Herr der Häuser Nov07


Herr der Häuser

Prof. Dr. Konrad Bedal hat das Freilandmuseum in Bad Windsheim aufgebaut
ROTOUR Rothenburg: Konrad Bedal in seinem historischen Fachwerkhaus.

Konrad Bedal in seinem Privathaus, einem historischen Fachwerkhaus. Was sonst? Foto: am

Hell scheint die Herbstsonne durch die Sprossenfenster. Das Licht verteilt sich wie von Zauberhand im ganzen Raum. Das Haus, ein spätmittelalterlich geprägter Fachwerkbau, stammt aus dem Jahr 1560 und sollte abgebrochen werden. Konrad Bedal hat es 1979 gekauft – und gerettet. Seitdem ist es sein Zuhause.
Gerettet hat er aber noch unzählige weitere Häuser – in Franken, im Ostseeraum oder das „alte“ Fachwerkhaus an sich. Prof. Dr. Konrad Bedal hat den Häusern nicht nur eine Zukunft gegeben, sondern Tradition und Denkmalbewusstsein in Franken haben erstmals einen Stellenwert in der Gesellschaft erhalten.

Beliebt und geschätzt
Konrad Bedal selbst ist ein zurückhaltender Mensch. Als „leuchtendes Vorbild in Sachen Hausforschung, unermüdlicher In­itiator immer neuer Projekte, genia­ler Wissenschaftler zum Anfassen und großartiger Chef“ wurde er vor neun Jahren bei seiner Verabschiedung als Leiter des Fränkischen Freilandmuseums in Bad Windsheim bezeichnet. Manch einer sprach sich sogar als „Bedalianer“ aus. Darauf angesprochen schmunzelt er nur: „Ist das so?“, und geht zum nächsten Thema über.
Bedal gilt als der „Vater des Fachwerkhauses“ und hat das Freilandmuseum in Bad Windsheim von Grund auf aufgebaut. Er hat weit über 20 Bücher geschrieben, darunter „Fachwerk in Franken vor 1600 – eine Bestandsaufnahme“ oder das mittlerweile zum Standardwerk geworde­ne „Historische Hausforschung. Eine Einführung in Arbeitsweise, Begrif­fe und Literatur“.
Aufgewachsen in Schwarzenbach bei Hof hatte er schon in jungen Jahren einen Blick für die Schönheit der fränkischen Häuser. Sein Vater war Kunstmaler und Grafiker und hat seine Kinder mit in die Natur zum Malen von alten Bauernhäusern und Szenerien mitgenommen. „So wurde mein Blick ganz von selbst geschärft – zuerst der künstlerische, dann der historische“, erzählt Bedal.
Nach dem Abitur wollte er eigentlich Kunst an der Akademie studieren und Kunsterzieher werden. Das hat im ersten Anlauf nicht geklappt und er schrieb sich für Volkskunde an der Universität in München ein. Das gefiel ihm und er packte die Studiengänge Kunstgeschichte und Früh- und Vorgeschichte dazu. Wegweisend für seinen beruflichen Weg war Torsten Gebhard, Honorarprofessor an der Uni, Leiter des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (1963-74) und Mit-Entwickler des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes vom Jahr 1973.
Konrad Bedal hat bei ihm über das Thema „Haus und Herd im Bauernhaus in Nordbayern“ promoviert. Torsten Gebhard regte an, dass es bei seiner Interressenlage doch das Beste wäre, an ein Freilandmuseum zu gehen.
Was in Norddeutschland oder Skandinavien in den 60er Jahren schon die Besucher anzog gab es aber in Bayern noch lange nicht. „So hat sich das Thema Freilandmuseum erstmal zerschlagen“, erzählt Prof. Dr. Konrad Bedal.
Aber ein neues Türchen tat sich auf: Konrad Bedal ging an die Uni Kiel. Dort gab es den Sonderforschungsbereich Kultur des Ostseeraums und ein Forschungsprojekt zum ländlichen Bauwesen im östlichen Holstein. „Ich habe geheiratet und wir sind 1970 nach Kiel gezogen“, sagt er.
Eine sehr wichtige Zeit sei das für ihn gewesen, erinnert er sich. Er konnte intensiv forschen, ist dort das erste Mal auf die damals noch neue Methode der Dendrochronologie gestoßen, mit der das Alter von Bauernhäuser anhand der Altersbestimmung ihrer Holzbalken festgelegt werden kann.

ROTOUR Rothenburg: Übersichtsplan Fränkisches Freilandmuseums Bad Windsheim

Ein Lebenswerk der besonderen Art: Konrad Bedal hat dort, wo einst Ackerland war, das Freilandmuseum aufgebaut. Sein Konzept von 1977 enthielt bereits die Erfolgskomponenten.

Dann erhielt er 1974 ein Angebot für eine Assistenz am Lehrstuhl für Volkskunde an der Uni Münster. Hier wurde im Sonderforschungsbereich vergleichende Stadt- und Landforschung gearbeitet. Die Forschung war sein Steckenpferd und „ich war drauf und dran die Hochschullaufbahn einzuschlagen“, erinnert sich Bedal. Aber dann war die Zeit endlich reif für ein Freilandmuseum im Bayern.
Das Denkmalschutzgesetz war verabschiedet, die dörflichen Strukturen hatten sich gewandelt, und das Bewusstsein, Historie zu bewahren, entwickelte sich. Im Jahr 1977 wurden die Weichen für ein Freilandmuseum in Franken gestellt. Prof. Dr. Konrad Bedal bewarb sich mit seinem Konzept, das schon damals drei Dörfer als Grundstruktur und die Nähe zur Stadt vorsah. Unter 20 Bewerbern setzte er sich durch. Im November 1977 war er dann ein „Museumsleiter ohne Museum“.
Wo heute der Besuchermagnet Fränkisches Freilandmuseum Einheimische und Touristen aus aller Welt anzieht, war damals nur eine Ackerwüste ohne Strauch und Baum. Überhaupt war der heutige Standort vorerst nicht klar. Erst 1979 stand fest, dass das Museum in Bad Windsheim gebaut wird und das Museumskonzept wurde verabschiedet – nicht ohne einen gewissen Widerstand in der Bevölkerung.
Los ging es mit zwei Häusern, die die Bauverwaltung des Bezirks Mittelfranken schon abgebaut hatte – damals noch in Einzelteilen, wobei einiges an historischer Substanz verloren ging. „Wir haben dann später ein Konzept entwickelt, bei dem Wandteile im Ganzen erhalten wurden“, so Bedal. Das erste Haus, das im Museum aufgebaut wurde, war das Gasthaus von Oberampfrach. „Das hat uns den Weg geebnet“, sagt Bedal.

Überraschender Erfolg
Der Aufbau des Gasthauses, das im alten Kleid den modernen gastronomischen Anforderungen gerecht werden musste und somit die anfänglichen Abbaufehler verzieh, bot der Bevölkerung als Wirtsstube einen sympathischen Zugang zu dem Projekt. Im Jahr 1982 wurde das Fränkische Freilandmuseum Bad Windsheim dann offiziell mit 13 Gebäuden eröffnet.
„Zu Beginn war die bäuerliche Substanz entscheidend“, erklärt Bedal. Mit Wohnhäusern, Scheunen, oder Mühlen schaffte er eine Basis. Erwartet wurden damals etwa 40 000 Besucher. Innerhalb kurzer Zeit waren es fast 200 000 Besucher im Jahr. Mittlerweile stehen weit über 100 Gebäude im Freilandmuseum.
Prof. Dr. Konrad Bedal ist unermüdlich unterwegs gewesen, um passende Objekte zu finden. Die Häuser sollten nicht ohne Not vom Standort ins Museum kommen, sie mussten alle eine Abbruchgenehmigung haben und vor allem aussagekräftig sein. Ein Balanceakt zwischen dem, was man will und dem, was man bekommt.
Schon von Beginn an hat Bedal den Besuchern einen grundlegenden Museumsführer zur Hand gegeben. Später wurde ein Führungsprogramm entwickelt und Bedal hat stets parallel zum Museumsbetrieb Forschung betrieben. Es ist ihm gelungen wissenschaftliche Stellen zu generieren und das Museum nicht nur als touristische Attraktion, sondern auch als wissenschaftliche Basis zu etablieren.
Aus dem Wissenschaftler Bedal wurde im Laufe der 33 Jahre seines Engagements für das Freilandmuseum auch ein Manager. Eine Kombination, die ihm gefallen hat: Einerseits die Gespräche mit den einfachen Menschen bei der Inspektion der alten Häuser, andererseits der Kontakt zu Politikern oder die Verhandlungen in Sitzungen. „Wobei die Gespräche mit den Leuten vom Land mir besonders am Herzen lagen“, fügt er an. Ende 2010 ist er in den Ruhestand gegangen. Er hatte das Museum zu einem Aushängeschild fränkischer Geschichte gemacht.
Parallel dazu war er stets als Wissenschaftler und unermüdlicher Forscher engagiert. Seine Bücher sind Standardwerke der wissenschaftlichen Literatur für die Hausforschung geworden.
Prof. Dr. Konrad Bedal hat weit über Bad Windsheim hinaus gewirkt – auch in Rothenburg. Bedal erinnert sich, dass er 1961 mit seinem Bruder bei einer Radtour erstmals Rothenburg besuchte. „Ich war damals schon fasziniert“, sagt er. Schon Mitte der 80er Jahre hat er gemeinsam mit Architekt Eduard Knoll erste dendrochronologische Untersuchungen in Rothenburger Häusern durchgeführt.
Im Jahr 2013 hat er das Ehrenamt des Stadtheimatpflegers für Rothenburg übernommen. Nach den ersten vier Jahren verpflichtete er sich für weitere zwei Jahre, die nun zum 1. Dezember enden. Prof. Dr. Konrad Bedal gibt dann sein Amt ab. „Ich werde 75“, sagt er, „Nun müssen junge Leute ran, sonst verbindet man Heimatpflege nur mit alten Leuten.“

Ein Mann der klaren Worte
Mindestens einmal im Monat war er beim Denkmalsprechtag vor Ort. „Ich kann nur meine Meinung sagen“, erklärt er. Und das macht er bedacht und auf der Basis seines fundierten Wissens. Beim Bau der Mehrzweckhalle hat er sich „scharf dagegen ausgesprochen“. „Es ist verträglich“, sagt er heute, aber mit dem nachdrücklichen Hinweis, dass der Grünstreifen im Osten der Stadtanlage besser frei geblieben wäre. „Es ging nicht um die Architektur, sondern um den Platz“, fügt er an.
Ebenso mit Nachdruck bringt er die Einmaligkeit Rothenburgs ins Bewusstsein, „die jene, die hier leben, oft nicht mehr wahrnehmen“. Wenn er Wünsche äußern dürfte, wäre das den östlichen Grüngürtel zu erhalten, die Gebäude um 1900 dort stärker unter Schutz stellen, auf die Mühlen mehr zu achten, oder Detwang als zur Stadt gehörendes Ensemble unter Schutz zu stellen.
Der ausgewählte Hotelentwurf für das Brauhausgelände ist für ihn in der ersten Form der „schlechteste von allen“. „Im jetzigen Stand stört er das Landschaftsbild am meisten und ragt zu hoch hinaus“, regt er an.
Aber es sei auch viel Gutes in Rothenburg entstanden: Die Sanierung des großen Spitalgebäudes und der Johanniskirche sei gelungen. Ebenso das Café in der Kirchgasse und mehrere Privatgebäude. Die Entwicklung der Gebäude in der Judengasse sieht er sehr positiv.
Prof. Dr. Konrad Bedal, der Honorarprofessor an der Uni Würzburg ist und noch immer einen Lehrauftrag an der Uni Bamberg hat, wird auch in Zukunft Rothenburg und Franken im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Denkmaltopografie ein Stück weit erhalten bleiben. Und auch sein neues Buch über die Häuser in Bad Windsheim erscheint in diesen Tagen. am