Eine Prise für die Gemeinschaft – Die Ohrenbacher Schnupferjungs lassen eine alte Tradition wieder aufleben Jun01


Eine Prise für die Gemeinschaft – Die Ohrenbacher Schnupferjungs lassen eine alte Tradition wieder aufleben

Denkt man an Schnupftabak so hat man alte Männer und die Gletscherprise vor Augen. Aber die Zeiten ändern sich. Die Ohrenbacher Schnupferjungs machen den rauchfreien Tabakgenuss wieder salon- bzw. „Wirtshaus“-fähig. Und ihre Nasen sind gerade mal so um die 30 Jahre alt.
„Gönn Dir“ ist ihr Slogan, der auf ein großes Banner gedruckt ist. Sie haben T-Shirts mit Logo, einen aktiven Facebook-Auftritt, veranstalten Schnupftabakabende, die mittlerweile 150 Gäste ins „Rote Ross“ nach Ohrenbach locken, und werden als Attraktion zu anderen Festen eingeladen. Es scheint, als wäre um die Ohrenbacher Jungs und ihren Schupftabak ein richtiger Hype entstanden.

Marina und Anne Gaukler haben eine Schnupfmaschine gebaut. Foto: am

Ein sanfter Enstieg
Dabei ging alles ganz gemütlich am Stammtisch los. In Ohrenbach werden die Traditionen noch lebendig gepflegt und auch die Jugend steht dazu. Etwa vor sieben Jahren kam Christoph Klenk zum Stammtisch und hatte Schnupftabak dabei. Er lebte zu der Zeit in Freising, sein Mitbewohner wollte sich das Rauchen abgewöhnen und benutzte Schupftabak. „Im Tabakladen in Freising gab es eine riesen Auswahl“, so Klenk. Gemeinsam mit Patrick Volkert, dessen Opa schon die Gletscherprise schnupfte, und mit Jungwirt Maximilian Gundel kam die Idee auf, als lockere Vereinigung die Ohrenbacher Schnupferjungs ins Leben zu rufen und die alte Tradition wieder zu beleben. „Das war nur eine Idee unter uns Freunden“, so Volkert, „Wir hätten nie gedacht, dass sich das so entwickelt.“
Schon von Beginn an war es den Männern ein Anliegen, neben der Gaudi, die natürlich dazu gehört, auch Wissenswertes zum Thema Schnupfen zu vermitteln. „Wir wollten so eine Art Tupperabend für Schnupftabak veranstalten“, so Klenk. Im Gemeindeblatt haben sie auf sich aufmerksam gemacht und vor vier Jahren gab es den ersten Schnupferabend im Dorfwirtshaus. Einige Sorten wurden getestet und mit einem Bewertungsbogen beurteilt. Der Zuspruch war von Beginn an groß.
Was die „Schnupferjungs“ anpacken, das machen sie professionell. Aus den etwa 50 Schnupftabakfirmen, die es um 1900 noch in Bayern gab, sind zwei übrig geblieben: Bernard, in Regensburg und Pöschl in Landshut, der Weltmarktführer mit der Gletscherprise, dem wohl bekanntesten Schnupftabak. Schon zum ersten Verkostungsabend haben die Ohrenbacher von der Firma Pöschel eine große Auswahl zur Verfügung gestellt bekommen.
Seitdem findet einmal im Jahr ein Schnupferabend statt, der eine bestimmte Ausrichtung hat. 2017 war es ein Tasting mit begleitenden Getränken, Essen und Musik und 2018 wurde das Testen von fünf Tabaksorten mit der Tradition des Bockbiers der Landwehrbräu und zünftiger Wirtshausmusik verknüpft. Etwa 150 Interessierte kamen dazu nach Ohrenbach und ließen sich mit Informationen zu Herstellung und Eigenheiten der Tabaksorten einstimmen auf ihr Schnupfererlebnis.
Christoph Klenk, Patrick Volkert, Steffen Meißner, Jungwirt Maximilian Gundel und Philipp Volkert, der harte Kern der Schnupferjungs, kennen sich im Detail mit den Besonderheiten des Schnupfens aus. Da gibt es den Schmalzler, der bayerische Tabak schlechthin. Früher wurde der Tabak mit Schmalz aromatisiert, „aber heute nimmt man Öle“, so Volkert. Unter ihrer Auswahl an Schnupftabaken gibt es aber auch den „Sniff“, der vorwiegend aus England kommt, oder den „Zwiefachen“, eine Mischung aus beiden.
„Die Renner sind an diesen Abenden aber unsere Schnupfmaschinen“, so Christoph Klenk. Die erste Schnupftabakmaschine hat Jochen Gundel gebaut. Mittlerweile nennen die Ohrenbacher Schnupfer sechs ausgeklügelte Maschinen ihr Eigen, die für allerhand Erheiterung sorgen. Mit der einen kann man sich per Luftdruck den Schnupftabak in die Nase schießen, wieder andere funktionieren über einen ausgefeilten Mechanismus, der mit Kugeln oder durch eine Ladung Sand angestoßen wird.
Wer nun denkt, nur Jungs können sich für das Schnupfen interessieren irrt. Marina und Anne Gaukler sind auch vom Schnupfervirus infiziert und haben eine eigene Schnupfmaschine im Korpus einer Gitarre gebaut. Von den Damen kommt auch die Information, dass es auch Schnupftabaksorten ohne Nikotin, auf Traubenzuckerbasis gibt.
Einmal wöchentlich, am Donnerstagabend, ab 20 Uhr, gibt es im „Roten Ross“ in Ohrenbach den Stammtisch, an dem sich die Schnupferjungs und -mädels treffen. Wer sich mal eine Prise gönnen will (und volljährig ist), trifft hier auf Gleichgesinnte.

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