Freiwillig und sozial – Jugend kümmert sich um Jugend Mai01


Freiwillig und sozial – Jugend kümmert sich um Jugend

Nach dem Schulabschluss ein Jahr „Pause“ machen. Ein paar Monate ins Ausland gehen, Erfahrungen sammeln, neue Menschen kennenlernen. Nicht gleich in die Ausbildung, nicht sofort ins Studium. Erstmal den Horizont erweitern, fernab vom Lern- und Arbeitsalltag. Immer mehr Schüler, gerade Abiturienten, nutzen die Zeit, die durch Wegfallen des neunten Schuljahrs und Aufhebung der Wehrdienstpflicht bleibt, um sich, wie es immer so schön heißt, selbst zu finden und sich an Neuem auszuprobieren. Ein beliebtes Modell ist dementsprechend das sogenannte „Freiwillige soziale Jahr“, kurz FSJ.

Erhöhte Nachfrage
Auch in Rothenburg gibt es die Möglichkeit freiwillig soziale Arbeit zu verrichten. Unter anderem am Reichsstadt-Gymnasium (RSG). Schon seit einigen Jahren baut die Schule auf das Modell FSJ im Sport, arbeitet in diesem Zusammenhang mit dem TSV 2000 und dem Bayerischen Landessportverband bzw. der bayerischen Sportjugend zusammen. Und scheint als Arbeitgeber ganz beliebt zu sein. Aus anfänglich einem FSJler, den man sich mit den Rothenburger Grundschulen teilte, sind inzwischen zwei geworden, die sich zwölf Monate lang ganz auf ihre Arbeit am RSG konzentrieren können.
In diesem Jahr heißen diese beiden Jana Gerlinger und Tom Spenkuch. Die Schule, in Form von Stefan Volkamer, Verantwortlicher für die FSJler, habe sie in ihrem letzten Schuljahr darauf angesprochen, ob sie denn nicht Lust hätten ein FSJ zu machen, erzählt Tom Spenkuch.
Er wollte eigentlich gleich an die Universität gehen, gab dann aber seiner „Unwissenheit“ in Bezug auf die berufliche Zukunft nach und ließ sich auf den Vorschlag ein FSJ in der Heimat zu machen, ein. Inzwischen formuliert er seinen Berufswunsch klar und deutlich: „Ich will Lehrer werden.“, sagt er.
Auch bei Jana Gerlinger war es dieses „nicht wissen, was ich machen will“, was sie dazu brachte, noch ein Jahr länger an der Schule zu bleiben. Aber Lehramt, sagt sie, sei wohl nichts für sie. Es zieht sie mehr in Richtung Sportjournalismus, welchen sie gerne an der Fachhochschule in Ansbach studieren möchte.
Noch aber sind beide hier. Und Tom und Jana haben Spaß an der Arbeit. Meistens sind sie um die 32 Stunden pro Woche in der Schule. Höchstens dürften es 38,5 sein. Hinzu kommen Ausflüge und Projekte, womit auch Wochenendarbeit anfallen kann.
Jana und Tom waren beispielsweise als Betreuer im Schullandheim der sechsten und Skilager der siebten Klasse dabei. Das habe bisher schon mit am meisten Spaß gemacht, erzählt Tom. Gerade bei solchen Schulausflügen bekäme man einen ganz besonderen Draht zu den Schülern. Der ist aber sowieso gut und oft besser als der zwischen Schülern und Lehrern. Die FSJler sind in den Augen der Kinder jung und „cool“, gefühlt mehr auf der eigenen Wellenlänge.
Sehr gerne, sagt Tom, arbeite er mit den älteren Klassen zusammen. Hier könne man im Sportunterricht „richtig leistungsorientiert“ arbeiten, die Schüler „in einer Disziplin besser machen, zu Höchstleistungen bringen“. Anders ist es bei seiner FSJ-Partnerin. „Ich finde es schön, die jüngeren Schüler in den unteren Klassen und damit in den Anfängen ihrer Entwicklung zu beobachten und zu begleiten“, erzählt sie.

Das Modell Ganztagsklasse
Auf der fünften und sechsten Jahrgangsstufe liegt auch das Augenmerk der FSJler am hiesigen Gymnasium, genauer in der Betreuung der jeweiligen Ganztagsklasse.
Das Modell Ganztagsklasse (jeweils eine in der fünften und eine in der sechsten Jahrgangsstufe) gibt es nun schon im dritten Jahr am RSG und es läuft gut. Wer sich dafür einträgt, muss die Ganztagsklasse dann auch verpflichtend besuchen. Bei den Siebtklässlern gibt es den sogenannten „offenen Ganztag“.

Viel zu tun
Das ist dann ähnlich einer freiwilligen Mittags- bzw. Nachmittagsbetreuung. Man kann hingehen, oder auch nicht. Das Angebot mal öfter, mal weniger oft in Anspruch nehmen. Die FSJler arbeiten hier eng mit den betreuenden Lehrkräften Raab, Kohl, Hufnagel, Greve und Benz zusammen.

Jana in der Ganztagsklasse beim Lernen mit den Schülern.                                                    Foto: og

Jana in der Ganztagsklasse beim Lernen mit den Schülern. Foto: og


In der fünften Stunde eines jeden Tages – Freitag ausgenommen – machen die Freiwilligen in der „Studierzeit“ mit den Schülern Hausaufgaben und helfen beim Lernen. In der sechsten Stunde geht es dann zum gemeinsamen Mittagessen in die Mensa. Die Stimmung sei meistens gut sagen sie, aber dennoch sehr abhängig davon, ob die Klassen einen „guten“ oder „schlechten“ Tag haben.
Manchmal sei es schon auch anstrengend. Am Donnerstagnachmittag halten die FSJler eine Projektstunde ab. Inhalt ist in diesem Jahr die Konzeption und Verwirklichung eines Films über „typische Schulszenen“.
Außerdem leiten Tom und Jana jeden Montag und Freitag das Badmintontraining, fahren in diesem Zusammenhang auch mit auf die jeweiligen Turniere. Eine Betreuung einer Sportmannschaft ist durchaus arbeitsintensiv. Trainingseinheiten müssen geplant, Schüler individuell gefördert werden. Ein Weg muss gefunden werden, um nicht zu über-, aber auch nicht zu unterfordern. Alter und Niveau einer Schulsportmannschaft sind nämlich vor allem eines: Nicht homogen.
An den Schultagen zeichnen die FSJler auch für die „bewegte Pause“ verantwortlich. In diesem Zusammenhang können Schüler in der Turnhalle Waveboard fahren, Federball spielen, Basketbälle in die Körbe werfen und vieles mehr. Sich austoben eben. Natürlich ist auch immer Zeit, um sich einfach mal mit in den Unterricht zu setzen. Wenn der Berufswunsch Lehrer heißt, kann man so in verschiedene Fächer und natürlich auch unterschiedliche Unterrichtsstile der Lehrer hineinschnuppern. Er nutze das regelmäßig, sagt Tom.

Seminar zur Weiterbildung
Bevor sie überhaupt an der Schule im Unterricht helfen, die Schüler der Ganztagsklassen begleiten oder Sportstunden halten durften, mussten die FSJler erst einmal die dreiwöchige Übungsleiter-Ausbildung der Bayerischen Sportjugend in Regensburg absolvieren und die daran anschließende Prüfung bestehen. Fast jede Sportart wurde dort ausgiebig behandelt, natürlich vor allem mit didaktischem Hintergrund. Heißt: Wie bringe ich Kindern und Jugendlichen etwas richtig bei.
Unter dem Schuljahr folgen dann noch zwei einwöchige Pflichtseminare, in denen weiter am richtigen Umgang mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet wird. Außerdem sind diese „Zwischenseminare“ dazu da, sich mit anderen FSJlern aus Bayern auszutauschen und ins Gespräch zu kommen.
Schon seit Januar läuft das bayernweite Bewerbungsverfahren für das Jahr 2016/2017. Über die Website der Bayerischen Sportjugend kann man sich online bewerben. Wer schon sicher weiß, dass er ein FSJ machen will und das bevorzugt am Gymnasium in Rothenburg, der sollte erstmal das Gespräch mit Stefan Volkamer suchen. Dann ist die eigentliche Bewerbung vielleicht nur noch Formsache.
Ein Gehalt bekommt man als Freiwilliger am RSG leider nicht. Dafür aber immerhin ein vom Bayerischen Landessportverband festgeschriebenes Taschengeld von 300 Euro im Monat. Für eine Reise zur erweiterten Selbstfindung nach Ende des Schuljahres reicht das ja vielleicht. og