Eine Wette rettet die Stadt Mai01


Eine Wette rettet die Stadt

Die Pfingstfestspiele erinnern an die Befreiung Rothenburgs im Jahr 1631

Unvergessen bleibt das historische Ereignis, die Befreiung Rothenburgs im Dreißigjährigen Krieg. Mit den viertägigen Pfingstfestspielen schwelgt die Reichsstadt jedes Jahr im Mai in Erinnerungen.

Bürgermeister Dr. Markus Naser hat sich von den Beutelschneidern schwärzen lassen.

Bürgermeister Dr. Markus Naser hat sich von den Beutelschneidern schwärzen lassen.

Im Jahre 1544 hatte Rothenburg den neuen protestantischen Glauben angenommen. Die Zugehörigkeit zum evangelischen Lager machte die kaiserlichen Heere zu Feinden. Im Oktober des Jahres 1631 belagerte der katholische General Johann T‘Serclaes Reichsgraf von Tilly mit 60 000 Mannen die Reichsstadt. Die Rothenburger wehrten sich und Tilly verlor 300 Soldaten. Die Antwort war die Zerstörung des Pulverlagers in der Klingenbastei. Daraufhin musste die Stadt kapitulieren. Tilly verhängte schwere Strafen über Rothenburg. Einer hohen Geldstrafe von 20 000 Gulden sollte eine Plünderung folgen, die die Stadt ruiniert hätte.

Hier setzt die Geschichte vom rettenden „Meistertrunk“ ein, die in diesem Jahr vom 26. bis 29. Mai die ganze Stadt in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges zurück versetzt. Kernstück des Festes ist das Bühnenstück „Der Meistertrunk“ aus der Feder von Adam Hörber, das im Jahre 1881 geschrieben und seitdem am Pfingstwochenende mehrmals aufgeführt wird. Ein prachtvoller Humpen und eine ungewöhnliche Wette bringen die glückliche Wendung. Seit 1881 wird das Bühnenstück „Der Meistertrunk“ von Bürgerinnen und Bürgern der Stadt im Kaisersaal des Rathauses alljährlich zu Pfingsten aufgeführt und zählt seit 2016 zum „Immateriellen Unesco Kulturerbe” auf Bundesebene.

Im Bühnenstück führt ein Humpen Wein von sagenhaften dreieinviertel Litern, der von Bürgermeister Georg Nusch in einem Zuge ausgetrunken wurde, in die Freiheit der Stadt. Tilly verschont Rothenburg und zieht wieder ab. Hinter dem Theaterschauspiel und dem viertägigen Fest steht der Verein „Historisches Festspiel“. Etwa 1 000 Männer, Frauen und Kinder schlüpfen jedes Jahr in die historischen Kostüme und stellen die Stadtgeschichte nach.

In einem triumphalen Heereszug ziehen über 800 Festspieler, begleitet von Pferden und Fuhrwerken, durch die historischen Gassen der Altstadt. Angeführt vom Spielmannszug marschieren die Darsteller der Spielgruppe des “Meistertrunks”, gefolgt von Junger Schar und einem großen Aufgebot an Geschützen, Pulverwagen und rollendem Proviant hinaus ins Feldlager auf die Festwiese vor dem Galgentor. Dort angekommen, feiern Kaiserliche, Schweden und Rothenburger fröhlich gemeinsam, bei reichlich zünftiger Speis‘, gutem Trank und Musik, die Rettung der Stadt vor Plünderung und Brandschatzung.

Die Feierlichkeiten beginnen bereits am Freitag, den 26. Mai, um18 Uhr mit der Pfingsteröffnung auf dem Rothenburger Marktplatz. Die erste Aufführung des Theaterstücks im frisch sanierten Kaisersaal des Rathauses folgt um 19.30 Uhr. Weitere Vorstellungen werden am Samstag (15 Uhr und 17.30 Uhr), Sonntag (10 Uhr und 12.30 Uhr) sowie am Montag (10.30 Uhr) gezeigt. Karten sind im Vorverkauf erhältlich. Zu den Höhepunkten am Samstagabend zählen die Feuerwache vor dem Tor mit Live-Musik und Bewirtung vor der Röderbastei (ab 20 Uhr) sowie die Feuershow mit den Gauklern von der historischen Gruppe Mummenschanz (ab 21.30 Uhr). Am Sonntagmittag kommt der Historische Schäfertanz auf dem Marktplatz zur Aufführung. Die Geschichte dazu ist in der St. Wolfgangskirche ausgestellt. Seit 1517 verfügt die Rothenburger Gilde der Schäfer über das Privileg eines eigenen „städtischen Feiertags“.

Die Panduren Tillys beim Festumzug in Richtung Marktplatz. Fotos: ul

Die Panduren Tillys beim Festumzug in Richtung Marktplatz. Fotos: ul


Der Tag durfte zu jener Zeit in aller Öffentlichkeit mit Festlichkeiten und vor allem mit ausgelassenen Tanzeinlagen gefeiert werden. Seit 1911 ist diese Tradition des Rothenburger Schäfertanzes wieder zum Leben erweckt worden. Ein weiterer Höhepunkt des Wochenendes ist der große Historische Heereszug zum Feldlager durch die Altstadt mit circa 900 Protagonisten der Gruppen am Sonntag ab 15 Uhr (Schmiedgasse – Marktplatz – Georgengasse – Galgengasse – Festwiese). Fast scheint die Zeit stehen ge­blieben zu sein, wenn die Männer und Frauen dort über dem offenen Feuer ihre Mahlzeiten stilvoll vorbereiten. Die Szenerie gibt einen Einblick durch das Zeitfenster des 17. Jahrhunderts.

Auf dem historischen Händler- und Handwerkermarkt, am Grünen Markt, dem Kirchplatz und vor der Stadtkirche St. Jakob, herrscht an allen vier Tagen des Pfingstwochenendes buntes Markttreiben. Handwerker, Landkrämer und Händler aus aller Herren Länder finden sich ein und bieten ihre Ware feil. Musikanten, Gaukler und Märchenerzähler sorgen für die Unterhaltung des Publikums. In den Schankbuden wird aufs Beste mit mittelalterlichen, kulinarischen Köstlichkeiten für das leibliche Wohl der Gäste aus Nah und Fern gesorgt. Am Montag geht es etwas ruhiger, aber nicht weniger gesellig zu. Die Festwiese ist an diesem Tag ohne Eintritt zugänglich. Neu und informativ ist auch der Internetauftritt des Historischen Festspiels. Online unter: www.meistertrunk.de bekommt man interessante Infos und kann auch Eintrittskarten für die Aufführungen kaufen oder sich per Navigation auf dem Handy zu den Veranstaltungsorten leiten lassen.
ul

Detaillierte Programminformationen mit Zeitangaben und Eintrittspreisen finden Sie im Magazin auf Seite 36.