Stille in St.-Jakob Mrz03


Stille in St.-Jakob

Die Rieger-Orgel wird abgebaut und gereinigt

Gute 52 Jahre war sie die Stimme von St.-Jakob. Nun herrscht Stille. Aber nur für einige Wochen, denn dann kommt die Rieger-Orgel wieder zurück. Fein austariert, mit hellem und klarem Klang, soll sie spätestens im Juni wieder im Einsatz sein. Kein Stäubchen, keine Ablagerung, nicht die kleinste Spur von Alter wird sie dann noch haben, denn seit 7. Januar wird jedes Detail dieses imposanten Instruments überholt und gereinigt.

Die Rieger-Orgel wird in ihre Einzelteile zerlegt. Ein Gerüst macht die verschiedenen Ebenen zugänglich. Foto: Pfitzinger

Die Rieger-Orgel wird in ihre Einzelteile zerlegt. Ein Gerüst macht die verschiedenen Ebenen zugänglich. Foto: Pfitzinger

Ein stählernes Gerüst umschließt die Orgel, denn zwei Spieltische, zwei Prospektseiten, 69 Register und etwa 5 500 Pfeifen stehen zur Disposition. Der Abbau der mobilen Teile der Rieger-Orgel ist in sechs Etagen eingeteilt und auf jeder gibt es ein Innen- und Außenleben, das zumindest einen Laien erstaunen lässt.

Zwei Firmen sind mit der Generalsanierung der Orgel beauftragt: Orgelbau Sandtner aus Dillingen und Orgelbau Benedikt Friedrich aus Oberasbach. Beide haben im Orgelbau einen renommierten Namen und arbeiten mit rund fünf Mitarbeitern auf der „Baustelle“, denn so mutet das Instrument augenblicklich an.

Detaillierte Planung
Ein handbetriebener Aufzug von der Chorempore und ein zweiter Seilaufzug erleichtern den Abtransport der ausgebauten Orgelpfeifen. Fein sortiert liegen sie auf den jeweiligen Ebenen bereit. „Die kleinste Pfeife ist ohne Fuß etwa 9 mm groß“, erklärt der Dillinger Orgelbaumeister Norbert Bender. Die Größte bringt es auf rund fünf Meter.

Kommt da nicht schnell mal was durcheinander? „Das ist schon eine logistische Herausforderung“, erklärt Bender. Aber jede Pfeife ist gekennzeichnet und wird nur in sortierten Einheiten abtransportiert. Bis auf einige der größten Pfeifen werden alle in die Werkstatt nach Dillingen gebracht und dort gesäubert: das bedeutet ausgebürstet, abgewischt, eventuelle Schäden werden beseitigt oder Verschleißteile ersetzt.

Die beiden Orgelbaufirmen arbeiten nicht nur beim Abbau Hand in Hand. Das Dillinger Unternehmen ist für die beiden Spieltische, die Erneuerung und Erweiterung der elektronischen Spiel- und Registertraktur und für das Reinigen und Intonieren des Pfeifenwerks zuständig. Die Firma Friedrich kümmert sich daneben vermehrt um die Windanlage, die Windladen und die Reinigung vor Ort. Projektleiter Robert Schmidt betreut die Rieger-Orgel seit 25 Jahren und kennt das Instrument bestens.

Besonderes Instrument
Die unter Denkmalschutz stehende Rieger-Orgel ist noch im Originalzustand erhalten. „In das Klanggut wurde nie maßgeblich eingegriffen“, erklärt Schmidt. Das ist eine Seltenheit, denn viele Orgeln wurden während der Jahrzehnte ihres Bestehens modernisiert oder erweitert. Die Sanierung soll daher im Anschluss auch zeigen, was schon damals klanglich geschaffen wurde. „Die Orgel soll wieder klingen wie vor 52 Jahren“, wünscht sich Kantorin Jasmin Neubauer.

Die Rothenburger Rieger-Orgel ist mit 69 Registern eine der größten Orgeln in den evangelischen Kirchen Bayerns und zieht regelmäßig interessierte Fachleute an. Josef von Glatter-Götz, der damalige Inhaber der österreichischen Orgelbaufirma Rieger in Schwarzach (Vorarlberg), orientierte sich bei der Konzeption der Orgel für die St.-Jakobs-Kirche an der romantischen Orgel Frankreichs, was im Erbauungsjahr noch weitgehend unüblich war.

Julia Bender von der Firma Sandtner holt mit dem handbetriebenen Aufzug die abgebauten Pfeifen der Orgel auf die Empore. Hier werden sie verpackt und per zweitem Aufzug abtransportiert. Foto: am

Julia Bender von der Firma Sandtner holt mit dem handbetriebenen Aufzug die abgebauten Pfeifen der Orgel auf die Empore. Hier werden sie verpackt und per zweitem Aufzug abtransportiert. Foto: am

Die Revisionsarbeiten an der Orgel sind daher aufgrund der Größe und Strahlkraft des Instruments auch für die beiden Orgelbaufirmen etwas Besonderes. „Ende März soll die technische Sanierung beendet sein“, erklärt Norbert Bender den Zeitplan. Mit etwas Glück gibt es bis dahin im Umfeld der Kirche noch eine Seltenheit zu erleben, denn einige der größten Pfeifen werden nicht abtransportiert, sondern direkt vor Ort – außerhalb der Kirche – gereinigt. Danach sind etwa sechs bis acht Wochen für den Rückbau der Pfeifen und die Intonisierung eingeplant.

Die aufwendigen Arbeiten sind mit Kosten von rund 300 000 Euro veranschlagt, die die Kirchengemeinde weitgehend selbst trägt. Daher werden Patenschaften für einzelne Pfeifen angeboten, die zwischen 20 und 300 Euro liegen.

Spätestens im Juni soll die Rieger-Orgel dann wieder erklingen. Kantorin Jasmin Neubauer hat im Vorfeld einige Stücke aufgenommen, um die klanglichen Unterschiede hörbar zu machen. Mitte Juni soll die blitzblanke und wohlklingende Orgel dann offiziell mit einem Konzert eingeweiht werden. Nähere Informationen dazu sind aktuell noch abhängig von der Entwicklung der Coronapandemie. am