Schwarze Kunst Okt01


Schwarze Kunst

Sommers Altes Druckerei-Museum

In der heutigen digitalen Welt ist es schwer vorstellbar, welch großer Aufwand einst hinter einem gedruckten Buch oder einer Zeitung steckte. Das Museum „Sommers Alte Druckerei“ in Feuchtwangen gibt einen praktisch-lebendigen Einblick in das traditionelle Handwerk. Bei einer Besichtigung der Lagerhalle mit alten Druckerpressen und Setzerwerkzeugen rief der Feuchtwanger Bürgermeister Patrick Ruh aus: „Das muss erhalten bleiben“.

Reiner Haimerl nutzt die Linotype Setzmaschine (Erfindung von Ottmar Mergenthaler aus Bad Mergentheim im Jahr 1886) heute noch zur praktischen Veranschaulichung alter Druckkunst. Fotos: ul

Reiner Haimerl nutzt die Linotype Setzmaschine (Erfindung von Ottmar Mergenthaler aus Bad Mergentheim im Jahr 1886) heute noch zur praktischen Veranschaulichung alter Druckkunst. Fotos: ul

Der erste Mann der Stadt bat den Besitzer Peter Sommer im Jahr 2012 um eine Ausstellung im Rahmen der Kreuzgangspiele. „Dann mache ich Ihnen ein Museum“, versprach Ruh. Bereits am 11. April 2013 wurde das Museum „Sommers Alte Druckerei“ eröffnet.

Hier lassen sich die Anfänge der „Schwarzen Kunst“ bis in die 80er Jahre praktisch nachverfolgen. Alle Maschinen sind noch vollkommen funktionsfähig und werden in Workshops für Schulkinder oder Kindergartenkinder genutzt. Die Teilnehmer setzen und drucken beispielsweise eine Druckplatte durch Eindrücken von Motiven in einer Styroporplatte nach fachkundiger Anleitung. Die Druckplatte kann bunt eingefärbt und auf Papier oder eine Leinentasche gedruckt werden. Führungen für Klassen, Besuchergruppen aber auch für Einzelpersonen geben einen faszinierenden Einblick in die Welt des traditionellen Buch- und Zeitungsdrucks. Reiner Haimerl, studierter Papierverarbeitungstechniker, leitet das Museum nach dem Tod von Peter Sommer im April 2020 weiter. Der immer zu einem Späßchen aufgelegte Druckfachmann hat viel Freude daran, nicht nur jungen Menschen das Handwerk seines beruflichen Lebens praktisch nahezubringen. „Sommers Alte Druckerei“ ist ein Museum zum Anfassen und Selbermachen.

Was Gutenberg wirklich erfand
Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg (1400 bis 1468) erfand die Druckerpresse; Gutenberg entwickelte den Buchdruck mit beweglichen Lettern. All das sind Aussagen, von denen keine wirklich stimmt. Bewegliche Druckbuchstaben (Lettern) werden einem chinesischen Schmied um 1040 zugeschrieben und das koreanische Werk „Jikji“ gilt als das älteste erhaltene, mit Metall-Lettern gedruckte Buch überhaupt. Also, was ist denn nun der Verdienst Gutenbergs?

Im Gegensatz zu dem bereits bekannten Blockdruckverfahren, bei dem jede einzelne Seite von einem aus Holz geschnittenen Druckstock bedruckt wird, entwickelt Gutenberg die revolutionäre Methode, Bücher mit beweglichen Lettern aus gegossenem Metall zu setzen.

Für die Herstellung der einzelnen Lettern entwickelte er ein Handgießinstrument. Gutenberg stellt auch eine neue Rezeptur für die Druckfarbe her und eine leistungsfähige Druckpresse. „Die für den einstigen Holztafeldruck verwendete Farbe war zu dünnflüssig. Stattdessen verwendete er eine Mixtur aus Leinölfirnis, die in ihrer Konsistenz zäher war und auch schneller trocknete“, erzählt Haimerl aus seinem Erfahrungsschatz. Zusammenfassend kann man sagen, dass Gutenberg eher existierende Techniken verbesserte und sie zu einem Gesamtsystem verband.

Die einzelnen Lettern (Buchstaben) werden in den „Winkelhaken“ nacheinander eingelegt und zu einem Text in einem Metallrahmen zu einer Seite (Druckform) zusammengefasst.

Die einzelnen Lettern (Buchstaben) werden in den „Winkelhaken“ nacheinander eingelegt und zu einem Text in einem Metallrahmen zu einer Seite (Druckform) zusammengefasst.

Drucktechnik mit Metall-Lettern
Die Linotype Setzmaschine (erstes Foto), erfunden von Ottmar Mergenthaler aus Bad Mergentheim wurde 1886 erstmals in Betrieb genommen. Das Zusammensetzen der Lettern in mühsamer Kleinstarbeit (siehe zweites Foto) wurde künftig durch die Maschine ersetzt. Als Mergenthaler die Maschine das erste Mal ausprobiert hat, vergaß er das „f“ und herauskam die Zeile „line o(f) type“, zu Deutsch „Zeile mit Buchstaben“. So entstand der Name „Linotype“.

Ein Magazin enthält die einzelnen Lettern in verschiedenen Schriftarten und Größen, die beim Drücken einzelner Tasten in einer Zeile gesammelt und automatisch ausgeglichen werden. Die in „Sommers Alter Druckerei“ stehende Maschine (eine Spende aus dem Rotabene Verlagshaus Rothenburg) ist eine von zwei existierenden elektrisch hergestellten Setzmaschinen, die den Guss einzelner Zeilen aus Blei ermöglicht. Auf eine Rarität, den sogenannten „Boston-Tiegel“ (eine hand-, fuß- oder motorbetriebene Tiegeldruckpresse für den Buchdruck) ist Haimerl besonders stolz. Das Exponat ist der Feuchtwanger Familie Kurz zu verdanken, die die Maschine dem Museum zur Verfügung gestellt hat. Wenn man bedenkt, dass die Gutenberg-Technik 400 Jahre und die Linotype-Ära über 100 Jahr andauerte, bis der erste Computer in den 80er Jahren entwickelt wurde, geht die Technisierung bis hin zur Digitalisierung in rasender Geschwindigkeit voran. In „Sommers Alter Druckerei“ lässt sich die gesamte Geschichte der Druckkunst nachempfinden. Wer mehr erfahren möchte, kann unter der Telefonnummer: 09853-2705 einen Besuchstermin vereinbaren. ul