Ein Leben mit Leidenschaft Sep01


Ein Leben mit Leidenschaft

Herbert Knäulein: Erfolgreicher Lehrer, Pädagoge, Chorleiter, Musiker

Was wünscht man sich vom Leben? Vielleicht, dass man mit knapp 80 sagen kann, so wie es lief, war es bestens. Das hört sich einfach an, ist aber eine große Kunst.
Herbert Knäulein hat das Glück, das sagen zu können. Am Esstisch in seinem Haus in Rothenburg, wo jeden Samstag die ganze Familie mit den drei Söhnen, Schwiegertöchtern und fünf Enkelkindern zusammenkommt, erzählt er von seinem Leben. Ihm gegenüber sitzt seine Frau Sibylle. Schon in der Schule haben sie sich kennengelernt. „Sie hat mir gleich gefallen“, sagt er.

Humanistische Bildung
Herbert Knäulein ist Rothenburger durch und durch. 1939 geboren hat er noch Erinnerungen an die Bombardierung Rothenburgs. Die Familie wohnte im Alten Keller. Später betrieb seine Mutter bis in die 70er Jahre ein Milchgeschäft in der Galgengasse und „als Kind habe ich noch in den Ruinen gespielt“, erzählt er.
Obwohl seine Eltern schulisch nicht vorbelastet waren, schickten sie ihren Sohn auf den altsprachlichen Zweig am Gymnasium. Bis zur 10. Klasse war das in Rothenburg, danach mussten die sechs verbliebenen Schüler dieses Zweiges nach Windsheim und dort das Abitur machen. „Den Lehrerberuf hatte ich damals schon im Hinterkopf“, erzählt Knäulein. Aber erst musste er zur Bundeswehr. „Ich bin kein Soldat“, sagt er. Daher setzte er alles daran, zum Musikcorps nach Ulm zu kommen. „Die Trompete war dann meine Waffe“, fügt er schmunzelnd an.

ROTOUR Herbert Knäulein aus Rothenburg

Herbert Knäulein beim Sängerfest in Stettberg: Er weiß wie man Menschen begeistert.
Foto: am

Begeisterung fürs Klavier
Musik hat im Hause Knäulein immer einer Rolle gespielt. Herbert Knäulein lernte mit sechs Jahren das Klavierspielen. „Zeit meines Lebens bin ich am Klavier hängen geblieben“, weiß er. Sein Vater hatte ein Amt im Fränkischen Sängerbund und als Jugendlicher ist er mit ihm auf dem Motorrad zu Chorproben gefahren und hat diese am Klavier begleitet.
Nach der Bundeswehr machte er sich dann auf, ein leidenschaftlicher Pädagoge zu werden. Er hat Volksschullehramt in München studiert und seine musische Neigung weiter geformt: Chorleiterseminare besucht, Kammermusik gemacht, im Bläserensemble gespielt.
Die Musik hat stets sein Leben begleitet und noch als Schüler war er einer der vier Musiker, die dereinst am Samstagmittag vom Rothenburger Rathausturm Choräle geblasen haben. Er hat Trompete im Posaunenchor und bei der Stadtkapelle gespielt und war einer der Geiger der Festspielkapelle.
„Nach meinem Staatsexamen im Jahr 1964 war ich zuerst außerplanmäßiger Lehrer, also die Feuerwehr, in der Toppler-Schule“, erzählt er. Danach kam er nach Windelsbach. Drei Jahre hat er hier eine Einklassenschule mit 50 Schülern von der 1. bis 8. Klasse geführt. Er war einziger Lehrer und sein eigener Schulleiter in Personalunion. „Es gab keinen Gruppenraum und keine Lehrmittel. Nur drei Karten“, erinnert er sich. Aber so hat er gelernt, sich zu organisieren und durchzusetzen.
Die Schulentwicklung ab 1968 sah dann vor, dass verschiedene Ortschaften zusammengefasst und die Kinder nach Klassen auf die Schulhäuser verteilt wurden. Auch das erlebte Herbert Knäulein bis 1975. Dann war die damalige Hauptschule (heute Mittelschule) in der Bleiche fertig und Knäulein wechselt als Lehrer nach Rothenburg. Ganze 25 Jahre war er hier aktiv, von 1988 bis 2000 sogar als Konrektor.
Hunderte von Schülern hat er geprägt. Für manche war er vielleicht ein „strenger Hund“. Herbert Knäulein sieht das als Kompliment. „Vielleicht denken die Schüler später an mich und sagen: Da hab ich was gelernt“, hofft er.
Aber auch in Sachen Musik hat er in Rothenburg Maßstäbe gesetzt: Der Schulchor mit bis zu 80 Schülern, mehrere Instrumentalgruppen und auch den Lehrerchor hat er geleitet. Über lange Jahre hat er auch das Frühlingssingen der Rothenburger Volksschulen organisiert.
Das i-Tüpfelchen seiner beruflichen Karriere konnte Herbert Knäulein von 2000 bis zu seiner Pensionierung 2004 realisieren: Er war Rektor der Grund- und Teilhauptschule in Lipprichhausen. Rund 300 Schüler aus 16 Ortschaften besuchten die Verbundschule. „Genau 40 Jahre bin ich in der Schulstube gestanden“, so Knäulein. Als Lehrer und Pädagoge hat er alles erlebt, was im Volksschulbereich möglich ist: von der Einklassenschule bis zur Kreisschule, vom Junglehrer bis zum Schulleiter und alle Jahrgänge unterrichtet. „Ich war Lehrer mit Leib und Seele“, erzählt er.
Und das hat er offensichtlich weitergegeben: Alle drei Söhne sind in seine Fußstapfen gestiegen. Florian Knäulein ist Lehrer an der Realschule Rothenburg, Alexander Knäulein ist Konrektor am Förderzentrum Bad Windsheim und Thomas Knäulein ist der Schulleiter des Reichsstadtgymnasiums. „Ich bin auf meine Söhne sehr stolz“, sagt er.

ROTOUR Herbert Knäulein, Elternhaus in Rothenburg

Hier ist er aufgewachsen: sein Elternhaus im Alten Keller 14. Foto: Privat

Frage nach dem Ursprung
Neuerdings gibt es daher eine nette Anekdote: Früher fragte man die Kinder, seid ihr die Söhne vom Knäulein, heute fragt man den Senior, sind sie der Vater vom Knäulein.
Parallel zu seinem beruflichen Erfolg hat er aber auch als Chorleiter in die Gesellschaft hinein gewirkt. „Zum Aufgabengebiet des Lehrers gehörte es früher, den örtlichen Chor zu leiten“, so Knäulein. Also hat er als Junglehrer in Windelsbach den Kirchenchor übernommen.
Herbert Knäulein erinnert sich, dass an einem Sonntag im Jahr 1969 vier unbekannte Männer aus Stettberg vor seiner Tür standen. Das 13. Bergfest stand damals an, ihr Chorleiter war erkrankt und sie baten ihn, das Dirigat zu übernehmen. Da ist er eingesprungen. „Damit war die Sache für mich eigentlich erledigt“, so Herbert Knäulein. Im Herbst standen die Männer wieder vor seiner Türe. Der Chorleiter war verstorben. Jetzt bedurfte es eines dauerhaften Nachfolgers.
Knäulein legt bei allen seinen Aktivitäten besonderen Wert auf Niveau und Qualität. Die schicken den Schulmeister schnell wieder heim, dachte er sich. „In dem Punkt habe ich mich aber komplett geirrt“, stellt er fest. Seit 50 Jahren ist er der Leiter des Männergesangvereins Stettberg-Cadolzhofen. Die Männer waren begeistert von ihrem neuen Chorleiter und seinen durchstrukturierten Singstunden.
Jede Woche fährt Herbert Knäulein seitdem zur Probe nach Stettberg. Gut zwei Stunden mit kurzer Pause wird gesungen. Auch hier führt er ein bestens vorbereitetes, aber strenges Regiment. „In einer musikalischen Gemeinschaft gibt es keine Demokratie“, erklärt er, „Wer am Notenpult steht, hat das Sagen. Anders geht es nicht“.
In den 50 Jahren sind Freundschaften entstanden und „ich bin sehr stolz auf meinen Chor“, so Knäulein. Zur Hochzeit waren das 42 Männer, mittlerweile sind es noch 16. Aber noch immer wird vierstimmig gesungen. Einer der Höhepunkte des Gesangvereins ist das Sängerfest in Stettberg, das seit 1954 durchgeführt wird.
Und dort darf natürlich auch der Männerchor aus Gebsattel nicht fehlen, denn Herbert Knäulein ist auch hier seit 33 Jahren der Chorleiter und ebenso begeistert von „seinen“ 13 Sängern.
Knäulein, der auch 25 Jahre Gruppenchorleiter der Sängergruppe Rothenburg des fränkischen Sängerbundes war, sieht die Tradition des Männerchors in Gefahr. Zum Gesangverein gehört auch Geselligkeit und er ist der festen Überzeugung, dass die Menschen sich heute nicht mehr fest binden wollen an vereinbarte Zeiten. „Niemand will mehr eine Verpflichtung eingehen“, sagt er. Und das, obwohl der Männergesangverein gerade in der Region Rothenburg eine lange Tradition hat. „In jedem Dorf gab es früher einen Männerchor“, so Knäulein. Er selbst ist neben seiner Tätigkeit als Chorleiter begeisterter Opernfan und fest verankert in der klassischen Musik.

Die Welt entdecken
Herbert Knäulein steht mit knapp 80 Jahren selbst an einer Schwelle. „Ich hoffe, dass es mir noch lange gut geht und ich die Chöre leiten kann“, sagt er. Aufhören würde er nicht über das Herz bringen, denn ein Nachfolger ist nicht in Sicht.
Umso wichtiger ist es daher, dass er das Leben genießt – und das hat er in den vergangenen Jahren mit vielfältigen Reisen gemacht: Von der anfänglichen Reiselust im Zelt (in jungen Jahren) über Reisen im Wohnwagen bis hin zu weltweiten Flugreisen.
In den letzten Jahren hat er mehrmals im Jahr die Welt erkundet. Gemeinsam mit seiner Frau war er in Marokko, China, Thailand, Sri Lanka, Südafrika, Mexiko und anderen Ländern. Israel wäre ein Ziel, das ihn noch reizen würde. Aber nun steht in einigen Wochen sein 80. Geburtstag an. Und da gibt es was zu feiern: Die ganze Familie ist dabei, die Männerchöre werden das eine oder andere Ständchen singen, an Gratulanten wird es nicht mangeln – und an guten Wünschen sicher auch nicht. am