunft der Blaskapellen ist gesichert.
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