Kabarett des Lebens – Christoph Maul: Vom Supernarr zum Kabarettisten Jan11


Kabarett des Lebens – Christoph Maul: Vom Supernarr zum Kabarettisten

Die Franken sind keine besonders große Faschingsnarren. Das liegt uns nicht im Blut. Auch Christoph Maul nicht. Ein Faschingsfan mit Begeisterung zum Verkleiden, das sei er nicht, erzählt er. Trotz allem ist er DER Supernarr der Region. Nun kommt Christoph Maul mit einem abendfüllenden Programm auf die Kleinkunstbühne zu „Kultur Korn“. Das wirft die Frage auf, was genau ist er denn nun? „Vielleicht Lebenskabarettist“, meint er schmunzelnd.
Alles begann in jungen Jahren. Die Beschreibung „vorlaut“ und „unterbricht gerne“ könne man in seinen Zeugnissen finden, meint er. „Der Draht zur Darstellung auf der Bühne wird bei vielen eben zeitig festgestellt“, erklärt er lächelnd.

Ein versierter Unterhalter
Christoph Maul kann unterhalten, ganz klar. Nicht nur als Kunstfigur auf der Bühne, sondern auch im alltäglichen Gespräch. Er lehnt sich zurück, verschränkt die Arme locker vor der Brust, und legt los. Von der Kindheit über erste Büh­nenerlebnisse bis hin zur Politikverdrossenheit, dem Aussterben der Kartler in den Wirtshäusern und der digitalen Entblößung der Welt. Er erinnert dabei ein bisschen an große Kabarettisten wie Hagen Rether (Das wäre doch eine ganz andere Liga, wehrt er ab). Das lockere Parlare mit bissig-ernsten Rückschlüssen liegt ihm aber deutlich im Blut. Christoph Maul ist Schillingsfürster mit Herzblut. „Ich bin 1979 noch im Schillingsfürster Krankenhaus geboren“, erzählt er. Nach
den ersten Auftritten in den Jugendjahren gab er in Sketchen auf dem Feuerwehrball seinen Bühneneinstand, wurde von der Theatergruppe entdeckt und von dort auf den Stupfl-Fasching aufmerksam.

Christoph Maul bei seinem Auftritt bei der Karnevalsgesellschaft Windshemia.

Christoph Maul bei seinem Auftritt bei der Karnevalsgesellschaft Windshemia.


Ausnahmefasching
Der Stupfl-Fasching des TSV-Schillingsfürst hat Kultcharakter. Die elf Sitzungen mit mehrstündigem Programm sind jedes Jahr innerhalb von Stunden ausverkauft. 2002 und 2003 trat Christoph Maul gemeinsam mit Thomas Meder auf. Nach einer einjährigen Pause wegen einer Herzoperation ging es 2005 weiter, aber nun mit einer Solonummer. Als Statue, die auf der Bühne erwacht, als Politiker­chauffeur, als Karteljoker oder seit einigen Jahren als Hausmeister begeistert er das Publikum.
„Da waren schwächere Sachen dabei, aber auch richtig gute“, erinnert er sich rückblickend. Vor allem der Karteljoker sei topaktuell. Und dann geht es wieder los: Zurück lehnen, Arme verschränken und „Jeder schaut nur noch auf sein Handy, selbst im Wirtshaus – falls es in den Dörfern noch eines gibt – wird nicht mehr gekartelt. Oder wenn, dann spielt jeder Kartenspiele auf seinem Handy“, stellt er fest.
Christoph Maul ist ein guter Beobachter. Was er sieht, im Radio hört, oder liest, saugt er auf und macht sich Notizen.
Im Fließtext. Mittlerweile sind so 50 Seiten zusammen gekommen und „wenn ich was suche, muss ich das jedes Mal komplett durchlesen. Da fällt mir dann so einiges ein“, erklärt er.
Da ihm der Stoff nicht ausgeht, hat er sich 2014 für die Sendung „Franken sucht den Supernarr“ beworben, kam ins Finale und er­reichte den dritten Platz. Er wurde überregional bekannt. Im Jahr 2015 buchten ihn andere Faschingsvereine für acht Auftritte.

Steter Aufstieg
Christoph Maul hat sich der Faschingsszene auf der Anschausitzung der Närrischen Weinprobe mit seinem Programm präsentiert, kam mit Veranstaltern ins Gespräch – und 2016 wurde er schon knapp 30 Mal gebucht.
Im vergangenen Jahr hat er mit seinem Auftritt auf dem ersten „Politiker-Derblecken“ auf der Fran­ken­-
höhe für Aufsehen gesorgt. Dort wurde Robert Hellenschmidt von „Kunst Kultur Korn“ auf ihn aufmerksam und arrangierte seinen Auftritt am 13. Januar bei „Kultur Korn“ in Rothenburg.
In dieser Faschingssaison ist Christoph Maul für etwa 50 Auftritte gebucht. „Mir war das früher gar nicht bewusst, dass Karnevalsgesellschaften Redebeiträge einkaufen“, so Maul. Da seine Auftritte vorwiegend auf Karnelvalssitzungen stattfinden, herrscht an den Samstagen in der Faschingszeit für ihn Hochbetrieb.
Im Alltag ist Christoph Maul im Einkauf und der Produktentwicklung für ein Textilunternehmen in Neustadt/Aisch tätig. An den Faschingssamstagen steht er dann als Hausmeister in weiten Teilen Bayerns, vom Großraum Nürnberg über Greding und Würzburg bis Hammelburg, auf der Bühne. Bis zu sieben Auftritte absolviert er an einem Abend – bis auf die Minute durchorganisiert.
In der Praxis sieht das so aus, dass Christoph Maul kurz vor Redezeitbeginn ankommt, bereits im Hausmeisterkostüm. Vom Auto geht es direkt auf die Bühne. Die vorgegebene Zeit muss akribisch eingehalten werden. Danach das Headset abgeben, wieder ins Auto und ab zum nächsten Auftritt. „Das Hausmeisterkostüm hat sich da als echt praktisch und bequem erwiesen“, sagt er. Bad Windsheim, Illesheim und mehrere Auftritte im Stadtgebiet Würzburg schaukelt er problemlos an einem Abend. „Muss ich aber bei einem Auftritt zehn Minuten warten, dann fahre ich wieder. Sonst geht das Konzept nicht auf“, sagt er. Stressig findet er das nicht. „Die Anspannung merkt man erst, wenn man nachts nach Hause kommt“, weiß er.
Christoph Maul kommt auch außerhalb von Schillingsfürst gut an. Bei den drei Auftritten bei der Windshemia Karnevalsgesellschaft gab es „standing ovations“ (stehenden Beifall). Das sei schon ein Hochgefühl, wenn man merkt, dass man beim Publikum gut ankommt, merkt er an. Das Programm für die Karnevals-Sitzungen passt er individuell an. Drei Faktoren sind dabei wichtig: Was er im Vorjahr dort gemacht habe, schließlich soll es keine Wiederholung geben. Der zeitliche Faktor: „In 25 Minuten kann man andere Themen bringen als in 15 Minuten“, so Maul. Und die Auftrittszeit, denn um 20 Uhr ist das Publikum aufnahmefähiger als gegen Mitternacht.
Christoph Maul ist dabei kein akribischer Ausarbeiter seines Konzeptes. Er hat Stichpunkte, seine Sicherheitsanker und einen roten Faden. Der Rest ergibt sich. Eben die Kunst der Plauderei mit sozialkritischem Tiefgang. Proben sind dabei auch nicht so sein Ding. „Ich komme mir blöd vor, vor einem leeren Saal zu sprechen“, so der Künstler.
Dies wird sich mit dem Auftritt bei Kultur Korn erstmals ändern. Proben sind angesetzt, denn Christoph Maul gestaltet das Programm „Mangel durch Überfluss“ gemeinsam mit Liedermacher und Gstanzlsänger Martin Rohn aus Gailnau. Er hat ein ausgearbeitetes Konzept, Übergänge sind abgesprochen, Programmteile aufeinander abgestimmt. Den Hausmeister oder andere Bühnenfiguren aus der Faschingskultur wird es bei Kultur Korn nicht geben. Erstmals steht Christoph Maul als er selbst auf der Bühne. Die Erfahrungen aus vielen Auftritten (Maul ist auch auf der Dombühler Kirchweih aufgetreten) geben ihm dabei Sicherheit. Aber auch die Nervosität bleibt.

Christoph Maul auf der Bühne des Lebens: Als Hausmeister bei einem auswärtigen Auftritt, als Junge mit gewagtem T-Shirt bei seinen ersten Versuchen und als Karteljoker bei den Frankemer Stupfl in Schillingsfürst. Fotos: Privat

Christoph Maul auf der Bühne des Lebens: Als Hausmeister bei einem auswärtigen Auftritt, als Junge mit gewagtem T-Shirt bei seinen ersten Versuchen und als Karteljoker bei den Frankemer Stupfl in Schillingsfürst. Fotos: Privat


Abendfüllendes Programm
Die Veranstaltung bei „Kultur Korn“ ist ausgebucht. Vorschusslorbeeren, wie es Christoph Maul selbst nennt. Das sei aber auch ein zweischneidiges Schwert, merkt er an. Denn einerseits schmeichelt es ihm, andererseits ist die Erwartungshaltung sehr hoch und „man kann bei einem 90-minütigen Programm nicht einen Kracher nach dem anderen bringen“, so Maul.
Gezögert hat er aber keine Sekunde, den Schritt auf die Kabarettbühne zu machen. Das ist einfach seine Welt. Die Politik des Weltgeschehens, Bundespolitik und Lokalspitzen gehören ebenso in sein Programm wie gesellschaftliche Reibungspunkte und der Wahnsinn der Wirtschaft. Er sei kein rein politischer Kabarettist, aber auch kein Witze erzählender Comedian. Lebenskabarett, damit kann er sich anfreunden.
Wohin die Reise auf der Bühne ihn noch führen mag, ist ungewiss. „Ich dachte mit dem Supernarr sei schon die Spitze erreicht“, erinnert er sich. Die wachsende Bekanntheit macht es ihm nicht mehr möglich, bei jeder Stupfl-Sitzung dabei zu sein. Dabei wird er oft als Aushängeschild betitelt. Das ehrt ihn, „aber die Veranstaltung ist größer, als es eine Person sein kann“, fügt er an. Schillingsfürst wird immer sein Ursprung sein und gerade die Unterstützung, die er von Peter Bromberger und Markus Löschl bekommen hat, weiß er sehr zu schätzen. „Hier ist meine Insel“, stellt er fest. am