Die fünfte Jahreszeit Okt01


Die fünfte Jahreszeit

Die Muswiese bei Rot am See

Musdorf, das ganz Jahr über ein beschaulicher, kleiner Ort, wird einmal im Jahr zum Besuchermagnet: Auf die Muswiese kommen jedes Jahr Zigtausende von Besuchern. Foto: Drohnenfotografie Balbach

Musdorf, das ganz Jahr über ein beschaulicher, kleiner Ort, wird einmal im Jahr zum Besuchermagnet: Auf die Muswiese kommen jedes Jahr Zigtausende von Besuchern. Foto: Drohnenfotografie Balbach


Ab 8. Oktober ist es endlich so weit: Nach zwei Jahren Coronapause findet die Muswiese wieder statt. Markthändler bauen in den Straßen von Musdorf dicht an dicht ihre Stände auf. Im Gewerbegelände zeigen rund 180 Aussteller, was es Neues rund um Hof und Haus gibt. Und dazu gibt es die feinsten hohenlohischen Leckereien und kulturellen Meilensteine zu entdecken.

Auf dem Foto ist die Muswiese in ihrer ganzen Pracht aus der Luft zusehen. Vor dem 8. Oktober und nach dem 13. Oktober herrscht hier kontemplative Ruhe. Musdorf ist ein Weiler von 18 Häusern und 60 Einwohnern, nur wenige Kilometer von Rot am See entfernt an der Straße nach Rothenburg gelegen. Ein ganz normales Dörfchen, das einmal im Jahr zum Mittelpunkt des hohenloher Lebens wird.

Die Tradition der Muswiese reicht bis 1434 zurück und der Markt ist somit einer der ältesten. In Musdorf haben sich nämlich zwei bedeutende Handelsstraßen des Mittelalters gekreuzt. Die eine war die historische Salzhandelsstrasse, die andere die Kaiserstraße.

So entstand der Markt an der Kreuzung der beiden wichtigen Transportwege und findet stets im gleichen Zeitraum statt: Die Muswiese findet immer an Burkhardi oder auf alle Fälle in der Woche des Burkharditags statt.

Traditionen begleiten das Fest seit jeher. Dazu gehört auch, dass zur Muswiesenzeit das Arbeitsjahr in der Landwirtschaft beendet war. Die Ernte war eingebracht und man bereitete sich auf den Winter vor. Das neue Jahr begann nicht am 1. Januar, sondern nach der Muswiese. So wurden und werden oftmals auch Geschäfte abgeschlossen, die entweder noch vor der Muswiese erledigt werden müssen oder erst nach der Muswiese. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass der Ausfall der Muswiese in den letzten zwei Jahren nur schwer für die Region zu verschmerzen war. Denn Musdorf beheimatet eben nicht nur einen Markt mit Ausstellung und Schaustellerbereich, sondern der ganze Ort ist eine große Begegnungsstätte. Für die Leute in der Region ist es ein Bedürfnis, die Muswiese zu besuchen. Und sie kaufen hier gern Dinge, die man in Supermärkten vergeblich sucht.

Rund 260 Markthändler sind vor Ort. Sie kommen zum Teil schon seit Jahren, einige seit Generationen. Einen breiten Raum nimmt das Gewerbegelände mit seinen rund 180 Ausstellern im Freigelände und Gewerbezelt ein.

Eine große Bedeutung bei dem Fest haben natürlich die Bauernwirtschaften, auch wenn bis Redaktionsschluss noch nicht ganz klar war, welche Bewirtschaftungsform die Coronaauflagen Anfang Oktober zulassen.

Einst waren es sieben Bauernhäuser, die seit alten Zeiten das Schankrecht für das Fest hatten. Bei ihrer Erbauung Ende des 17. Jahrhunderts wurden im Hinblick auf die Muswiesenbewirtschaftung bereits Tanzböden, besonders große Räume mit Trennwänden, eingebaut. Die im ersten Stock liegenden Gasträume – im Erdgeschoss waren die Ställe – erreichte man über eine knarrende Holztreppe. Die Gemütlichkeit alter, niedriger Bauernstuben empfing den Gast, die Möbel und Betten waren ausgeräumt und in Dachkammern gestellt worden.

Nicht alle Traditionen lassen sich erhalten und heute bewirtschaften die Gastleute nicht mehr in den eigenen Wohnhäusern, sondern in Gaststuben, den Garagen und Maschinenhallen. In unserer Personalia-Geschichte ab Seite 86 stellen wir Ihnen einen der traditionellen Muswiesenwirte, die Familie Pressler, im Porträt vor.
Das Flair der Muswiese kann nur schwerlich erklärt werden, besser ist es, das Spektakel selbst zu erleben. Schon das Schlendern entlang des Marktgeschehens ist wegen der Fülle des Angebots beeindruckend. Was es hier nicht gibt, existiert wahrscheinlich in diesem Universum nicht. Der Schaustellerbereich hat neben der traditionellen Schiffschaukel auch Autoscooter, Kettenkarussell und vieles mehr im Angebot.

Der „Metzgertanz“ am Mittwochabend um 19.45 Uhr hat einen langjährige Tradition und ist einer der Höhepunkte im Muswiesenprogramm. Foto: Privat

Der „Metzgertanz“ am Mittwochabend um 19.45 Uhr hat einen langjährige Tradition und ist einer der Höhepunkte im Muswiesenprogramm. Foto: Privat


Eingebunden in das Festprogramm der Muswiese ist auch der 37. Muswiesenlauf (8. Oktober), das Promi-Kochen am BDS-Stand im Gewerbezelt (9. Oktober), die Jungviehprämierung mit anschließendem Kuttelessen in den Wirtschaften (11. Oktober) und natürlich der historische Metzgertanz am 12. Oktober.

Der uralte Brauch bezieht sich auf die Wehrhaftigkeit der Metzger. Sie sollen Räuber, die den Markt überfallen wollten, zurückgeschlagen haben. Seitdem dürfen sie als Dank den Metzgertanz mit Fackelbeleuchtung aufführen.

Die Muswiese endet dann am Donnerstagabend, 13. Oktober, mit einem großen Brillantfeuerwerk. am