Das Fest der Stadt Sep01


Das Fest der Stadt

Die Reichsstadttage

Rothenburg ist heutzutage eine weltbekannte Stadt. Touristen aus allen Winkeln der Erde kommen in die Tauberstadt. Das mittelalterliche Flair mit den gut erhaltenen Wehranlagen, der Stadtmauer und den idyllischen Gassen mit Fachwerkhäusern hat sich herum­gesprochen. Es ist sozusagen das Erbe der Stadt, das noch heute wirkt.
Natürlich haben die Rothenburger es auch vortrefflich verstanden, dieses Erbe zu erhalten und mit feinem Gespür zu pflegen. Dazu gehören auch die zwei wichtigsten historischen Festlichkeiten der Tauberstadt: die Pfingstfestspiele mit dem „Historischen Meistertrunk“, als Erinnerung an die Befreiung der Stadt im Dreißigjährigen Krieg, und die Reichsstadttage im September.

Ein beliebtes Fotomotiv: Die „malenden Frauen“ erinnern an die Aufbruchstimmung. Foto: am

Ein beliebtes Fotomotiv: Die „malenden Frauen“ erinnern an die Aufbruchstimmung. Foto: am


Es waren die goldenen Zeiten der Stadt, als Rothenburg eine Reichsstadt war. Am 15. Mai 1274 begann der Aufstieg Rothenburgs mit der Erhebung zur „Reichsstadt“ durch den deutschen König Rudolf von Habsburg.
Wohl kein anderes Ereig­nis erwies sich als so einschneidend für die Stadtgeschichte, denn die damit verbundenen Privilegien sorgten für einen erheblichen Bedeutungszuwachs im ausgehenden Mittelalter.
Rothenburg wurde zu einem politischen Machtzentrum ersten Ranges. Daneben war man mit über 6000 Einwohnern auch eine der größten Städte im alten Reich geworden. Doch Ruhm und Größe sind selten von Dauer.
Der Dreißigjährige Krieg und der Beschluss Napoleons, Rothenburg dem Königreich Bayern zuzuschlagen, waren markante Einschnitte und läuteten den Abstieg ein. 1802 endete die reichsstädtische Zeit. 
Grund zu feiern gibt es aber genug: 528 Jahre Stadtgeschichte als Reichsstadt. Seit 1974 finden alljährlich die Reichsstadttage statt. Vom 4. bis 6. September verwandelt sich Rothenburg daher wieder in eine Art Zeitkapsel, die vom Leben und den Menschen aus fünf Jahrhunderten bevölkert wird.
Weit über 1000 Einheimische haben sich in historischen Gruppen organisiert, die sich jeweils einen bestimmten Zeitraum und eine dem entsprechende Gesellschaftsschicht zum Vorbild genommen haben.
Das Festwochenende beginnt am Freitagabend mit dem Einzug der historischen Gruppen von der Doppelbrücke über das Kobolzeller Tor hinauf zum Marktplatz. Dort wird jede Gruppe einzeln vorgestellt. Anschließend erstrahlt das Rathaus in einem musikalisch umrahmten Fassadenfeuerwerk und im Rathaus-Lichthof werden die Gäste bewirtet.
Am Samstag ist dann ab 11 Uhr Leben in der Stadt. Vor dem Rödertor lagert die „Ritterschar 1274“ und empfängt die Besucher mit Fechtvorführungen, Gauklerei und kleineren Ritterturnieren. Innerhalb der Mauern der Altstadt lagern Gruppen an festen Plätzen, wieder andere ziehen singend und spielend durch die Stadt.

Am besten ist es, man begiebt sich schlendernd auf Entdeckungstour. Die Münzer von Rothenburg prägen am Marktplatz echte Münzen. Mit historischen Geräten und jeder Menge körperlichem Einsatz ist das knallende Prägegeräusch schon von der Ferne zu hören.
Ebenfalls am Marktplatz gibt es am Samstag um 13 und um 14.30 Uhr auf der Bühne szenische Schlaglichter aus der reichsstädtischen Zeit, unterhaltsam aufbereitet, zu sehen.
Aufführung im Kaisersaal
Auch das Historische Festspiel führt am Samstag, um 15.30 und um 18 Uhr, im Kaisersaal des Rathauses das Bühnenstück „Der Meistertrunk“ mit der Geschichte um die Befreiung Rothenburgs im Dreißigjährigen Krieg auf.
Die Reichsstadttage Rothenburg sind ein Fest, das sehr nahe am Publikum ist (das detaillierte Programm befindet sich in dieser ROTOUR-Ausgabe auf den Seiten 40/41). Die meisten Gruppen bieten kleine Mitmachmomente an. In der Herrngasse lagern mehrere Gruppen und führen Gerichtsverhandlungen zur Zeit des Mittelalters vor, versenken den Bäcker wegen zu kleiner Brötchen im Brunnen oder laden Gäste zu einer Kostprobe an der Schnupfmaschine ein.
In Richtung Plönlein zeigen die Frauen den Aufbruch der Malerei um 1900 und ein paar Schritte weiter, bei der Rossmühle, lagert
der Hofstaat des Königs Rudolf I. von Habsburg und am Sonntag die Kroaten des Festspiels.
Die Marketenderinnen ziehen singend durch die Stadt, die Gauklergruppe „Mummenschanz“ erzählt die neuesten Geschichten und am Sonntag tanzt und singt die Stadtpfeifferey im Burggarten und Goethe-Gar-ten.
Auch der Rothenburger Künstlerbund bietet vor der Fleischhalle am Marktplatz zwei Vorführungen an, bei denen mithilfe eines kleinen Brennofens und vorgefertigter Formen Zinn gegossen wird. In der Halle wird an der großen, historischen Druckpresse die profes­sionelle Herstellung von Druckgrafiken demonstriert. Los ist also jede Menge, und bei warmem Sommerwetter kommt auch die historische Feuerwehr zum Einsatz. Mit altem Gefährt und in traditionellem Gewand sorgen sie für Abkühlung in den Gassen – und natürlich für so manchen Lacher bei den Besuchern aus aller Welt.am