Spaß an Boards Jan07


Spaß an Boards

„Bredlbude e. V.“– das erste begehbare Snowboardmuseum in Reinsbronn

„Snurfing“ – Ein Tippfehler oder schon wieder ein neuer Trend aus den USA? Nein, der Snurfer ist Vorreiter des Snowboards und wurde 1965 vom US-Amerikaner Sherman Poppen kreiert. Als er seine 11-jährige Tochter mit dem Zugseil in der Hand, auf dem Schlitten stehend den Hang hinunterfahren sah, rannte Poppen in seine Werkstatt, holte zwei Skier und band sie an den Spitzen zusammen. Seine Frau nannte das Gerät „Snurfer“, eine Mischung aus den Worten Snow und Surfen. Der Prototyp des ersten Snowboards war geboren.
Das und noch viel mehr fanden die Freunde, Claus Gröger und Alexander Naumann aus Reinsbronn bei Creglingen gemeinsam heraus. Seit nunmehr 20 Jahren verbindet sie der Snowboardsport und die damit verbundene Sammlerleidenschaft.

ROTOUR: Claus Gröger und Alex Naumann mit ihren Bredlbudenfreunden. Foto: Privat

Claus Gröger (hinten li.) und Alex Naumann (vorne re.) mit ihren Bredlbudenfreunden. Foto: Privat

Museum in der Garage

Jeder für sich war einige Jahre im Internet und auf dem Sperrmüll unterwegs, um alte Snowboards zu finden. Mit der Zeit landete so manches wertvolle Stück in der jeweiligen Garage.
Eine der ersten Errungenschaften waren besonders wertvolle Snowboards von Jake Burton (USA), der mit dem ersten selbstgebauten Snurfer mit Stahlkanten und Bindung ein Pionier der ersten Snowboard-Stunde wurde. Auch Exponate des Snowboard- und Skateboardweltmeisters, Tom Sims (USA) sind museumsreife Objekte, die sich sehen lassen können.
Sims wird neben dem ersten kommerziellen Snowboard mit Stahlkanten, die marktreife Entwicklung von Longboards (Vorreiter des heutigen Skateboards) zugeschrieben.
Mehr und mehr wurde die Garage zum Ausstellungsort und Treffpunkt für kleine Veranstaltungen. „Die Bretter kommen zu verschiedenen Anlässen zum Vorschein: „Im Sommer 2013 luden wir erstmals Freunde, Bekannte aber auch alle Interessierten zu unserem ersten Garagenfest ein.
Mit unserem Burgergrill, Skateboardangeboten auf der Straße und der Besichtigung unserer Sammlung, konnten wir so manch einen für unser Hobby begeistern“, erzählen die Freunde von den Anfängen ihrer „Bredlbude“. Später kamen „Zwiebelblootzabende“, eine Weihnachtsfeier und verschiedene Heimatabende zustande. Mit den Erlösen unterstützen die mittlerweile sieben Bredlbudenfreunde unter anderem die Reinsbronner Kinderkirche.
„Zwei Jahre haben wir mit unserer Ausstellung und Aktionen in der Garage gelebt“, so Alexander Naumann, der Schreiner und Tüftler unter den Snowboardern.
Gebäude fürs Museum
2014 bot sich die Gelegenheit, das ersehnte Snowboard-Museum in das leerstehende Haus von Stefan Hofmann, dem Organisationstalent der Gruppe, einzurichten“.
Das künftige Museum „Bredlbude“ renovierten die Freunde etappenweise über zwei Jahre hinweg.
Mit alten Balken schaffte Naumann einen Raumteiler, um die Ausstellungsfläche im Untergeschoss zu verdoppeln. Sitzgelegenheiten entstanden aus alten Sesseln einer Liftanlage oder aus einzelnen Snowboards.
Eine Skaterbahn und Longboards fürs „Land up paddling“ sind ebenfalls der Kreativität des Tüftlers Alex Naumann zu verdanken.
Aber damit nicht genug, denn die Freunde Gröger und Naumann hatten schon lange den Prototyp ihres ganz individuellen Boards im Kopf. In ihrer eigens eingerichteten Werkstatt bastelten die zwei Freunde eigene Snowboards mit individuellem Design. Im Kern bestehen die Boards aus Esche, Pappel oder Bambus. Mit Glasfaser oder Carbon, manchmal auch mit beiden Stoffen, je nach Härtegrad, Körpergewicht und Belag, wird der Kern versiegelt.
Die in klassischer Sandwitchbauweise geschichteten Materialien erhalten durch den sogenannten Vakuumsack ihre endgültige Form. „Kaum jemand weiß, dass die Entwicklung der Snowboards der Bauweise des heutigen Carving-Skis entspricht“, so Claus Gröger.
Heute ist das erste begehbare Snowboard-Museum Deutschlands mit Verleih, Reparatur- und Winterservice ein beliebter Treffpunkt für Gleichgesinnte. Freunde und Snowboarder können ihr Board zum Kantenschleifen und Wachsen zu den ehrenamtlichen Mitgliedern der Bredlbude bringen. „Dafür nehmen wir nichts. Wer spenden möchte, kann etwas geben. Davon wird wieder Wachs und Schleifmaterial gekauft. „Wir freuen uns wenn wir Leute finden, die die Liebe zum Board teilen. Dass ist unsere ganze Motivation“, so Naumann.

ROTOUR: Alljährliche Ausfahrt mit "historischem Gerät" aus dem Snowboard-Museum.

Alljährliche Ausfahrt mit „historischem Gerät“ aus dem Snowboard-Museum. Foto: Privat.

Museum auf der Piste

Mit dem gewonnenen Know-how boten die kreativen Tüftler 2017 einen Workshop zur Herstellung eines eigenen Snowboards nach dem Vorbild der alten Pioniere Sims und Burton an. Es entstanden einzigartige Stücke, die zum Testlauf mit auf die Piste genommen werden und für so einiges Aufsehen sorgen. Zwei mal im Jahr bietet der 2019 frisch gebackene „Bredlbude e.V.“ eine Ausfahrt ins Montafon, Österreich und nach Leermoos auf die Zugspitze zum Selbstkostenpreis an, um das gesammelte „historische Gerät“ wieder einmal im Schnee auszuprobieren.
Bei dieser Gelegenheit stellen sie einen Teil ihres Museums praktisch auf den Pisten aus und bringen ein Stück Snowboard-Geschichte unter die Menschen.
Ein befreundeter Snowboardlehrer, Felix Kuhweg, bietet kostenlosen Snowboardunterricht an. Die Ausrüstung stellt der Verein Bredlbude e. V. inklusive Helm und Snowboard unentgeldlich zur Verfügung.
Bei gemeinsamen Besuchen auf dem jährlichen LBC (Longboard-Classic) Treffen am Arl­berg, das 1999 von der Snowboardlegende Paul Gruber (CH) gegründet worden war, kamen sie in Kontakt zu der Stiftung „Skate-aid“. Der Gründer und Sportpädagoge, Titus Dittmann, befasst sich seit mehr als 40 Jahren mit Skateboarden und dessen pädagogischem Potenzial.
Seine Stiftung unterstützt Integrationsarbeit von Kindern aus Krisengebieten, insbesondere in Drittländern. Der mittlerweile aus sieben Mitgliedern bestehende Verein unterstützt mit dem Erlös ihrer ausgefallenen Veranstaltungen und Boardservices die Stiftung „Skate-aid“.
Das Museum in Reinsbronn ist in der Regel freitags geöffnet. Anfragen bei Claus Gröger unter Tel.: 0151-61307030. ul