Lebenswertes Dasein
1. August 2025
Lebenswertes Dasein
Ralph Dürr begleitet Menschen mit neurologischen Einschränkungen
Plötzlich ist alles anders. Ein Unfall, ein Schlaganfall oder eine fortschreitende neurologische Erkrankung kann ein Menschenleben vollkommen auf den Kopf stellen.
Genau so ist es Ralph Dürr ergangen. Der Rothenburger war im Jahre 1991 als ausgebildeter Elektromeister im Begriff, die Firma seines Vaters zu übernehmen. Dazu kam es nicht, weil er von jetzt auf gleich mit gerade einmal 26 Jahren durch eine plötzliche Hirnblutung halbseitig gelähmt war. Aus der Traum von der Selbstständigkeit. Erst nach einem halben Jahr war er in der Lage, ein einziges Wort zu sprechen. Sein Sprachvermögen konnte weitestgehend wieder hergestellt werden. So gründete er im Jahr 2014 die Selbsthilfegruppe „Mein zweites Leben" in seiner Heimatstadt Rothenburg. Hier treffen sich Menschen mit neurologischen Beeinträchtigungen nach Schlaganfall, Schädel-Hirntraumata, Multipler Sklerose, Parkinson oder anderen Erkrankungen.
Eine junge Frau, die erst seit einem halben Jahr in der Selbsthilfegruppe „Mein zweites Leben" als Betroffene mit einer seltenen neurologischen Erkrankung aktiv ist, blickt nach fünf langen, isolierten Jahren wieder positiv in die Zukunft. „Als ich das erste Mal zu einem Treffen ging, war ich noch sehr unsicher, fühlte mich aber schnell willkommen", erzählt sie.
Der Austausch mit Menschen, denen es ähnlich geht und das Gefühl, nicht auf die eigene Erkrankung beschränkt zu werden, das war für sie unheimlich wichtig. Ganz toll findet sie die regelmäßigen Ausflüge. „Allein hätte ich Ausflüge ins Museum nach Kitzingen oder in den Lotosgarten nicht gemacht. Zu groß ist die Scham, nicht in das perfekte Bild unserer Gesellschaft zu passen", beschreibt sie weiter. „Ich persönlich bin sehr froh, dass ich den Weg zu ,Mein zweites Leben' gefunden habe und möchte Menschen mit neurologischen Einschränkungen Mut machen, sich dieser Gruppe anzuschließen.
Ralph Dürr ist als Betroffener ein gutes Vorbild für seine Mitmenschen und hat viel ehrenamtliches Engagement (ab 1994) als Mitglied im gemeinnützigen Verein „Kiss Mittelfranken e.V." gezeigt. Ohne Lorbeeren ernten zu wollen und um einfach nur Mitbetroffenen eine neue Lebensperspektive zu schenken, wurde Ralph Dürr im Jahr 2020 mit dem Ehrenpreis des bayerischen Ministerpräsidenten für besondere ehrenamtliche Verdienste bei Kiss Mittelfranken e.V., der Aphasiker-Selbsthilfegruppe, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, im Inklusionsbeirat Rothenburg und als Selbsthilfevertretung am Runden Tisch Selbsthilfeförderung Mittelfranken ausgezeichnet.
Er war 16 Jahre im Vorstand Mittelfranken und sieben Jahre auf Landesebene aktiv. Im Jahr 1995 gründete er eine eigene Selbsthilfegruppe für Aphasiker in Ansbach und weitete sein Engagement auf Landesebene aus. Er war 1998 bis 2006 im Bundesvorstand für junge Aphasiker in Würzburg. Im Jahre 2011 hat Ralph Dürr zusammen mit anderen den Arbeitskreis Inklusion in Rothenburg gegründet, der später durch den Inklusionsbeirat abgelöst wurde. Er organisiert seit Jahren Workshops und Aufführungen in Rothenburger Schulen und war sogar in einer Inklusionstheatergruppe aktiv. „Mir ist es wichtig, dass sich beeinträchtigte Menschen in unserer Gesellschaft wertgeschätzt und integriert fühlen", so Dürr.
In das Rothenburger Stadtleben ist Ralph Dürr bestens integriert. So ist er aktives Mitglied der Historiengruppe „Kroaten" und betreut zusammen mit anderen Ehrenamtlichen aus den verschiedenen Rothenburger Vereinen die Ehrenamtsbude auf dem Rothenburger Weihnachtsmarkt. Und das wünscht er sich für seine Mitglieder der Selbsthilfegruppe auch, den Mut, sich trotz Beeinträchtigungen ins Leben zu integrieren.
Gemeinschaft stärkt
Die Gruppe bietet jeweils am zweiten Donnerstag des Monats von 15 bis 17 Uhr Treffen im barrierefreien Gästehaus in der Heckenackerstr. 31 in Rothenburg an. Es gibt kostenlose Beratung zu neurologischen Erkrankungen, sozialen Themen und Austausch für Betroffene und Angehörige. Ausflüge, gesellige Feste und Fachvorträge bereichern das Zusammensein.
Wer sich der Gruppe anschließen möchte, kann sich bei Ralph Dürr unter der Telefonnummer: 09861 8384 oder der E-Mail: duerr.r1@freenet.de melden. ul