Weltoffen – Lebenslust: Ein Café mit Esprit Jun01


Weltoffen – Lebenslust: Ein Café mit Esprit

Direkt gegenüber von der St.-Jakobs-Kirche ist die Lebenslust zu Hause. Im Herzen Rothenburgs gibt es einen Ort der Entspannung: Kein Radio, keine Nachrichten, keine unbequemen Stühle, sondern bunt bemalte Säulen, Bilder an der Wand, Sofas, wie aus Großmutters Zeit, Smoothies, Waffeln, Café und genussvolle Kleinigkeiten. „Wir waren anfangs vom Andrang überrascht“, erzählt Yvonne Schäff (31). Mit ihrer Schwester Nadine (26) führt sie gemeinsam das Café Lebenslust. Dass es das Café Lebenslust überhaupt gibt, ist eine logische Konsequenz der Entwicklungen. Lebenslust kann man sich nicht verordnen, die muss von selbst ans Licht drängen.
Alles begann mit dem Haus, nämlich eben jenem gegenüber der St.-Jakobs-Kirche. „Wir sind eine große Familie und haben einen Ort gesucht, an dem alle zusammenkommen können“, erklärt Nadine Schäff. Ihre Mutter Sonja Rüter und deren Mann Horst Fechner wurden auf das Anwesen in der Kirchgasse 5 aufmerksam: Ein 600 Jahre altes, enovierungsbedürftiges Haus, das viel Arbeit aber auch viel Raum für Ideen bereithielt. Gemeinsam hat die Familie angepackt und daraus ein Schmuckstück gemacht.
Dabei stellte sich die Frage, was soll mit dem Erdgeschoss passieren? Yvonne Schäff, kaufmännische Fachwirtin und mittlerweile Mutter von zwei Kindern, hatte vom Bürojob genug. Nadine Schäff, Gestalterin für visuelles Marketing und eigentlich in Ingolstadt zu Hause, war begeistert von den künstlerischen Möglichkeiten, die sie im Zuge des Umbaus einbringen konnte. Eine Neuorientierung stand für beide an, und so kam die Idee auf, gemeinsam ein neues Projekt zu initiieren: Das Café. „In der Vorweihnachtszeit haben wir im Innenhof dann mit Glühwein- und Waffelverkauf getestet, ob der Ort angenommen wird“, erklärt Yvonne. Das lief gut und so hat sich die Familie daran gemacht, das Café Lebenslust zu realisieren.

Mönche aus Tibet haben im Café Lebenslust Station gemacht.

Mönche aus Tibet haben im Café Lebenslust Station gemacht.

„Wenn der Familienzusammenhalt passt, dann kann man das reißen“, sagt Nadine Schäff. Der eine Bruder ist Malermeister, der andere Zimmermann und Bautechniker. Beide haben mit angepackt. Von Anfang an war klar, dass hier kein hochmodernes, LED-beleuchtetes Café entstehen soll. Der Charme des Alten lebt im Lebenslust.
„Vieles von dem Inventar stand noch im Haus und erzählt somit auch eine Geschichte“, stellt Nadine fest. Ein altes Sofa, Bilder, ein Bücherregal, die Literatur dazu und vieles mehr entdeckten die Schäffs im Zuge der Renovierung des Hauses. Die Möbel wurden aufbereitet und mit Stoffen mit dem gewissen Etwas überzogen und haben den Weg ins Café gefunden. Die Decke im Gastraum wurde im Zuge des Umbaus wieder freigelegt, ebenso der alte Holzboden. Dort, wo er durch alte Stellwände beschädigt war, hat Nadine Schäff Mosaiksteine verlegt. Die Säulen haben die beiden Schwestern gemeinsam bemalt. Im Café Lebenslust ist nichts von der Stange – und genauso wollten die beiden das auch.
Im April 2016 war Eröffnung, „Und wir sind echt überrannt worden“, erzählt Yvonne Schäff. Die anfängliche Überraschung ist längst einer Professionalität gewichen, ohne dass Yvonne und Nadine Schäff ihre persönliche Handschrift verändert haben. Das Café Lebenslust hat sich als Oase inmitten der Hektik des Tages etabliert. Zum Café ist ein stimmungsvoller Innenhof gekommen, der an heißen Sommertagen genau das Richtige ist.
Auf der Speise- und Getränkekarte finden sich neben den Klassikern ausgewählte Besonderheiten, die dem modernen und genussvollen Zeitgeist entsprechen. Smoothies, Chiabatta und frischer Ingwertee neben Cappuccino, regionalen Bieren und einer üppigen Frühstücksauswahl. „Der Gast soll sich bei uns entspannen können“, so die beiden Chefinnen, die etwa sieben bis zehn Mitarbeiter beschäftigen. Täglich von 9 bis 18.30 Uhr (Dienstag ist Ruhetag) hat das Café geöffnet.

Ein Buffet im Café Lebenslust, wie zum Beispiel am Muttertag, hat leckeres und Gesundes zu bieten. 			                  Fotos: Privat

Ein Buffet im Café Lebenslust, wie zum Beispiel am Muttertag, hat leckeres und Gesundes zu bieten. Fotos: Privat

Raum für Ideen
Dass aus dem Hausprojekt ein Café entstanden ist, war der erste Schritt. Aber auch das Café hat sich weiter entwickelt. Das Café Lebenslust ist zum Veranstaltungsort geworden. Kunst, Kultur, Lesungen, Festivals bis hin zur Kinderdisco zeigen, dass Gastronomie mehr kann. Yvonne und Nadine Schäff sind weltoffene Menschen – und so führen sie auch ihr Unternehmen.
Im Frühjahr 2017 kamen buddhistische Mönche und Tänzer vom Dach der Welt im Rahmen ihrer Europatour (wo sie Spenden für eine Schule in Ladakh sammelten) ins Café Lebenslust. Der Autor Gunter Haug hatte eine Büchervorstellung im Café, eine Afterparty ganz in Weiß gab es, ausgewählte Bands treten hier auf. Das erste Träumen & Machen-Festival fand im Januar im Gesamtambiente des Cafés statt.
Neu ist der Mamatreff, der jeden zweiten Mittwoch im Monat von 9 bis 10.30 Uhr stattfindet und gleich beim Start sehr gut angenommen wurde. Dass das Café beliebt ist, zeigt sich daran, dass mittlerweile die Anfragen für Veranstaltungen zahlreich eingehen. Nadine und Yvonne Schäff lassen es zu, dass sich das Café entwickelt. So mehrten sich die Anfragen für private Festlichkeiten und daher werden nun im Café Lebenslust Geburtstage, Hochzeiten und andere Festlichkeiten ausgerichtet. Geschlossene Gesellschaften sind auch außerhalb der üblichen Öffnungszeiten möglich.
Nach drei Jahren Gastronomie wissen Nadine und Yvonne Schäff, dass sie sich hier ein Stück weit selbst verwirklichen können und „voll dahinter stehen“. Zahlreiche positive Rückmeldungen haben die beiden bekommen. Gute Kontakte und Freundschaften sind entstanden. Auch zu den Nachbarn. Man unterstützt sich, wohl wissend, dass wieder Leben in der Gasse ist.
So ist aus einem Familienprojekt nicht nur ein neu bewohntes Haus und ein Café für alle, sondern auch das Wiederaufleben eines lebendigen Miteinanders in einer der ältesten Straßen Rothenburgs geworden.

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