Der Letzte seiner Art Jul01


Der Letzte seiner Art

Korbflechter Fritz Wildermann

Fritz Wildermann fertigt in den Wintermonaten jeden Tag seine Weidenkörbe. Foto: am

Fritz Wildermann fertigt in den Wintermonaten jeden Tag seine Weidenkörbe. Foto: am

Von November bis Mai sitzt er jeden Tag auf seinem Hocker neben der Heizung und lässt meterlange Weidentriebe durch seine Hände gleiten. Fritz Wildermann aus Reinsbronn beherrscht noch ein Handwerk, das ansonsten so gut wie ausgestorben ist: Der 85-Jährige ist einer der letzten Korbmacher.

Sein Großvater hat das Wissen um das Handwerk an seinen Vater weitergegeben und der wiederum an seinen Sohn Fritz. „Als 17-Jähriger habe ich mit dem Korbflechten begonnen“, erinnert er sich. Fast 70 Jahre sind seither vergangen und längst sitzt jeder Handgriff perfekt.

„Ich mache grundsätzlich alles nach Maß“, sagt Fritz Wildermann. Der Boden seines Standardkorbs hat einen Durchmesser von 35 cm, der obere Rand 50 cm. „So sieht es harmonisch aus“, weiß er aus Erfahrung. Seine Böden sind immer leicht nach innen gewölbt, damit sie stabiler sind. Mit einer Spannschnur richtet er die Weidentriebe für den passenden Korbumfang aus. Dann geht die Flechtarbeit los.

Fritz Wildermann schneidet die Weidentriebe noch selbst. Das geschieht etwa im November. Nur einjährige Triebe eignen sich zum Korbflechten. Nach dem Schneiden werden die kleinen Äste ausgeputzt und die Weiden gebündelt. „Für jeden Korb brauche ich neben Material für Boden und Henkel 4 x 24 Weidentriebe“, sagt Wildermann. Für die ganz großen Körbe sind es sogar 4 x 28 Triebe.

„Und für die großen Körbe braucht man schon Kraft“, weiß er und führt das „Zumachen“ eines Korbs vor. Weide für Weide wird über die andere gelegt und zum Schluss zeigt sich ein perfekt ineinander verwobener Rand. Fritz Wildermann achtet dabei akribisch darauf, dass die Rundung perfekt ist. „Die Weiden wollen manchmal nicht so, wie man selbst“, sagt er schmunzelnd. Zum Abschluss muss noch der Griff an den Korb. Wildermann erklärt: „Rechts ’rum wird gedreht und links ’rum gewickelt.“ Jeweils zwei Weidentriebe dreht er erst in die eine Richtung und wickelt sie dann um den Griffrohling. Nach einigen Minuten stellt sich dies als die perfekte Technik für bestens in der Hand liegende Griffe heraus. Und voliá, der Korb ist fertig. Etwa einen halben Tag braucht Fritz Wildermann allein für die Flechtarbeiten. „Das ist ein Hobby. Die Arbeitszeit kann man nicht rechnen“, sagt er.

Heute ist seine Werkstatt im Heizungsraum seines Hauses, aber als er in jungen Jahren mit dem Flechten begann, hat er sich dazu nach Feierabend in den Kuhstall gesetzt. „Da war es warm“, erklärt er. Fritz Wildermann ist gebürtiger Reinsbronner, war Landwirt im Nebenerwerb und hauptberuflich 30 Jahre bei der Fenster produzierenden Firma Wolfa beschäftigt.

Das Korbflechten war immer ein kleiner Nebenverdienst. „Jeder Bauer am Ort brauchte früher Weidenkörbe“, so Wildermann. Das Futter für die Kühe oder Heu zum Einstreuen wurde damit transportiert. Bei der Kartoffelernte kamen Körbe zum Einsatz und „noch heute brauchen manche Pferdebesitzer Weidenkörbe“, weiß er.

In den 60er-Jahren hat Fritz Wildermann auch ovale Körbe für Schweine geflochten. Die hatten einen Durchmesser von 1,5 m und durften nicht zu hoch sein. „Darin wurden nämlich die Ferkel auf dem Schweinemarkt gezeigt“, sagt er, „Und die sollten im Korb möglichst groß wirken.“

Die Bauern brauchen heutzutage keine Körbe mehr und Fritz Wildermann muss andere Abnehmer finden. Ein Kollege aus Tauberrettersheim verkauft für ihn seine Körbe auf kleineren Märkten und dem Weihnachtsmarkt in Würzburg. Da durch Corona alles ausfiel, hat Fritz Wildermann nun einen ganzen Hänger voller Körbe in seiner Scheune stehen.

Vor Corona kamen hin und wieder auch Interessierte zu ihm und haben sich das Korbflechten zeigen lassen. Aber richtig weitergeführt wird das Handwerk nicht, vermutet Fritz Wildermann. am