Die Farbe Lila Sep01


Die Farbe Lila

Artischocke trifft Melone

Es ist soweit. Hatten die Artischocken Pflanzen Anfang August noch starke Knospen, können ihre imposanten Blüten jetzt für kreative Dekorationsvarianten verwendet werden. Foto: ul

Es ist soweit. Hatten die Artischocken Pflanzen Anfang August noch starke Knospen, können ihre imposanten Blüten jetzt für kreative Dekorationsvarianten verwendet werden. Foto: ul

Das Frankenland wird mit seinen neuen und altbewährten Feldfrüchten immer bunter. Mais, Gerste, Weizen und Zuckerrüben bestimmen schon längst nicht mehr alleine das Landschaftsbild der Region.

Der sonnengelbe Raps, die himmelblaue Leinöl Blüte, der blaue Mohn bis hin zur leuchtend lilafarbenen Artischocke zeugen von vielfältigen aber auch außergewöhnlichen Ackerfrüchten. So manch einer fragt sich, „Was blüht denn da“? Ein Blütenmeer nahe Gollhofen erscheint Mitte bis Ende August in sattem Lila. Stefan und Ute Daubinger sind dieser prachtvollen Pflanze, der Artischocke verfallen.

„Ein Arbeitskollege schenkte mir 2014 ein solch großes Prachtstück und zeigte mir Bilder vom Anbau auf dem eigenen Hof“, erzählt der Di­plom Agraringenieur Stefan Daubinger. Gleich im darauffolgenden April besorgte sich das Paar 80 Pflanzen und bauten sie im heimischen Hausgarten an. Es war ein voller Erfolg. „Wir boten sie erst einmal auf dem Uffenheimer Wochenmarkt an und die Leute waren begeistert“, erinnert sich Ute Daubinger.

Später standen immer wieder Leute im Hoftor, auf der Suche nach der exotischen Schönheit. „Daraufhin machten wir einen Selbstbedienungsservice ab Hof auf“, so die Hauswirtschaftsmeisterin, die bis 2015 im Seniorenheim tätig war. Die einzelnen Pflanzen haben den Anschein einer überdimensionalen Distel-Pflanze.

Und tatsächlich handelt es sich um einen Korbblütler aus der Familie der Disteln. Die Knospe als exotische Pizza Zutat oder als Salateinlage geschätzt, bauen die Daubingers jedoch die Sorte „Madrigal“ an, dessen Blüte ausschließlich für Dekorationszwecke geeignet ist. Die imposante Blüte der Artischocke aus dem Mittelmeerraum zieht hierzulande zahlreiche Hummeln, Bienen und Schmetterlinge an. Ein willkommener Nebeneffekt.

Der Anbau gestaltete sich allerdings zunehmend aufwändig. Seit dem Probeanbau im Hausgarten im Jahr 2015 wurde die Stückzahl der gefragten Naturschönheit stetig gesteigert. Heute bewirtschaften Ute und Stefan Daubinger eine Ackerfläche von einem halben Hektar mit ca. 3000 Pflanzen.

Die Jungpflanzen sehen aus wie kleine Kohlrabi Setzlinge und werden im April ins Freiland ausgepflanzt. Die Eisheiligen überstehen sie pro­blemlos. Bis zum Jahr 2019 wurde die Arbeit unter Einsatz der ganzen Familie per Hand erledigt. Dazu musste ein Bewässerungsschlauch mit einer biologisch abbaubaren Folie ausgelegt werden. Danach wurden die kleinen Artischocken-Pflänzchen per Hand im Abstand von ca. 150 cm eingesetzt, angedrückt und mit Wasser eingeschlemmt. Für diese Arbeit trommeln die Daubingers nach wie vor die ganze Familie mit Oma und Opa, Tanten und Onkel zusammen.

Allerdings wird die Folie mit dem Bewässerungsschlauch seit dem letzten Jahr maschinell ausgelegt. „Dennoch sind wir insgesamt zwei Tage beschäftigt und müssen im Wechsel stundenlang in gebeugter Haltung arbeiten. Ohne die Familie wäre uns dieser Aufwand zu groß“, erzählt Ute Daubinger. Mitte bis Ende August, je nach Witterung ist die schöne Südländerin erntereif. Hat man die Pflanzen im Hausgarten überwintert, was in milderen Regionen möglich ist, kommt es bereits im Juni oder Juli zur Blütezeit. Für die Daubingers zu früh. Die meisten haben zu dieser Zeit den Garten voller wunderschöner Blumen, sind meist im Sommerurlaub und brauchen keinen weiteren Blumenschmuck.

Herbstdekoration in Lila
Die schweren Blumenköpfe werden einzeln mit einer Astschere geerntet und kommen auf den Verkaufstisch im neugegründeten Hofladen oder auf verschiedenen Wochenmärkten.
Sie behalten ca. drei Wochen lang ihre volle Farbenpracht und eignen sich hervorragend als Dekoblume für Menschen ohne grünen Daumen. Auf keinen Fall sollte man sie ins Wasser stellen. Denn sie trocknen langsam ein, behalten aber dabei ihre lila Farbe. Nach und nach kommen die silbernen Kelchblätter zum Vorschein und schenken der Blüte, einer Silberdistel ähnelnd, einen ganz neuen „Teint“.

Perfekt arrangieren lässt sich die Artischocke mit anderen leuchtenden Herbstfarben wie dem Rot der Hagebutte, dem Orange des Kürbisses bis hin zum Grün der Kastanienkapsel. In diesem Jahr steht ein als Nest aus Hopfen-Trieben mit einer Artischockenblüte im Zentrum als neue Dekorationsidee im Raum.

Langstielige Nebenblüten haben neben der Hauptblüte einen längeren Blütenstängel und eigenen sich hervorragend als Gebinde mit anderen Herbstblühern in einer Bodenvase. „Die Menschen kommen aus dem Erlanger und dem Würzburger Raum und verlangen nach mehr, wenn sie unseren Hof betreten“, erzählen die jungen Eltern. Deshalb suchten sie eine passende Begleitfrucht mit ähnlichen Erntezeiten für den gleichzeitigen Verkauf.

Die Minimelone hat die Größe einer Bowlingkugel. Foto: ul

Die Minimelone hat die Größe einer Bowlingkugel. Foto: ul

Die Idee eigene Wassermelonen anzubauen wurde 2020 zur Lösung. Ähnlich wie die Artischocke wird die Minimelone mit zuckersüßem Geschmack als Nachbarpflanze angebaut. Die erfrischende Frucht war ebenso schnell ausverkauft und verlangte nach höheren Stückzahlen. Was der eher kühle und feuchte Sommer in diesem Jahr zutage bringt, bleibt abzuwarten. Fakt ist: auch die Melonenernte entpuppte sich schnell als kostenloses Muskeltraining. Sie heißen zwar Minimelonen aber haben in etwa die Größe einer Bowlingkugel.

Wenn die Fahne weht
„Wenn die bunte Fahne mit der Artischocken Blüte in unserer Hofeinfahrt steht, sind Blüte und Melone in den Hofregalen zu finden“, weisen die beiden auf den Saisonstart hin. Seit Juni diesen Jahres bieten die Daubingers eine ganz besondere Direktvermarktung ab Hof an.

Die Frage nach mehr haben sie sich regelrecht auf die Fahne geschrieben. Eine bunte Vielfalt an außergewöhnlichen Regionalprodukten ist die neue Geschäftsidee: Kürbiskerne mit exquisiten Geschmacksrichtungen von schokoladig, pikant bis süß, als Snack für gemütliche Abende sind sehr gefragt. Salatdressings, Kürbiskern Öl, Honig, Marmelade, fränkische Wurstspezialitäten, Saft, Äpfel, Kartoffeln, Mohn und Bauernhofeis aus Sechselbach und Saftgummibärchen, allesamt aus der Region. Geräucherte Forellen runden das Sortiment ab. Eine lustige Hühnerschar verschiedener Rassen auf dem Daubingerhof erweitern die Vielfalt mit einer bunten Eiermischung von weiß, grün bis hin zu braunen Farbtönen. Wachtel Eier, regionale Mehl- und Nudel Sorten warten auch auf ihre Genießer.

„Wir sind weiter auf der Suche nach haltbaren und besonderen Regionalprodukten, die uns im Gegensatz zu den üblichen landwirtschaftlichen Erzeugnissen eine freie Preiswahl erlauben“, sagt Stefan Daubinger.

Wer die Augen offen hält, wird jetzt die Fahne in der Hofeinfahrt der Familie Daubinger in Gollhofen sehen. Der Laden ist im September mittwochs von 14 bis 19 Uhr und samstags von 8 bis 14 Uhr geöffnet oder nach persönlicher Vereinbarung unter der Telefonnummer: 0151-508 80 200. ul