Arbeitsplatz: Schloss Bellevue – Benedikt Scholl hat bei drei Bundespräsidenten „gedient“ Mai02


Arbeitsplatz: Schloss Bellevue – Benedikt Scholl hat bei drei Bundespräsidenten „gedient“

Mitten in Leuzendorf, in einem ehemaligen Bauernhof, umgebaut zum modernen Wohnhaus, fühlt sich Benedikt Scholl wohl. „Das Landleben ist klasse“, sagt er. Obwohl das ehrlich klingt, will man es nicht recht glauben, denn in seiner Hand hält er handsignierte Fotos von Horst Köhler und Christian Wulff. Auf dem Tisch liegt die Weihnachtskarte von Joachim Gauck, die ihm der Leuzendorfer Postbote lieber persönlich überreichte anstatt sie in den Briefkastenschlitz zu stecken. Dazwischen wirft Angela Merkel mit stahlblauen Augen einen Blick in sein Wohnzimmer.

Eine fundierte Ausbildung
Benedikt Scholl ist eine „kölsche Frohnatur“. Für dreieinhalb Jahre war sein Arbeitsplatz der Amtssitz des Bundespräsidenten. Er war Mitarbeiter in der Hausintendanz, die sich unter anderem um den Service im Schloss Bellevue kümmernt.
Benedikt Scholl ist gelernter Koch und Hotelfachmann. Beide Ausbildungen hat er in renommierten Häusern absolviert: Die Kochausbildung im Gasthaus Zähringer Hof im Südschwarzwald, ein Gourmet-Geheimtipp, und den Hotelfachmann im mehrfach ausgezeichneten Hotel Traube Tonbach in Baiersbronn. Als danach der Wehrdienst anstand, hat er alles daran gesetzt um nach der Grundausbildung seinen Dienst im Service des Bundesministeriums der Verteidigung in Bonn absolvieren zu können. Das hat geklappt und „wenn der Bundespräsident in der Villa Hammerschmidt in Bonn war, wurden oftmals ein paar Jungs vom Ministerium dem Service dort zugeordnet“, so Scholl.

Ein Schritt ins neue Leben
Benedikt Scholl ist ein smarter Typ, der gut mit anderen in Kontakt kommt. Er erinnert sich gut, wie er eines Tages zu seinem Kommandanten gerufen wurde und dieser meinte, „was ich hier auf dem Tisch liegen habe, hatte ich noch nie.“ Ein Brief von Bundespräsident Köhler mit der Bitte, Benedikt Scholl abzugeben.
„Das alles war für mich neu und aufregend“, erzählt er in seinem Wohnzimmer in Leuzendorf, „denn welcher 23-jährige Soldat hat schon die Möglichkeit den Bundespräsidenten zu bedienen.“
Im September 2009 ging es dann für den Hauptgefreiten Scholl im Namen der Bundeswehr von Bonn nach Berlin. Sein Zuhause hatte er in der Kaserne, seinen Arbeitsplatz im Schloss Bellevue. Die Hausintendanz gehört im Gefüge des Bundespräsidialamts zur Abteilung zentrale Angelegenheiten, Referat Z4, das die Aufgabe hat, für den reibungslosen Ablauf protokollarischer Termine und Veranstaltungen des Bundespräsidenten zu sorgen. Benedikt Scholl war eng eingebunden in den Terminplan und den protokollarischen Ablauf eines Arbeitstages des Bundespräsidenten. Sowohl beim kleinen Mittagessen für vier Personen als auch beim Staatsbankett mit 180 geladenen Gästen war er im Service und in der Durchführung eingesetzt.
In engem Kontakt
Es war seine Aufgabe, die Gäste des Bundespräsidenten – je nach Protokoll – zum Eintrag in das Gästebuch zu geleiten und danach in das Amtszimmer zu führen. Zusätzlich begleitet die Hausintendanz den Bundespräsidenten auf allen Reisen.
Ein normaler Arbeitsalltag im Schloss Bellevue begann mit der Information des BKA, dass der Bundespräsident auf dem Weg zu seinem Arbeitsplatz ist. „Dann haben wir das Frühstück hergerichtet, wenn es gewünscht war“, so Scholl. Drei Bundespräsidenten, Köhler, Wulff und Gauck, hat er umsorgt und jeder hatte eigene Wünsche. Auf die Frage, wer ihm am meisten lag, antwortet Benedikt Scholl ganz diplomatisch: „Alle drei Bundespräsidenten, die ich kennengelernt habe, sind besondere Menschen.“
Zu einem Job beim Bundespräsidenten gehört auch Verschwiegenheit. Benedikt Scholl ist das ganz pragmatisch angegangen. „Man schaltet ab, wenn man weiß, man soll nicht zuhören. Das kann man sich antrainieren“, erklärt er. In seinem Wohnzimmer hat er Dutzende von Fotos aus der Zeit im Schloss Bellevue. Afrikanische Botschafter beim Eintrag in das Gästebuch, Prinzessin Victoria von Schweden beim Besuch des Bundespräsidenten, Bundespräsident Wulff und seine Frau beim Staatsempfang, Papst Benedikt beim Berlinbesuch.

Unauffällig, aber nah dran
Auf den offiziellen Bildern ist er kaum zu sehen, doch er war stets im Hintergrund, mit einem Tablett voller Getränke, konzentriert, unauffällig, immer bereit. „Einen guten Protokollmitarbeiter sieht man nicht“, erklärt er.
Viele Erlebnisse sind ihm fest im Gedächtnis geblieben. Der erste Kontakt mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, später der eine oder andere freundliche Gruß von ihr. Der Wagenschlag bei Papst Benedikt. „Das macht der Scholl, hieß es damals“, erzählt er stolz. Der Humor von Joachim Gauck hat ihn beeindruckt und dass die Bundespräsidenten auch gern mal bodenständige Hausmannskost essen.
Die Hausintendanz begleitet das Staatsoberhaupt bei allen Reisen. Ging es in die Villa Hammerschmidt, kam Benedikt Scholl auch als Koch zum Einsatz. „Das haben alle Bundespräsidenten sehr geschätzt“, so Scholl.
In seinen dreieinhalb Dienstjahren hat Benedikt Scholl die Staatsoberhäupter auch auf Fernreisen begleitet, zum Beispiel nach Bangladesch, Indonesien, Indien, Korea, Japan oder zu den Olympischen Spielen nach London.
„Die Hausintendanz kümmert sich unter anderem um das Gepäck des Staatsoberhauptes bei Fernreisen“, so Scholl. Für jede Reise gibt es eine Art Fibel, die minutiös die protokollarischen Vorgaben beinhaltet. Bis ins letzte Detail ist alles organisiert. „Ich bin selbst ein penibler und ordentlicher Mensch“, beschreibt Scholl sich selbst, „aber die strikte Einhaltung des Protokolls war absolut beeindruckend“.
Nach dreieinhalb Jahren hat er seinen Dienst nicht mehr verlängert. Als Soldat im Dienst der Bundeswehr hätte er in der Hierarchie der Mannschaftslaufbahn keine weiteren Aufstiegsmöglichkeiten gehabt.
Vom Schloss Bellevue hat es ihn im Anschluss zur Villa Mittermeier in Rothenburg geführt. Für die Villa Mittermeier war er zuerst als Projektleiter auf dem Messeschiff der Vaillant-Group eingesetzt, das in acht Ländern und 53 deutschen Häfen Veranstaltungen ausrichtete, und danach eineinhalb Jahre als Direktionsassistent in Rothenburg tätig.
Benedikt Scholl, mittlerweile 32 Jahre alt, schmiedet sein Fortkommen engagiert weiter. Seine letzte berufliche Station hat er als Personaldisponent in Crailsheim im Bereich Personalführung und -management angesiedelt. Nun macht er sich wieder auf den Weg zurück zu seinen Wurzeln. Nach über zehn Jahren kehrt er in den Zähringer Hof, seinen damaligen Lehrbetrieb bei der Kochausbildung, zurück. Diesmal jedoch als rechte Hand der Eigentümer.
Die Zeit bei den Altbundespräsidenten Köhler, Wulff und Gauck ist und bleibt ein ganz besonderes Erlebnis. Den Ehrenplatz in seiner Wohnung hat eine stimmungsvolle Nachtaufnahme des Schlosses Bellevue beim Sommerfest. Hier hat er zuletzt Joachim Gauck wiedergetroffen. am