Alles aus einer Hand Sep01


Alles aus einer Hand

Die Röttinger Firma Winkler Design fertigt Bordküchen und Gemeinschaftsverpflegung

Die für täglich 750 Essensteilnehmer konzeptionierte Thekenanlage in der Zentrale von PERI in Weißenhorn stammt aus Röttingen. Foto: Schmitt

Die für täglich 750 Essensteilnehmer konzeptionierte Thekenanlage in der Zentrale von PERI in Weißenhorn stammt aus Röttingen. Foto: Schmitt

Manches spielt sich zwar in der großen weiten Welt ab, hat seinen Ursprung aber in Unterfranken: Sollten Sie mal wieder reisen und vielleicht im Bordrestaurant des Rocky Mountaineer sitzen (lange Zeit der längste Reisezug Kanadas, der durch die Rocky Mountains fährt) oder im Hochgeschwindigkeitszug „Giruno“ bei der Fahrt durch den Gotthard Tunnel Hunger bekommen, dann erleben Sie, was die Firma Winkler Design aus dem unterfränkischen Röttingen alles kann.

Das 1921 gegründete Unternehmen plant, konstruiert und baut Bordküchen für Schienenfahrzeuge. Konkurrenz haben sie kaum. „Einige haben es versucht, aber unterschätzt, was letztendlich dahinter steckt“, sagt Rudi Schmitt. Und der muss es wissen. Seit fast 40 Jahren arbeitet er bei Winkler Design, seit 26 Jahren ist er der Werksleiter.

Die Unterfranken sind ein zurückhaltendes Volk. Was sie können, hängen sie nicht an die große Glocke. Sie verwenden ihre Energie darauf, ihre Arbeit perfekt zu machen. Also kommt da noch mehr: Winkler Design ist nicht nur im Railway-Segment stark, sondern fertigt Gemeinschaftsverpflegungen für Firmen wie BMW, Daimler, Airbus, RTL oder den Springer Verlag. Früher sagte man dazu Kantinen. Was das Werk in Röttingen verlässt, ist eher eine kulinarische Erlebniswelt auf technisch höchstem Niveau, die täglich Zigtausende von Mitarbeitern satt machen und motivieren soll.

Los ging alles 1921. Georg Winkler hat in Röttingen die ersten Kühlmöbel gebaut – aus Holz und mit Fächern für Stangeneis. Schon 1925 hat das Unternehmen begonnen, Edelstahl zu verarbeiten und seine Kompetenzen in der Gastronomie ausgebaut.

Von Beginn an war die individuelle Planung und die Verarbeitung verschiedenster Materialien eine Besonderheit. Alles aus einer Hand, das wollten einst kleine Gaststätten und heute brauchen das internationale Unternehmen. Aus den engagierten Anfängen ist ein moderner Firmensitz mit Bürogebäude und einer 5 000 qm großen Fertigungshalle in Röttingen geworden.

Spezialisten am Werk
Rudi Schmidt führt mit sichtbarer Begeisterung durch die Halle – von der Edelstahlverarbeitung über die holzverarbeitende Abteilung bis hin zu den Kunststoffspezialisten. Rund 70 Mitarbeiter hat das Unternehmen. Dazu zählen in der Fertigung Schreiner, Metallbauer, Elektriker und Monteure ebenso wie Projektleiter und Ingen­ieure.
Jedes Material hat seinen Spezialisten. Die Edelstahlmöbel der Großküchenelemente werden ebenso individuell gefertigt wie das optische Design mit abgerundeten Ecken aus Kunststoff oder Holz. Die Wege sind kurz, Absprachen schnell getroffen. „Unser Vorteil ist, dass wir alle Materialien direkt hier im Haus verarbeiten können“, erklärt Rudi Schmitt.

Dazu kommt, dass jeder Auftrag von einem Projektleiter betreut wird und der Kunde stets den gleichen Ansprechpartner hat. Der Service hat längst überzeugt. Unternehmen wie S. Oliver oder Airbus lassen bei Winkler Design ihre Anlagen zur Gemeinschaftsverpflegung realisieren.

Die einstigen „Kantinen“ gehören mittlerweile zu den weichen Standortfaktoren für Großunternehmen. Hier geht es längst nicht mehr nur darum, den Hunger zu stillen, sondern die Unternehmensphilosophie soll durchscheinen. Meist sei ein Planungsbüro vorgeschaltet, erklärt Schmitt. Die einzelnen Installations-, Ausstattungs- und Produktionspläne werden dann direkt von Winkler Design erstellt.

Sind alle Zeichnungen fertig und vom Kunden freigegeben, werden sie in die Fertigungsprogramme transformiert. In der Halle stehen modernste Maschinen. Daneben sieht man aber auch Mitarbeiter sitzen, die in akribischer Handarbeit wichtige Details anpassen.

„Unsere Fertigungstiefe ist ein klarer Wettbewerbsvorteil“, so der Werksleiter. Beim Gang durch die Fertigungshalle kann er jedes Element sofort zuordnen. Mal ist es ein Auftrag, der nach Schweden geht, mal eine Verpflegungseinheit für ein Studentenwerk.

Als Komplettanbieter fertigt Winkler Design nicht nur die Edelstahlmöbel für die Großküchenanlagen oder das Thekendesign, sondern sorgt herstellerunabhängig auch für die komplette Küchentechnik in den Bereichen Thermik, Spülen, Zubereitung und Ausgabe.

Ein Rundum-sorglos-Paket
Um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren, gibt es bei Winkler Design auch das zugehörige Kleininventar für Großküchen und den Gastronomiebedarf. Die Teller müssen schließlich auf die Stapler in den Speisenausgaben abgestimmt sein. „Unser Mehrwehrt: Alles aus einer Hand“, fasst Rudi Schmitt kurz und bündig das Erfolgsgeheimnis zusammen.
Und weil die Röttinger so gut sind und sich das herumgesprochen hat, sind auch Unternehmen aus dem internationalen Schienenfernverkehr auf sie aufmerksam geworden. Von der Stange passt im engen Zug sowieso nichts, also bedarf es einer individuellen Planung und Fertigung. Genau das, was die Röttinger seit Jahrzehnten machen.

So sieht ein Bordrestaurant von Winkler Design im fertigen Zustand aus – hier im polnischen Zug „PESA“. Foto: Friedsam

So sieht ein Bordrestaurant von Winkler Design im fertigen Zustand aus – hier im polnischen Zug „PESA“. Foto: Friedsam

Schon Ende der 60er-Jahre hat Winkler Design erste Bordrestaurants gebaut. „Richtig los ging es Mitte der 80er-Jahre mit den Restaurants im ICE 1“ , weiß Rudi Schmitt. Aufgrund der bereits vorhandenen Fertigungstiefe konnte das Unternehmen seine Kompetenzen ausbauen und gehört längst zu den europaweiten Marktführern bei der Ausstattung von Theken- und Küchenanlagen im Railway-Segment. Die Einbauten müssen dabei speziellen Anforderungen im Bereich Brandschutz und bei der Wirkung von Fliehkräften entsprechen.

„Nach den Designvorlagen entstehen alle weiteren Pläne in unserem Haus“, sagt Rudi ­Schmitt. Mitunter wird ein komplettes Bord­restaurant als „Mockup“ (Vorführmodell) im Röttinger Werk aufgebaut. Die Entscheider internationaler Unternehmen informieren sich dann vor Ort.

Die Bordküchen von Winkler Design sind nicht nur im canadischen Rocky Mountaineer zu finden, sondern auch in der Schweizer Mariazellerbahn, im ICE 1 bis 3, in britischen Zügen (Arriva, Virgin Voyager u.a.), in den italienischen Hochgeschwindigkeitszügen ETR 500 und 100 sowie in spanischen, polnischen und schwedischen Zügen.

Alle Bordküchen werden zwar individuell für das jeweilige Schienenfahrzeug geplant, dann aber in Serie in mehrere der Zugmodelle eingebaut. Liegt beim „Golden Leaf“ (Rocky Mountaineer) die Stückzahl bei zehn, so sind es beim ETR 500 schon mal 50 Bordküchen mit Steigerungspotenzial. „Die Projekte laufen dann über mehrere Jahre“, merkt Rudi Schmitt an.

Winkler Design steht auf einem festen Fundament. Dazu beigetragen hat auch die familiengeführte und international operierenden Wirthwein-Gruppe mit Stammsitz in Creglingen. Seit 1995 gehört Winkler Design zu Wirthwein, die ebenfalls Kompetenzen im Schienenbereich haben. Hier werden u.a. Kunststoffkomponenten für die Befestigung der Schienen auf den Schwellen gefertigt. am