Die Ära der Freizeit Jul01


Die Ära der Freizeit

Ausstellung „Sport, Spaß, Spiel“ in der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall

Während der Coronazeit war es mitunter schwer, die Freizeit so zu verbringen, wie man gerne wollte. Vielleicht ist der Wunsch nach Vergnügungen damit sogar noch mehr in den Fokus der Gesellschaft gerückt. Somit kommt die neue Ausstellung „Sport, Spaß, Spiel“ in der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall genau zum richtigen Zeitpunkt.

Die Holzskulptur „Slippery When Wet“ von Richard Deacon steht für freie Gedanken und nimmt die Dynamik der Gemälde mit Rennfahrer und Diskuswerfer auf. Foto: am

Die Holzskulptur „Slippery When Wet“ von Richard Deacon steht für freie Gedanken und nimmt die Dynamik der Gemälde mit Rennfahrer und Diskuswerfer auf. Foto: am

Rund 200 Arbeiten von 98 Künstlern beschäftigen sich mit der Thematik des gesellschaftlichen Vergnügens, was nicht immer positiv besetzt war. Gleich am Eingang in der oberen Etage der Ausstellungsräume ist die Papierarbeit „Les Loisirs“ (Die Freizeit) des Kubisten Fernand Léger zu sehen, die die Initialzündung für die Ausstellung war.

Der Körperkult
Mitten im Krieg, im Jahr 1944 entstanden, hat Léger mit seiner abgerundeten Formensprache das neue Phänomen der Freizeit aufgegriffen. 1936 wurde in Frankreich der bezahlte Urlaub eingeführt. Das war der Startschuss für Müßiggang und Vergnügungen, die die Künstler als kritische Begleiter der Gesellschaft inspiriert haben.

Die Themen Park, Vergnügungsanlage, Zirkus, Stierkampf, Meer, Schach, Pferdesport bis hin zum Vergleich von Intellekt und Muskelkraft wurden von Künstlern wie Alfred Hrdlicka, Ernst Ludwig Kirchner, Max Ernst, Pablo Picasso, Fernando Botero und vielen anderen aufgenommen. Die Ausstellungen in der Kunsthalle Würth sind bekannter Weise aber nicht nur Bilderschauen, sondern werden stets von einem didaktischen Ansatz begleitet. Es bietet sich daher an, den Rundgang nicht in der imposanten ersten Etage, sondern im Untergeschoss zu beginnen.

Womit fing die Darstellung der Freizeit, der körperlichen Ertüchtigung an? Eingebunden in die Ausstellung sind antike Vasen von 500 v. Chr. als Leihgaben der Antikensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin. Sie zeigen den Ringkampf, der damals ein Kulturgut, also mehr als nur körperlicher Wettkampf war.

Spaß beim Betrachten
In der Neuzeit hat sich gerade in der Kunstszene ein Spannungsfeld aufgebaut. Künstler verstanden sich als Intellektuelle. Wettkampf und Körperlichkeit waren dazu lange ein Widerspruch. Die Collage „Mr. Muscle“ (2004) von Tomi Ungerer spiegelt das Thema mit Humor wider. Der Gang durch die Ausstellung ist wie ein leichtfüßiger Parcours angelegt: Kinetische Objekte des Schweizer Künstlers Jean Tinguely setzen sich in Bewegung, dahinter prangt das raumfüllende Gemälde „Karambolage“ von Norbert Tadeusz, das mit den zwei Betrachteransichten vom Untergeschoss und vom Obergeschoss der Ausstellung spielt.

Erstaunlich ist auch in dieser Ausstellung wieder die Vielfalt der Sammlung Würth: Ob es nun Günter Grass ist, der sein Jahrhundert in Aquarellen festhält, ein indisches Schattentheater, das die Menschen unterhalten hat, der kugelrunde „Piscator“ von Fernando Botero, die mit Stierkampfszenen bemalten Fleischplatten von Pablo Picasso oder das Foto von Marcel Duchamp und Man Ray beim Schachspiel – die Vielfalt der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Gestaltung der Freizeit wird hier greifbar.

Die Ausstellung ist auch weitgehend als virtueller 360° Rundgang über die Webseite www.kunst.wuerth.com einsehbar.

Die Ausstellung „Sport, Spaß, Spiel“ in der Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall ist bis zum 26. Februar 2023 zu sehen. Geöffnet täglich von 10 bis 18 Uhr. Eintritt ist frei. Öffentliche Führungen finden sonntags und feiertags um 11.30 und 14 Uhr statt.

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