Am Ziel angekommen Jun01


Am Ziel angekommen

Der Rothenburger Rafael Lopez ist Athletiktrainer beim VfB Stuttgart

Volle Konzentration: Vor jedem Spiel ist Rafael Lopez für das Aufwärmen der Spieler zuständig. Foto: Privat

Volle Konzentration: Vor jedem Spiel ist Rafael Lopez für das Aufwärmen der Spieler zuständig. Foto: Privat

Er hat geschafft, wovon viele träumen. Rafael Lopez ist im Profisport angekommen. Mit seinem Hobby, seiner ganzen Leidenschaft, verdient er seinen Lebensunterhalt. Lopez ist seit knapp einem Jahr Athletiktrainer der U 21-Mannschaft des VfB Stuttgart. „In Deutschland gibt es im Fußball vielleicht 40 Vereine, die hauptberuflich Angestellte haben“, erzählt er. Die Jobs sind begehrt und gute Leute stehen Schlange. Dass er in diesem Metier Fuß gefasst hat, darauf kann er stolz sein – und er hat hart dafür gearbeitet.

Rafael Lopez schlägt das Familienalbum auf. Neben zahlreichen Zeitungsausschnitten über gewonnene Spiele sind darin auch seine ersten Fußballerfolge als Junge festgehalten. Die Familie lebt in Rothenburg und sein Vater Juan Lopez hat ihn mit den Bambinis trainiert. Als Fünfjähriger hat Rafael Lopez mit dem Fußballspiel begonnen. Bis er 14 war hat er für Rothenburg gespielt, danach ein Jahr für Würzburg. „Ich bin viermal die Woche mit dem Zug gependelt“, erinnert er sich. Bei einer Sichtung des FC Heidenheim ist sein Talent entdeckt worden. Rafael Lopez wechselte nach Heidenheim und ging mit 16 Jahren dort auf das Sportinternat.

Lopez hat schon immer sein Ziel geradlinig verfolgt. Insgesamt sieben Jahre war er in Heidenheim und in demselben Maße wie der Fußball dort groß geworden ist, hat auch er sich weiter entwickelt.

Nach dem Fachabi hat er ein Fernstudium der Sportwissenschaften absolviert. Parallel dazu hat er als Angestellter in einem großen Maschinenbaubetrieb ganz normal gearbeitet und die Jugend des 1. FC Heidenheim trainiert. Die Heidenheimer haben an ihn geglaubt und er war in Folge als leitender Athletiktrainer für die Jugendmannschaften von der U12 bis zur U15 zuständig.

„Ein blitzsauberer Junge“

Rafael Lopez war ein ausgezeichneter Fußballer, aber es war schnell klar, dass seine Stärken im Trainerbereich liegen. „Ich liebe es, mit Menschen zu arbeiten“, erzählt er. Der lockere Austausch aber auch die punktgenaue Kommunikation liegen ihm.

Dazu kommt eine professionelle Grundeinstellung. In Heidenheim hat er als 16-Jähriger in einer WG gelebt. Er musste sich organisieren und mit der neuen Freiheit fernab der Eltern zurechtkommen. „Ich habe alles dem Fußball untergeordnet“, sagt er. Also keine Partys, sondern früh schlafen gehen und die maximale Leistungsbereitschaft. Ein „blitzsauberer Junge“ nennt er das.

Sein Vater Juan Lopez hat in Rothenburg die Bambinis trainiert. Rafael Lopez ist der Zweite von rechst in der oberen Reihe. Foto: Privat

Sein Vater Juan Lopez hat in Rothenburg die Bambinis trainiert. Rafael Lopez ist der Zweite von rechst in der oberen Reihe. Foto: Privat


Jeder, der im Fußball seine Bestimmung sieht, erlebt Höhen und Tiefen. Rafael Lopez war Anfang 20 – da will man auch mal Geld verdienen. Obwohl er nie aufgehört hat, an seinen Traum vom Profisportler zu glauben, war er pragmatisch. Also hat er als Angestellter bei einem großen Händler für Fußball und Teamsport in Crailsheim gearbeitet. Nebenbei, also in seinem Jahresurlaub, hat er seine Fußballtrainerlizenzen gemacht. Es gab Zeiten, da hat so mancher nicht verstanden, warum er an seinem Traum so hartnäckig festhält. Aber sein Einsatz hat sich ausgezahlt.

Nach zwei Jahren kam der SG Sonnenhof/Großaspach auf ihn zu. Dort suchte man einen Athletiktrainer – zuerst für die Jugend und später im Herrenbereich. Auch wenn der SG Sonnenhof schon sehr professionell organisiert war, war der Trainerjob aber immer nur noch ein Nebenverdienst.

Lopez suchte sich also einen neuen Job näher bei Großaspach. „Ich war immer ehrlich zu meinen Chefs“, erzählt er. Klar war, wenn er im Profifußball eine feste Anstellung bekommt, wird er diese annehmen. Die Unternehmer fanden diese Zielstrebigkeit offensichtlich gut und gaben ihm die nötigen Freiheiten. Während der Coronazeit war er daher Trainer in Großaspach und hat gleichzeitig im Stadion sein Homeoffice-Büro gehabt. „Ich habe die zwei Jobs parallel jongliert“, erinnert sich Rafael Lopez.

„Ohne Großaspach wäre ich nicht zum VfB Stuttgart gekommen“, erzählt der Sportler. Der Cheftrainer dort hat ihm schnell viele Freiheiten gegeben und er konnte erstmals Erfahrung im Herrenbereich machen. „Die Spieler waren fast genauso alt wie ich und man muss vermitteln, dass man der richtige Trainer ist“, erklärt er.

Außerdem war der Verein sehr professionell aufgestellt und die Auswertung von GPS-Daten gehörte dort schon zum Traineralltag. Zwei Jahre lang arbeitete Lopez, immer noch im Nebenjob, für den SG Sonnenhof. Je näher man dem Ziel kommt, desto besser ist man vernetzt.

Lopez lernte wichtige Multiplikatoren kennen, darunter auch Thomas Krücken, Direktor Sportnachwuchs beim VfB Stuttgart. Im März 2022 hat ihn Krücken zu einem Gespräch eingeladen. „Ich dachte, vielleicht suchen die einen Trainer für die U 15“, erinnert sich Lopez, „aber sie wollten mich für die U 21. Das war perfekt“.

Am 1. Juni hat er seinen Zwei-Jahresvertrag als Athletiktrainer der U 21 beim VfB Stuttgart unterschrieben. „Das war ein besonderer Moment. Ich bin bis heute demütig“, erinnert er sich. Eltern und Freunde hatten Tränen in den Augen. Mehr als zehn Jahre hat er für diesen Moment gekämpft.

Nun heißt es für ihn aber nicht, sich auf seinen Lorbeeren ausruhen. Nein, jetzt geht es erst richtig los. Und Rafael Lopez erzählt absolut begeistert davon.

Ein arbeitsreicher Alltag

Der VfB Stuttgart ist einer der großen Sportvereine Deutschlands. Die erste Mannschaft spielt in der Bundesliga und die U 21 Mannschaft in der Regionalliga Südwest. Spieler und Trainerstab sind alle Vollprofis. Rafael Lopez arbeitet sechs Tage die Woche. „Da ist man locker mit 50 bis 60 Stunden dabei“, erzählt er.

Das Trainerteam trifft sich morgens um 7.30 Uhr. Das Team unter Cheftrainer Frank Fahrenhorst besteht aus zwölf Personen, darunter Co-Trainer, Analysten, Physiotherapeuten, medizinisches Team und Athletiktrainer Rafael Lopez. „Jeder der 24 Spieler wird dann im Detail besprochen“, so Lopez.

In Absprache mit dem Team plant er die Übungsform, um die Belastung zu steuern. Alle Spieler tragen GPS-Sensoren, die von ihm nach jedem Training ausgewertet werden. Zusätzlich werden bei jedem Training alle Daten live abgelesen, um zu sehen, ob die Belastung stimmt und die Ziele erreicht werden. Nach dem Training geht es weiter mit der Nachbereitung.

Außerdem gehört die Aktivierung vor dem Mannschaftstraining in seinen Bereich, ebenso wie das Warm-up bei jedem Training und bei jedem Ligaspiel. Mitunter spielt die U 21 des VfB Stuttgart schon vor 10 000 Zuschauern. „Das ist für mich als Trainer schon super“, so Lopez.

Auch wenn er seinen Traum lebt, so hat Rafael Lopez doch einen klaren Blick auf die Branche behalten. Der Druck bei den Spielern ist sehr groß und ihm ist es besonders wichtig, den Menschen hinter dem Leistungssportler zu sehen. Stets alles zu geben, ist nach wie vor sein persönliches Ziel. „Ich stehe jeden Tag mit einem Lächeln auf, weil ich mich einfach auf die Arbeit freue“, so sein Credo. Er hat es geschafft. am