Grenzenlose Freiheit – Martin Leonhardt hat dreieinhalb Jahre Lateinamerika bereist Nov14


Grenzenlose Freiheit – Martin Leonhardt hat dreieinhalb Jahre Lateinamerika bereist

Es war kein Ausstieg auf Zeit, kein Sabbatical und auch kein esoterischer Selbstfindungstripp. Martin Leonhardt hat im Oktober 2013 in Illenschwang bei Dinkelsbühl seine Sachen gepackt und sich auf die Suche nach der Freiheit im eigenen Leben gemacht. Dreieinhalb Jahre war er unterwegs. Im März kam er zurück, mit dem Wissen, dass „die große Reise erst begonnen hat“.
Wir treffen uns bei ihm zu Hause in Illenschwang. Hier ist er aufgewachsen, seine Eltern betrieben eine Landwirtschaft, gleich daneben ist das Dorfwirtshaus. Nur wenige Meter neben seinem Elternhaus findet jeden Sommer das Heavy-Metal-Festival Summer Breeze statt. Hier mutet alles wie die heile Welt an, die eigentlich niemand verlassen will.

In Zumbi, einem Stadtteil in Manaus: Gleich um die Ecke hat Martin Leonhardt eine zeitlang gewohnt und die Kinder kannten ihn gut.  Fotos: Leonhardt

In Zumbi, einem Stadtteil in Manaus: Gleich um die Ecke hat Martin Leonhardt eine zeitlang gewohnt und die Kinder kannten ihn gut. Fotos: Leonhardt

Neue Vortragsreihe
Martin Leonhardt sitzt am Esstisch gegenüber dem Kachelofen, sein neues Buch liegt auf dem Tisch, dazu Plakate für Vorträge über seine Reise, die er von November bis Januar hält.
Leonhardt ist 38 Jahre alt und wirkt so gar nicht wie der lebensfremde Aussteiger. Er ist perfekt organisiert, betreibt mehrere Webseiten, eine als Blog über seine Reiseerlebnisse (www.freiheitenwelt.de) und eine über seine Vortragsreihe (www.crazy-travels.de). Er hat gerade groß investiert in die perfekte Technik für seine Vorträge und ist nun selbstständiger Unternehmer in der Sparte Fotograf, Abenteurer, Blogger, Referent. Einerseits ist er im Leben angekommen, andererseits ist er stetig auf der Suche.
Martin Leonhardt ist studierter Elektroingenieur und war schon immer ein „Outdoorer“. Klettern, Wandern, Fallschirmspringen, im Zelt schlafen, das ist seine Welt. Raus, frei sein, und sehen, was passiert. Also hat er im Job erst in der Sparte Windanlagen und dann bei der Polarforschung sein persönliches Stück Abenteuer gesucht.

Erste Freiheit im Eis
Für das Alfred Wegener Institut hat er an zwei Expeditionen in die Antarktis und an sechs Expeditionen nach Grönland teilgenommen, und die Ausrüstung für Eiskernbohrungen entwickelt und im Feld getestet. Ein interessanter Job, aber eben noch nicht die richtige Freiheit. „Ich bin dann meinem Traum gefolgt, einfach loszufahren, ohne jegliche Begrenzung“, erzählt Martin Leonhardt.
Sein Erspartes betrug 40 000 Euro. Martin Leonhardt kaufte sich seine „Katze“, wie er sein Motorrad, eine KTM Tourenmaschine, nennt, und eine Fotoausrüstung. Blieben 25 000 Euro. Kann man damit dreieinhalb Jahre auskommen? „Das war ja kein Urlaub, sondern eine Reise“, erklärt er. „Da gehört ein anderer Lebensstil dazu.“ Ein Zelt, eine kleine Kochausrüstung, Ersatzteile, ein paar Klamotten (ein gutes Set und was zum schmutzig werden) und Proviant jeweils für eine Woche in Form von Keksen, Nudeln, Müsli und Trockenprodukten – das war sein ganzes Hab und Gut auf dem Motorrad.
Hin und wieder hat er mit Beiträgen für Motorradzeitungen und durch den Verkauf von Bildern etwas eingenommen. Von den insgesamt dreieinhalb Jahren, die Martin Leonhardt unterwegs war, hat er zusammengefasst eineinhalb Jahre im Zelt verbracht.
Da sein Begriff von Freiheit bedeutet, die Chancen des Lebens zu ergreifen, war eine detaillierte Reiseplanung nicht sein Ding. „Ich studiere nicht gerne Reiseführer und wenn es nicht durch Wüstengebiete geht auch keine Straßenkarten“, erzählt er. Er wollte sich ohne zeitlichen Horizont und besonderes Ziel treiben lassen.
Zum Frühstück in die nächste Stadt, mit den Menschen ins Gespräch kommen, bleiben oder weiterfahren. 100 000 Kilometer hat er auf diese Art und Weise zurückgelegt. Chile, Argentinien, Bolivien, Paraguay, Brasilien, Venezuela, Columbien und viele weitere Staaten hat er bereist. Nicht immer ging alles glatt: Als die Grenzen von Venezuela nach Columbien geschlossen wurden, bedeutet das für ihn 10 000 Kilometer Umweg. Endlose Wüstengebiete hat er durchquert, immer allein auf seinem Motorrad. „Ich höre keine Musik beim Motorradfahren und da kann das Fahren dürch Wüstengebiete durchaus etwas Meditatives haben“, so Leonhardt.
Nur eine gemeinsame Zeit gab es: Für drei Wochen hat Martin Leonhardt einen Freund, der Puppenspieler ist und Schulen in Bolivien besuchte, begleitet und die Aktion fotografisch dokumentiert. „Das war auch der Beginn des humanitären Aspekts meiner Reise“, erinnert er sich.

Die Blickrichtung verändert sich
Die Selbstdarstellung als Abenteurer in der Wüste trat immer mehr in den Hintergrund und das Bedürfnis, die Lebensumstände der Menschen mit fotografisch-dokumentarischem Blick zu zeigen, in den Vordergrund. Zugang zur Fotografie auf technisch hohem Niveau hatte er bereits seit seiner Zeit in der Polarforschung.
Relativ lange Zeit hat Martin Leonhardt in Brasilien verbracht und dort, zusätzlich zu ­seinem fließenden Spanisch, auch Portugiesisch gelernt. Die Sprache ist der Schlüssel
zu den Menschen, und nur so konnte er in
den Favelas in Kontakt kommen zu den Menschen am sozialen Rand der Gesellschaft.
Seine dabei entstandenen Fotos sind niemals voyeuristisch. Jeder Aufnahme sieht man die Verbindung der Menschen zum Fotografen an und erhält damit einzigartige Einblicke in fremde Leben. Martin Leonhardt kann zu jedem Bild, zeigt es nun die Menschen in sozialen Brenngebieten oder eine faszinierende Naturkulisse, eine ganz besondere Geschichte erzählen. Dabei kam er immer wieder an den Punkt sich zu überlegen, was macht diese Reise eigentlich mit mir?
Martin Leonhardt startet nun mit einem besonderen Projekt: Mit mehr als 15 Multimediashows in Mittelfranken, aber auch darüber hinaus, will er Interessierte mit auf seine ganz persönliche Reise nehmen. Am 12. November startet er das Projekt mit einer Art Festival in Dinkelsbühl, wo nicht nur er seine Multivisionsshow zeigt, sondern auch zwei weitere Outdoorabenteurer (Dennis Oswald mit Extremwetterfotografie und Adrian Rohfelder mit fotografischen Abenteuern aus Feuer und Eis) ihre Erlebnisse vorführen. Aber auch nach Rothenburg (27. Januar) und nach Schwäbisch Hall (28. Januar) kommt Martin Leonhardt mit seinen Vorträgen (Alle Termine und Tickets unter www.crazy-travels.de) .
Ab Februar ruft ihn dann wieder die Freiheit: Von Mexico aus, wo die „Katze“ auf ihn wartet, geht es über die USA nach Alaska. „Mich zieht es wieder in die Kälte“, erklärt er. am