Läufer mit Botschaft Okt01


Läufer mit Botschaft

Ultramarathon durch das Taubertal startet am 5. Oktober in Rothenburg

Es ist früh am Morgen, 5.20 Uhr. Mit Fackeln in der Hand machen sich etwa 300 Läufer vom Hotel Rappen aus auf den Weg in den Burggarten. Hier bekommen sie ihren Auftrag: Ein Ritter zu Pferd schickt sie ins 100 km entfernte Wertheim, um eine Botschaft zu überbringen. Gesagt getan.
Gemeinsam geht es hinunter zur Eiswiese, wo der offizielle Start für „Taubertal 100“ ist. Bereits zum sechsten Mal findet die Laufveranstaltung am 5. Oktober statt – weitgehend unbemerkt von den Rothenburgern. Und das, obwohl die Läufer Besonderes leisten.

ROTOUR Oktober, Taubertal 100, Beauftragung der Läufer

Eine Botschaft sollen sie überbringen: Beim „Taubertal 100“ starten die Läufer am frühen Morgen zur sportlichen Höchstleistung. Die Besten laufen die Distanz von 100 Meilen. Foto: Privat


„Taubertal 100“ ist ein Ultramarathon über vier Distanzen: 50 km bis Bad Mergentheim, 71 km bis Tauberbischofsheim, 100 km bis Wertheim und 100 Meilen (161 km) bis Gemünden.

Mit Herzblut dabei
Organisiert wird die Veranstaltung seit Anbeginn von Hubert Beck aus Lauda-Königshofen, der eine Größe in der Ultramarathonszene ist und mehrere Fachbücher über diesen Laufsport geschrieben hat.
„Taubertal 100“ ist im Ranking aller Ultralaufveranstaltungen in Deutschland auf Platz 16 und im Vergleich der größten Laufveranstaltungen über 100 km auf dem fünften Platz.
Die Strecke über 100 Meilen hat dieses Jahr erstmalig die offizielle Anerkennung vom deutschen Leichtathletikverband für Rekordleistungen und ist bestenlistenfähig. Die 100 Meilen-Ergebnisse werden ab sofort international gewertet und gelaufene Rekorde werden anerkannt. Rothenburg als Austragungsort wird so zur Rekordstadt.
Feierabendsportlern mag die Herausforderung eines Ultramarathons komplett verrückt erscheinen. Hubert Beck kennt dieses Erstaunen nur zu gut und schmunzelt darüber. Der Mensch sei fürs Laufen gemacht; mit dem entsprechenden Training ginge das endlos; nur der Schlaf muss sein, erklärt er.

Aufwändige Organisation
Hubert Beck, 61 Jahre alt, nimmt selbst an vier bis sechs Ultramarathons im Jahr teil, die gerne auch mal in der Wüste oder im Urwald sein dürfen. Aber er ist kein Verrückter. Im beruflichen Alltag ist er als Ingenieur im Industriemanagement einer großen Firma tätig, und das Taubertal ist seine langjährige Trainingsstrecke. Warum also nicht hier eine Sportveranstaltung anbieten?
„Ich war überrascht, wie aufwändig das ist“, erzählt er. „Taubertal 100“ ist eine der wenigen Punkt-zu-Punkt-Strecken im Ultramarathon. Das bedeutet, dass Beck alle 5 km Getränke- und alle 10 km Verpflegungsstationen einrichten muss. Das sind auf 100 Meilen insgesamt 26 Checkpoints. Dazu kommen vier Drop-Bag-Stationen (Creglingen, Bad Mergentheim, Tauberbischofsheim und in Wertheim).
„Etwa 300 Leute sind für den reibungslosen Ablauf im Einsatz“, sagt Beck. Helfer findet er bei Sportvereinen oder Feuerwehren in den Orten an der Strecke, denen er für ihre Unterstützung eine Spende in die Vereinskasse gibt.
„Taubertal 100“ soll aber mehr als nur ein Lauf sein. Das gemeinsame Erlebnis und der Austausch gehören ebenso dazu.
Bereits am Vortag reisen die Sportler an. Vor sechs Jahren waren das knapp 40 Teilnehmer, in diesem Jahr werden es wohl mindestens 300 sein. Die Zentrale ist im Hotel Rappen. „Hier geht es zu wie am Flughafen“, erzählt Beck. Freunde helfen ihm beim „Check-in“, wo die Läufer nicht nur ihre Startunterlagen erhalten, sondern auch Utensilien für die Drop-Bag-Stationen abgeben können.
„Die Sportler starten am frühen Morgen und laufen teilweise bis in die Nacht“, so Beck. Bekleidung zum Wechseln oder Stirnlampen werden daher über den Veranstalter an entsprechenden Stationen deponiert.

ROTOUR Oktober, Taubertal 100, Schlossgarten Weikersheim

Die Stecke führt auch durch den Garten von Schloss Weikersheim. Foto: Bauer


Vortrag von Rekordläufer
Tradition hat auch der Vortrag einer besonderen Person aus dem Ultrabereich am Vorabend. Am 4. Oktober, um 19.30 Uhr, referiert Achim Heukemes im Hotel Rappen zum Thema „Ultralaufen, mein Leben“. (Interessierte willkommen, Ticket 15 Euro). Heukemes hat drei Kontinente in Rekordzeit durchquert.
Am Samstagmorgen starten dann von den gut 300 Läufern etwa 180 auf der 100 km Distanz. Darunter ist Serhii Popov aus Kiew (Ukraine), der versucht die 100 km unter sieben Stunden zu laufen. Das wäre ein neuer Streckenrekord. Die älteste Teilnehmerin beim „Taubertal 100“ am 5. Oktober im 100 km-Lauf ist die 79-jährige Sigrid Eichner aus Berlin und der älteste Teilnehmer über 100 Meilen ist der 74-jährige Wolfgang Roether aus Freiburg. Etwa 40 Teilnehmer laufen die 100 Meilen-Distanz.
Die Bestzeit der Männer lag beim „Taubertal 100“ im vergangenen Jahr bei 8:08:40 h, die der Frauen bei 9:21:55 h.
Auf der 100 Meilen Strecke liefen damals 27 Teilnehmer, darunter Nele Alder-Baerens aus Berlin mit einer Zeit von 13:35:21 h, was ein Jahr früher noch Weltrekord gewesen wäre.

International anerkannt
„Taubertal 100“ hat sich längst einen Namen in der Ultramarathonszene gemacht und zieht international erfolgreiche Läufer an. Mit berechtigtem Stolz erzählt Hubert Beck von der Kooperation von „Taubertal 100“ mit dem Nr.1 Lauf in Europa in Biel in der Schweiz.
An den „Bieler Lauftagen“ nehmen bis zu 2 000 Läufer teil. Die Veranstalter sind auf ihn zugekommen, mit der Idee einer gemeinsamen Challenge: Beide Läufe müssen aufeinanderfolgend absolviert werden – ob mit dem Bieler 100er oder mit dem „Taubertal 100“ gestartet wird, spielt dabei keine Rolle. Die Laufzeiten der beiden Läufe werden addiert und so die Rangfolge ermittelt. Und Preise gibt es natürlich auch.
Der Ultramarathon durch das Taubertal hat Entwicklungspotenzial. Hubert Beck sieht, dass in der Ultraszene mittlerweile die Herausforderung einer normalen Marathonstrecke von 41 km der Distanz über 100 km gewichen ist. „Der Mensch sucht das Faszinierende“, weiß er. „In fünf bis zehn Jahren werden es dann die 100 Meilen sein“, vermutet er.
Und wie schafft man das? Zur sportlichen Affinität kommen da Ausdauer, Willensstärke, innere Einstellung oder Motivation. „Und Zwischenziele setzen“, erklärt der Profi. 
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