Gravierende Eindrücke Jun01


Gravierende Eindrücke

Alexandra Feodorow verziert Waffen für internationale Kunden

Von Neusitz aus in die ganze Welt: Die Waffengraveurin Alexandra Feodorow bedient einen Nischenmarkt mit internationalem Kundenkreis. Ihre Arbeiten zieren die Waffensammlungen arabischer Königshäuser ebenso wie von Sammlern und zum Beispiel Jagdbegeisterten in Osteuropa, den USA, Österreich und Deutschland.
Bereits mit 14 Jahren begann die gebürtige Kärtnerin ihre Ausbildung in Ferlach (Österreich). Dort befindet sich neben Suhl in Deutschland und der Gegend um Mailand in Italien eines der europäischen Zentren des Graveurhandwerks. Nach dem Abschluss ihrer Ausbildung plante Alexandra Feodorow eigentlich nur für ein Jahr für ein Praktikum nach Rothenburg ob der Tauber zu kommen – inzwischen sind 19 Jahre daraus geworden. Hier wagte sie dann 2003 auch den Schritt in die Selbstständigkeit.

Das Gravieren ist eine stille, konzentrierte Arbeit, für die man wenig Ausrüstung braucht.  Foto: ake

Das Gravieren ist eine stille, konzentrierte Arbeit, für die man wenig Ausrüstung braucht. Foto: ake


Verschlungene Ornamente, kämpfende Bären und filigrane Por­­träts: Die Gravuren von Alexandra Feodorow bestechen durch Detailgenauigkeit und Lebendigkeit. Vor allem die Tierdarstellungen ziehen den Betrachter in ihren Bann. Sie schaffen einen bestechenden Eindruck von Kraft und Geschwindigkeit, und zugleich liegt in ihren Blicken große Seelenhaftigkeit.
Alle Werkzeuge schleift Alexandra Feodorow selbst.

Alle Werkzeuge schleift Alexandra Feodorow selbst.


Hierin liegt die Kunst dieser Handwerksarbeit. Grundlage sind ausführliche Bewegungsstudien anhand der Literatur, aber vor allem auch in der Praxis: Alexandra Feodorow ist selbst Jägerin und mit ihren beiden Deutsch-Drahthaar-Hündinnen sehr viel in der Natur unterwegs.
Alle ihre Arbeiten sind Unikate. Die gewünschten Motive müssen den vorhandenen Flächen angepasst werden. Häufig arbeitet die Graveurin dabei frei; tritt ein Kunde mit speziellen Wünschen und Ideen an sie heran, macht sie gelegentlich auch Vorabentwürfe auf Papier.
Steht das Motiv fest, wird das Werkstück in die Gravierkugel – einen dreh- und neigbaren Schraubstock – eingespannt, und der Entwurf mit dem Bleistift auf den Stahl aufgezeichnet und mit der Reißnadel fixiert. Mit Handsticheln und Meißeln werden die Konturen graviert. Das Augenmerk liegt in diesem Arbeitsschritt vor allem auf der Einteilung. Alle Feinheiten und Details werden erst im nächsten Schritt herausgearbeitet.
Die Arbeit zum Thema „Eiszeit“, mit einem dreidimensional als Mammutkopf ausgearbeiteten Abzug, war bisher Alexandra Feodorows größter Auftrag. Sie steuerte auch die Schaftverschneidungen und „Höhlenmalerei“ im Inneren der dazugehörigen Mooreichenkiste bei.

Die Arbeit zum Thema „Eiszeit“, mit einem dreidimensional als Mammutkopf ausgearbeiteten Abzug, war bisher Alexandra Feodorows größter Auftrag. Sie steuerte auch die Schaftverschneidungen und „Höhlenmalerei“ im Inneren der dazugehörigen Mooreichenkiste bei.


Dabei können verschiedene Stichtechniken zur Anwendung kommen. Der Flachstich erzeugt ein Relief auf zwei Ebenen. Hier arbeitet Alexandra Feodorow mit sogenannten Punzen, denen sie selbst durch den Schliff unterschiedliche Formen und Profile gibt. Für Hintergründe und Zwischenräume verwendet sie Punzen mit einer als Hohlperle geschliffenen Spitze. Je kleiner diese Hohlperle, desto feiner und schmaler der Stich, dies lässt ihn dunkler erscheinen.
So wird die Wirkung von Kontrasten, von Licht- und Schattenspiel erzeugt. Auch die Anlage der Konturen entscheidet über die Wirkung: Kreisförmige Ornamente wirken geometrisch und ruhig, elliptische Ornamente unruhiger und lebendiger. Beim plastischen Stich wird ein Ornament in der Regel zweidimensional, in seltenen Fällen auch dreidimensional herausgearbeitet.
Höchste Konzentration
Eine beliebte zusätzliche Verzierung stellen Gold- und Silbereinlagen dar. Diese werden weder geklebt noch gelötet, sondern nur eingedrückt und unter Spannung gehalten. Dafür erweitert Alexandra Feodorow die Kontur diagonal nach links und rechts unten zu einer Schwalbenschwanzverbindung, wie sie unter anderem auch häufig im Möbelbau zur Anwendung kommt. Der Golddraht wird dann wiederum mit der Punze in diesen Hohlraum getrieben. Verwendet wird pures Feingold, da alle Legierungen zu hart wären. In seltenen Fällen kommen bei reinen Sammlerwaffen auch Edelsteine und Perlen zum Einsatz.
Fehler dürfen Alexandra Feodorow nicht passieren: Das Abfeilen wäre in diesem Fall die einzige Rettung. Doch sind die Werkstücke oft schon sehr dünn, und durch einen solchen Eingriff würde der Gesamteindruck erheblich verändert. Die Folgen wären „gravierend“.
Das heißt also: höchste Konzentration für die Graveurin. Die ist jedoch vor dem Hintergrund von 21 Jahren Berufserfahrung selbstbewusst: „Man rutscht eigentlich nur ab, wenn das Werkzeug nicht scharf genug ist. Und dafür muss ich einfach Sorge tragen.“ Auf bewundernde Blicke bezüglich ihrer ruhigen Hand und der schnellen und doch so präzisen Arbeit reagiert Alexandra Feodorow mit einem Vergleich: Wenn jemand mit zehn Fingern tippen könne, dann ginge das ja auch schnell und es passierten keine Fehler. Das Tippen habe sie nie gelernt, das Gravieren schon.
 Im plastischen Stich graviertes Rotwild auf der Flucht vor Wölfen. Fotos: ake

Im plastischen Stich graviertes Rotwild auf der Flucht vor Wölfen. Fotos: ake


Trotzdem: All die Präzision braucht Zeit. Nur 10 bis 15 großen Aufträgen widmet sich Alexandra Feodorow im Jahr. Für ein Ornament mit vielen kleinen Blüten beispielsweise müssen durchschnittlich 100 Arbeitsstunden veranschlagt werden. Bei ihrem bisher größten Auftrag standen am Schluss rund 500 Arbeitsstunden zu Buche.ake