Gedruckte Perfektion Jan11


Gedruckte Perfektion

Die Firma Stomoprint 3 D in Insingen steht für Innovation und Effizienz

Es muss heutzutage alles schnell gehen und dabei sollen Material und Ressourcen optimal genutzt werden. Genau das haben sich Sebastian Stolz aus Insingen und Florian Moßhammer aus dem Ostalbkreis auf die Fahnen geschrieben. Sie sind leidenschaftliche Zerspanungsmechaniker von Beruf, Fachkräfte also, die Bauteile für Maschinen, Motoren oder Turbinen fertigen. In der Regel werden die Komponenten mittels CNC-gesteuerten Dreh-, Fräs- und Schleifmaschinen hergestellt. Beide bringen ganz eigene Fachkompetenzen auf diesem Gebiet mit. Florian Moßhammer ist bereits Meister, leitete als Zerspanungsmechaniker eine Abteilung und konnte über acht Jahre hinweg bei der Bundeswehr als Luftfahrttechniker Erfahrungen sammeln. „Schnelles und effizientes Arbeiten mit wenig Handwerkszeug habe ich dort lernen müssen“, sagt er heute.

Florian Moßhammer (li.) und Sebastian Stolz (re.) wirken an Prototypen aus Kunststoff jeglicher Art mit. Foto: ul

Florian Moßhammer (li.) und Sebastian Stolz (re.) wirken an Prototypen aus Kunststoff jeglicher Art mit. Foto: ul

Sebastian Stolz kennt sich mit seinen 28 Jahren schon mit der Programmierung von Maschinenbauteilen und deren Herstellung aus. Kennengelernt haben sie sich über die Firma, in der Florian Moßhammer gearbeitet hat und stellten sehr schnell fest, dass sie eigene Ideen selbstständig und unabhängig umsetzen wollen. Am besten gemeinsam.

Innerhalb kürzester Zeit wurde die Firmengründung von Stomoprint 3 D GmbH & Co. KG beschlossen (August 2021) und geplant. Der Schweinestall der Großeltern von Sebastian Stolz in Insingen wurde eigenhändig umgebaut und mit modernster „HP Multi Jet Fusion-3 D-Drucktechnologie“ ausgestattet. Ein echtes Risiko mitten in der Coronazeit, wie man meinen möchte. Aber sie haben sich durchgebissen und konnten die Firma SG-Engineering in Steinsfeld durch schnelle und exakte Probedrucke als offiziellen Partner gewinnen.

Um noch zeitsparender arbeiten zu können, haben sie sich die nötige Computer-Sofware für die räumlich effektivste Nutzung der 3 D-Drucktechnik angeschafft. Dabei werden mehrere Aufträge gleichzeitig umgesetzt. Für den Laien klingt es ein wenig wie Science-Fiction, Kunststoffteile aller Größenordnungen bis hin zu Mikrobauteilen (wie Stands für Herzkranzgefäße) in den Bereichen Automobiltechnik, Maschinenbau oder Medizintechnik mithilfe eines Druckers herzustellen.

Wie funktioniert 3 D-Druck?
Heute gilt die „Multi Jet Fusion-3 D-Drucktechnologie“ als die effektivste mit der zehnmal schnelleren Methode als bei allen anderen Verfahren der Herstellung. „Die Aufträge werden uns per E-Mail als 3 D-Format gesendet und mit einem Computerprogramm für den Druck geöffnet“, so Moßhammer. Das zu druckende Produkt wird durch das Computerprogramm definiert. Zur Herstellung von echten funktionalen Teilen muss sicher gestellt werden, dass das Material richtig verschmilzt und die Kanten scharf und klar definiert sind. Genau das leistet diese Technologie.

Der Druckprozess beginnt mit dem Auftragen einer Pulverschicht über den Druckbereich. Diese Ebene wird durch Energiezufuhr vorgewärmt. In entgegengesetzter Richtung und in einem ununterbrochen abwechselnden Durchlauf trägt der Drucker Schicht für Schicht die sogenannten Fusing- und Detailing-Agents (flüssiges Material) auf. An den Stellen, an denen die Fusing-Agent aufgesprüht wird, verschmilzt das Pulvermaterial. Auf diese Weise wird das Produkt geformt. Alle anderen Bereiche der Pulverschicht werden mit dem Detail-Agent besprüht, was für eine klare Abgrenzung zum Druckobjekt und dessen glatten Oberflächen sorgt.

Die Pulvertemperatur wird dabei an über 900 Messpunkten über den gesamten Arbeitsbereich gemessen und damit kurz vor dem Auftrag der Agents kontrolliert. So wird eine exakte Abgrenzung der Verschmelzung erreicht und mit einer Auflösung von 1200 dpi entstehen Bauteile mit hoher Detailauflösung. Abschließend wird der Bereich einer Energiequelle ausgesetzt, die zu Reaktionen zwischen den Flüssigkeiten (Agents) und dem Material führt, um das Objekt herzustellen. Wenn der Druckvorgang abgeschlossen ist, wird der Produktbehälter aus dem Drucker entfernt und die Drucke aus dem Behälter entnommen. Das überschüssige Pulver wird mithilfe von Bürsten und Gebläsen entfernt. Druckobjekte können auch eingefärbt werden. „Um eine weitere Veredelung der Oberfläche der Druckerzeugnisse zu erreichen, geben wir manche unserer Erzeugnisse zur chemischen Veredelung (Dymention-Verfahren) an Dienstleister außer Haus“, erzählen die Jungunternehmer Florian Moßhammer und Sebastian Stolz.

Neben Perfektion und Schnelligkeit ist das beschriebene HP Jet Fusion 3 D-Druckverfahren mit seinen Material (PA12 Pulver) so ausgelegt, dass loses, nicht verschmolzenes Pulver zu 80 Prozent wiederverwendet werden kann. Es wird also kaum etwas „verpulvert“. Die benötigte Menge wird computergesteuert dosiert. „Es wird uns sogar angezeigt, wann eine Nachbestellung des Materials von Nöten ist“, erklärt Moßhammer. Die Produktpalette hat sich seit der Neugründung um ein Vielfaches vergrößert. Ein Bogenbauer hat einen Bogenköcher entwickelt, durch den sich die Pfeile beim Transport am Bogen befestigen lassen. Bei solchen Aufträgen produziert die Firma Stomoprint 3 D GmbH & Co. KG einen Prototypen, der Schritt für Schritt mit dem Kunden optimiert wird. Es lassen sich auch komplexere Bauteile für den medizinischen Bereich herstellen.

Eine Handprothese kann mit der neuen Technologie mit Raum für einen Motor hergestellt werden. Foto: Privat

Eine Handprothese kann mit der neuen Technologie mit Raum für einen Motor hergestellt werden. Foto: Privat

Eine federleichte Hand-Orthese mit beweglichen Fingern (siehe Bild), in die Elektronik eingebaut werden kann oder ein Sturzhelm für Kinder mit Epilepsie sind nur zwei Beispiele. Dabei ist ein Wunschmotiv wie das Logo von Batman integrierbar. Kaum vorstellbar, aber auch wenige Millimeter große Stands, die bei Herzpatienten benötigt werden, können in perfekter Form und Größe produziert werden.

Die beiden jungen Männer sehen positiv in die Zukunft. Neue Technologien machen große Aufträge von hoher Qualität in kurzer Zeit möglich.

ul