Das Ende einer Ära – Wilfried und Beate Reimer haben den Campingplatz „Tauber-Idyll“ verkauft Nov07


Das Ende einer Ära – Wilfried und Beate Reimer haben den Campingplatz „Tauber-Idyll“ verkauft

„Es ist das schönste Fleckchen Erde, aber eben auch viel Arbeit“, sagt Beate Reimer. Seit 1954 ist der Campingplatz „Tauber-Idyll“ im Besitz der Familie von Beate Reimer. Seit 38 Jahren führt sie den Platz, seit 30 Jahren gemeinsam mit ihrem Mann Wilfried Reimer.
Am 31. Oktober haben die beiden die Tore zum Campingplatz abgeschlossen. Wie jedes Jahr. Nur werden sie ihn im nächsten Jahr nicht mehr in der Woche vor Ostern öffnen. Beate und Wilfried Reimer starten in den wohlverdienten Ruhestand. „Wir machen den Platz noch winterfest“, erklärt Wilfried Reimer. Alles weitere liegt dann in den Händen des neuen Besitzers.

Gefühlvoller Abschied
Die Reimers sind eine Institution bei den Campern. Schon Monate vor dem Ende der Campingsaison kamen die Stammgäste zur Verabschiedungstour. Da gab es Blumenstöcke, die überreicht wurden, Beteuerungen für Besuche oder gemeinsame Treffen. Warme Worte und verdrückte Tränen von Menschen, die sich hier in den schönsten Tagen des Jahres wie zuhause gefühlt haben.
Am Dorfrand von Detwang gelegen, nahe der Tauber, direkt am Radweg, ist der Campingplatz eine wahre Idylle. „Das Gelände wurde einst landwirtschaftlich genutzt“, erzählt Beate Reimer. In Detwang gibt es noch einen zweiten Campingplatz, der bis Mitte der 1980er Jahre ebenfalls von der Familie von Beate Reimer betrieben wurde.
Seit 1986 schlägt ihr Herzblut aber nur noch für das „Tauber-Idyll“. Etwa 40 Stellplätze für Wohnwägen, Zelte oder Wohnmobile schmiegen sich unter Bäume oder rund um Hecken herum. Man ist sich nahe, aber nicht zu nahe. Toiletten, Duschen, Waschmaschine und Trockner, alles ist vorhanden. Im Kiosk bekommen die Urlauber morgens ihre Brötchen, regionale oder auch überregionale Zeitungen und was man sonst noch so braucht. Von der Zahnpasta bis zur Sektflasche steht hier alles im Regal. Und natürlich gibt es immer einen netten Plausch dazu.
Beate und Wilfried Reimer haben 30 Jahre lang im Sommer am Campingplatz gelebt. „Wir hatten ein Winter- und ein Sommerdomizil“, sagen sie lachend. Im Winter oben in der Stadt, ab Ostern direkt in der Natur in Detwang. „Jedes Frühjahr hat mich das Vogelkonzert hier aufs Neue begeistert“, sagt Wilfried Reimer.
Es waren aber nicht die Vögel, die sie nach Detwang gezogen haben, sondern sie wollten eine Rundumleistung bieten. Sieben Tage, von morgens bis nachts, waren die Reimers für Campingplatz und Urlauber da. „Wir wollten auch Ansprechpartner im Notfall sein“, sagt Wilfried Reimer.

Stammgäste haben ein Abschiedsgeschenk für die Reimers. Foto: am

Immer im Einsatz
Urlaub im Sommer, das gab es für die Reimers 30 Jahre lang nicht. Zum Geburtstagsfest oder auf Feiern gehen, auch nicht. Die vermeintliche Idylle hat im Verborgenen für viel Arbeit gesorgt.
Beate und Wilfried Reimer waren aber ein gutes Team. Er, gelernter Kfz-Mechaniker, ist handwerklich geschickt und hat den Platz in Schuss gehalten. Beate Reimer hat den gut sortierten Laden geschmissen und für die Rahmenbedingungen eines erholsamen Urlaubs gesorgt. Fragt man die Stammgäste, dann kommt nach dem Lob für die Reimers als Menschen schnell das Wort „Sauberkeit“. Die Duschen und alles drum herum sind tip top – da hat Beate Reimer die Messlatte hoch gelegt.
Die Reimers sind kontaktfreudige Menschen und genießen es, dass sie viel von anderen Ländern und Sitten erfahren. „Unsere Gäste kamen je nach Jahreszeit aus verschiedenen Ländern“, erzählt Wilfried Reimer. Im Frühjahr reisten die Deutschen und Holländer an, dann Dänen und Schweden. Im August die Italiener. „Und heuer waren viele Schweizer da“, fügt er an. Vom kurzen Stopp für eine Nacht über den Kurzurlaub bis zum sechswöchigen Aufenthalt war alles vertreten.
Jaqueline und John van de Mortel aus der Nähe von Eindhoven sind solche langbleibenden Stammgäste. 1978 waren sie das erste Mal auf dem „Tauber-Idyll“-Campingplatz. Seitdem kommen sie immer wieder. „Wir haben hier Leute kennengelernt, die schon 50 Jahre herkommen. Und das macht man nur, wenn man zufrieden ist“, stellt Jaqueline van de Mortel fest.

Und zum Abschied noch ein Erinnerungsfoto mit einigen langjährigen Gästen.

Entschleunigung beim Camping
Die Urlauber kommen als Alleinreisende per Zelt mit dem Fahrrad und ebenso als Familie mit zwei Kindern und zwei Hunden im VW-Bus oder als Paar im luxuriösen Wohnmobil. Urlaub auf dem Campingplatz hat schon längst nichts mehr mit einem kleinen Geldbeutel zu tun, sondern ist eine Einstellungssache. Entschleunigung ist das Thema.
Die Urlauber stehen morgens auf, gehen duschen, holen Brötchen, sitzen vor dem Zelt und haben alle Zeit der Welt. „Ich stelle mir das traumhaft vor“, sagt Wilfried Reimer, der im Januar 65 Jahre alt wird und begeisterter Rennradfahrer ist. Die Vorstellung setzt er nun im Ruhestand um. „Als erstes kaufen wir uns einen Wohnwagen“, erzählt er. Wohin die Reise dann gehen wird, ist noch nicht klar. „Erst beenden wir das hier“, sagt seine Frau.
Über eine Maklerin haben sie einen Nachfolger für den Camingplatz gesucht. „Da haben sich lauter Aussteiger gemeldet“, erzählt Wilfried Reimer. Gekauft hat die „Tauber-Idylle“ ein Chefstewart der Condor aus Hamburg. Er war schon als Kind mit seinen Eltern auf diesem Campingplatz im Urlaub und sieht nun hier seine Zukunft.

Ein neuer Lebensabschnitt
Wilfried und Beate Reimer freuen sich zwar auf ihre neu gewonnene Freiheit, aber es schwingt auch Wehmut mit. Jeden Morgen ist Wilfried Reimer über den Platz geschlendert, hat so manchen Witz erzählt oder beim Rangieren der Wohnwägen mitgeholfen. „Wenn ich nun aufhöre, wird mir der Kontakt zu den Menschen bestimmt fehlen“, vermutet er. Gut dass die Reimers dann einen Wohnwagen haben. Der ist schnell gepackt und die ganze Welt steht ihnen offen – und viele der Stammgäste freuen sich ganz sicher über ein Wiedersehen. am