Japanische Lebensart Nov09


Japanische Lebensart

„Ichi´s“ – eine Fundgrube für Kultur und Design in Rothenburg

Yoshie Ichimonji schneidert für ihr Leben gern Kleidung nach Maß. Foto: ul

Yoshie Ichimonji schneidert für ihr Leben gern Kleidung nach Maß. Foto: ul

Wenn man „Ichi´s“ kleinen Laden in der Rothenburger Hafengasse betritt, wird man von einem kleinen weißen Teddy namens Otto begrüßt. Er sitzt auf einem grünen Ohrensessel aus Urgroßmutters Zeiten und lädt die Besucher zum Bummeln ein.

Viele kennen das ehemalige Tabak- und Spirituosengeschäft von Manfred Cesinger noch aus der Vergangenheit. Whisky- und Scotch Liebhaber kamen aus ganz Deutschland und darüber hinaus, um sich mit ausgewählten Spirituosen einzudecken.

Über dreißig Jahre verbrachte Sohn Rainer Cesinger in Berlin, wo er nach seinem Studium im Bereich Marketing und Kommunikation in verschiedenen Werbeagenturen und als Geschäftsführer eines Designmode-Labels arbeitete und dabei seine Lebensgefährtin Yoshie Ichimonji traf. „Ich habe als Schnittdirektrice Schnittmuster für das Modelabel hergestellt“, erzählt sie.

Im Jahr 2019 wurde gerade ein Nachmieter für das Cesinger-Geschäft in Rothenburg gesucht. Yoshie Ichimonji und Rainer Cesinger packten die Gelegenheit beim Schopf und zogen in die Tauberstadt. „Dann machen wir eben etwas ganz Neues aus dem Laden“, dachte sich Yoshie Ichimonji und eröffnete im Coronajahr 2020 ihre „Kreativwerkstatt“ mit Ladengeschäft.

Eine professionelle Maßschneiderei mit einer hochwertigen Auswahl an Mode und Accessoires japanischer Designer und einem edlen Sortiment an japanischen Spirituosen und Spezialitäten, insbesondere japanischem Whisky, öffnete seine Pforte. „Irgendwann hat ein bekannter Kritiker in der Whisky-Szene japanische Sorten als besonders hochwertig eingestuft. Seitdem stehen asiatische Tropfen hoch im Kurs“, erzählen die beiden. Womit wir wieder beim Thema wären.

Eine Gipsbüste von Großvater Cesinger, der das Rothenburger Tabak- und Spirituosengeschäft einst gründete, schaut heute mit zufriedenem Blick in den kleinen Laden. Ist doch Hochprozentiges auch heute wieder Teil des Angebotes des Geschäfts in der Hafengasse. Nur eben aus Japan.

„Ich möchte den Menschen hier in Franken japanische Ästhetik und Lebensart mit den verschiedensten Produkten meiner Heimat näher bringen“, ist das Anliegen der Designerin. Es gibt fast nichts, was es nicht gibt und alle Produkte stammen von befreundeten japanischen Designern, die Yoshie Ichimonji in Berlin um sich hatte. Darunter sind japanische Knotentaschen, die keinen Knopf oder Reißverschluss benötigen, aus Kimonostoff hergestellte Kalligrafie-Bilder, filigraner Silberschmuck oder Halsketten aus kunstvoll kreierten Blüten mit passenden Ohrringen.

Ein Brautpaar wünschte sich Kirschblüten als Haarschmuck und ein Sträußchen für das Revers des Bräutigams. Kein Problem, in „Ichi´s“ Laden ist alles zu haben. Stoffbänder, die als Einfassung der traditionellen japanischen Fußbodenmatten aus Stroh gedacht sind, finden sich in „Ichi´s“ Laden in Form von Schlüsselanhängern, Gürteln oder kleinen Täschchen für unterschiedlichste Verwendungszwecke wieder. Auch Rucksäcke, Jacken und Hosen aus dem robusten Gewebe von Judo-Anzügen oder aus seidenem Kimonostoff geschneiderte Kostüme für die Dame sind als Musterstücke zu finden. „Ichi´s“ Designermode aus japanischen Stoffen ist eine wahre Inspiration für Mode nach Maß, ganz nach individuellen Vorstellungen des Kunden. Darunter befinden sich auch Hochzeits- und Abendkleider, aber auch Designer-Outfits für den Herrn.

Berufsbekleidung oder Uniformen für den passenden Firmenauftritt können bei „Ichi´s“ ebenso angefertigt werden wie individuelle Modeentwürfe. „Manchmal kommen Kunden mit einem Foto oder einer Zeichnung als Musteridee“, erzählt Yoshie Ichimonji. Dann wird so lange entworfen, bis das modische Unikat seine endgültige Form erhält. Übrigens, momentan finden sich die bunten Taschen und Accessoires von „Ichi´s“ im Salon der Haarschneiderei Flex wieder.

Ein Tisch mit verschiedenen Designerstücken aus Berlin.  Foto: ul

Ein Tisch mit verschiedenen Designerstücken aus Berlin. Foto: ul


Zu einer ganz anderen Produktrichtung gehören Fotobücher japanischer Fotografen aus Berlin, die sich den unterschiedlichsten Themen widmen. Der Erlös eines jeden verkauften Buches geht an die Ukrainehilfe.

Köstliches und Kurse

Aber es geht nicht nur um handfeste Geschenkartikel, Accessoires oder Designermode. Antialkoholische Getränke wie Limonaden, Süßigkeiten und traditionelles Gebäck gehören für Yoshie Ichimonji auch ins Repertoire. Zum Selberbacken hat sie keine Zeit, aber in Franken lässt sich immer jemand finden, dem das japanische Traditionsgebäck nach dem Originalrezept in Auftrag gegeben werden kann.

Neben den hochprozentigen Genüssen vermittelt Ichi´s Angebot eine Fülle von heimischen Likören. Dazu gehört der Umeshu, ein Likör mit der japanischen Aprikose, mit der Zitrusfrucht Yuzu oder mit grünem Tee auf alkoholischer Basis von Sake (Jap. Reiswein). Auch Okinawas Nationalgetränk Awamori fand den Weg in „Ichi´s“ Laden. Kleine Jahreshöhepunkte wie das vergangene Sommerfest, auf dem man unter Anleitung den tradi­tionellen Bon-Odori Tanz erlernen oder japanische Genüsse mit Karaoke-Gesang erleben konnte, stehen neben Sushi-Workshops nach japanischer Hausfrauenart hoch im Kurs. Längst hat das japanische Reisröllchen in Deutschland Einzug gehalten.

Besonders aber träumt die Designerin von Nähkursen, bei denen die eigenen Entwürfe angefertigt werden können. Das soll dann an den Feierabenden ab 18 Uhr mit maximal zwei Teilnehmer stattfinden. „Vielleicht können wir auf dem Sommerfest 2023 die über das Jahr entstandene Kurskollektion auf einer Modenschau präsentieren“, sinniert die Designerin lächelnd. Aber die größte Sehnsucht ist für sie „Ichi´s“ eigenes Modelabel „Made in Rothenburg“.

Mal sehen, was der kleine Laden in der Hafengasse in Zukunft noch in petto hat. ul