Ein Fest zu Ehren Rothenburgs
1. Oktober 2022
Ein Fest zu Ehren Rothenburgs
An den Reichsstadttagen werden über 500 Jahre Stadtgeschichte lebendig
Es ist ein nahbares Fest. Nach zwei Jahren Coronapause finden in Rothenburg vom 2. bis 4. September wieder die Reichsstadttage statt. Wo andere Städte ein Stadtfest haben, hat Rothenburg ein Historienfest, das mitten unter den Menschen stattfindet. Gruppen lagern in der Stadt, führen das Leben von anno dazumal vor. Einer der Höhepunkte ist ein spektakuläres Feuerwerk am Samstagabend, das direkt über der Altstadt den Himmel zum Leuchten bringt. Und wenn die Funken verglüht sind, dann brennt die ganze Stadt lichterloh, wie unser Titelbild zeigt. Das Spektakel soll an die dunkelsten Zeiten der Stadt während der Belagerung im Dreißigjährigen Krieg erinnern.
Der Samstagabend ist aber nur ein Programmpunkt im dreitägigen Fest. Die Reichsstadt-Festtage ehren einen Zeitraum von 529 Jahren. Von 1274 bis 1803 war Rothenburg eine Reichsstadt. König Rudolf von Habsburg verlieh der Tauberstadt einst reichsstädtische Privilegien wie eine eigene Gerichtsbarkeit und weitgehende Autonomie. Die Blütezeit der Stadt brach somit an. Der Dreißigjährige Krieg und der unter dem Druck Napoleons verabschiedete Reichsdeputationshauptschluss waren markante Einschnitte in der Stadtgeschichte. Im Jahr 1803 endetet dann auch die reichsstädtische Zeit.
Die gut 500 Jahre Stadtgeschichte stehen seit dem Jahr 1974 Pate für die Reichsstadttage-Festlichkeiten im September. Etwa 900 Teilnehmer in zahlreichen Historiengruppen repräsentieren in originalgetreuen Gewändern die verschiedenen Epochen der Stadtgeschichte.
Der feierliche Einzug in die Stadt
Am Freitagabend ziehen alle Gruppen im Fackelschein in die Stadt ein. Von der Doppelbrücke her kommend bewegt sich der Zug vorbei am Plönlein bis zum Marktplatz. Dort werden alle Gruppen vorgestellt und im Anschluss gibt es eine Lichtshow mit Musik.
Am Samstag und am Sonntag startet dann etwa ab 10 Uhr morgens das bunte Treiben in und vor der Altstadt. Historische Szenen und geselliges Lagerleben können die Besucher an den wichtigsten Plätzen der Stadt erleben. In der Herrngasse wird bei Gerichtsverhandlungen, beim Auftritt des Wanderdoktors, bei handwerklichen Fertigkeiten und lebensfrohen Spielen das Leben der Bürger dargestellt.
Vor dem Rödertor zeigt die „Ritterschar 1274“ das mittelalterliche Handwerk. Gaukelei, Schaukämpfe und ein Familienprogramm mit Ritterturnier für Kinder stehen dort auf dem Programm. Die „Kummereck-Wacht“ lagert im Wallgraben vor dem Galgentor und hat eine Besonderheit zu bieten: Ein 500 Jahre alter, unterirdischer Turmgang ist ausnahmsweise an den Reichsstadttagen für Besucher zugänglich.
Geht es um Stadtgeschichte, darf natürlich auch die Aufführung des Bühnenstücks „Der Meistertrunk“ (im Kaisersaal) vom „Historischen Festspiel 1631“ nicht fehlen. Am Samstag um 15.30 Uhr und 18 Uhr besteht dafür die Möglichkeit. Neu ist in diesem Jahr, dass Schauspieler Reiyk Bergemann am Marktplatz den „Pickelhering“ als Conferencier gibt und Samstag wie Sonntag die Historiengruppen launig und informativ auf der kleinen Bühne vor dem Rathaus vorstellt.
Am ganzen Wochenende ist hinter jeder Wegbiegung, auf verschiedenen Plätzen und in den Gassen Überraschendes geboten. Am Sonntag lohnt sich auch ein Abstecher auf den Kapellenplatz, denn dort findet nur an diesem Tag der „Viehmarkt“ statt. Neben einer kleinen Tierschau kann man einem Korbflechter über die Schulter schauen oder in das Wissen um alte bäuerliche Handwerksgeräte eintauchen. Knapp 30 historische Gruppen, sowohl lagernde als auch umherziehende, machen für ein Wochenende die vergangenen Jahrhunderte wieder lebendig. am