Fürstliche Einblicke Mai01


Fürstliche Einblicke

Das Museum in Schloss Schillingsfürst: Prunk, Pracht und Weltpolitik

Der Innenhof von Schloss Schillingsfürst empfängt die Besucher.  Foto: Kardas

Der Innenhof von Schloss Schillingsfürst empfängt die Besucher.  Foto: Kardas

Schon von Weitem sieht man es: Erhaben thront Schloss Schillingsfürst auf der Frankenhöhe. Die Grafen und Fürsten zu Hohenlohe-Schillingsfürst und deren Nachfahren leben seit Jahrhunderten hier.

Anders als beispielsweise in Großbritannien wurden in Deutschland die Adelsprivilegien durch die Gründung des Freistaats Preußen 1920 abgeschafft – eine gewisse Strahlkraft blieb aber stets in der Gesellschaft erhalten. Die Pracht und der Glanz eines Schlosses ziehen an. Noch immer scheint der Hauch der Geschichte zwischen Gobelins, Ölporträts und auf Hochglanz polierten Intarsienfußböden fühlbar zu sein. Auch das Schloss Schillingsfürst öffnet daher die prachtvollsten Räume für Besucher.

Seit zwei Jahren führt Johannes Munique durch das Barockschloss. Seine Großmutter war einst Schlossköchin, der Großvater Maurermeister des Schlosses. Seine Mutter und Tante haben hier mitgeholfen und sein Vater war mit Erbprinz Karl Albrecht befreundet.

Wer in Schillingsfürst lebt, ist unweigerlich mit dem Schloss verflochten.„Der Schlossbau, so wie er jetzt zu sehen ist, wurde in den Jahren 1723 bis 1750 erbaut“, erklärt Johannes Munique, pensionierter Lehrer, und zeigt dabei auf ein altes Gemälde. Neben dem Schloss ist da noch ein großes weißes Gebäude zu sehen, etwa da, wo heute der Eingang zum Schloss und zum fürstlichen Jagdfalkenhof ist, wo regelmäßig Flugvorführungen angeboten werden.

Versailles als Vorbild

Etwa um das Jahr 1000 existierte auf dem Bergsporn bereits eine mächtige Burganlage. Die Geschichte mit ihren territorialen und gesellschaftlichen Umstürzen verlangte über die Jahrhunderte jedoch ihren Tribut: Im Jahr 1313, im Bauernkrieg 1525 und im Dreißigjährigen Krieg brannte die Burganlage mehrmals. Erst mit dem Bau des Barockschlosses durch Fürst Philipp Ernst zu Hohenlohe-Schillingsfürst kam Ruhe in die Bautätigkeit.

Der renommierte Architekt Louis Rémy de la Fosse übernahm die architektonische Gestaltung. Ein besonderes Merkmal sind die beiden Treppenhäuser, deren Lage in den Seitenflügeln sich an Schloss Versailles anlehnen.

Über eines der Treppenhäuser gelangen Besucher zu den museal genutzten Räumen und werden somit fürstlich empfangen: Kunstvolle Stuckarbeiten schmücken den gesamten Treppenraum aus. Römische Kaiser, Allegorienreliefs oder auch Unionswappen der Fürstenhäuser zieren Wände und Decke. Jeder Blick offenbart Neues.
„Der Stuck ist ein Highlight“, so Munique. Er hat sich intensiv mit der Historie des Schlosses beschäftigt. „Die Stuckarbeiten stammen aber nicht von den Brüdern Gabrieli, wie landläufig bekannt ist, sondern vom Tessiner Stuckateur Giovanni Battista Clerici“, hat er recherchiert.

Aller Erhabenheit zum Trotz, die sich beim gemächlichen Aufstieg durch das eindrucksvolle Treppenhaus und beim Gang entlang der Jagdtrophäen im Nordtrakt einstellt, heißt es nun wieder zurück zur Bodenständigkeit: Die Filzpantoffeln warten. Ordentlich aufgereiht stehen sie bereit. Sie müssen über die Straßenschuhe gezogen werden, bevor die Besucher tiefer in die Adelsgeschichte eindringen dürfen, denn die außergewöhnlichen Böden müssen geschützt werden.
In Pantoffeln geht es dann vorbei an den Ahnen der Familie Hohenlohe-Schillingsfürst. Johannes Munique kennt jeden. Sein Wissen mag er aus Büchern haben, seine Ausführungen zeugen aber von leidenschaftlicher Empathie. Man kann kaum glauben, wer alles mit dem Hause Schillingsfürst verbandelt war. „Schillingsfürst hat eine zentrale Rolle in der Weltpolitik gespielt“, so der Museumsführer.

Im 19. Jahrhundert haben vier adelige Brüder aus Schillingsfürst besondere Aufmerksamkeit auf sich gezogen und ihre Porträts hängen allesamt in der Ahnengalerie. Der bekannteste darunter, Fürst Chlodwig (1819–1901), wählte die politische Laufbahn und wurde 1866 bayerischer Ministerpräsident, 1885 Statthalter von Elsass-Lothringen und war 1894 bis 1900 deutscher Reichskanzler.

Verbindung zu Franz Liszt

Sein Bruder Gustav Adolf (1823–1896) war Kurienkardinal, wurde aber wegen seiner Kritik am Unfehlbarkeitsanspruch des Papstes im 1. Vatikanischen Konzil vertrieben. Er lebte teils in Schillingsfürst, teils in der Villa d’Este in Tivoli und war eng mit Franz Liszt befreundet.

Der dritte Bruder Constantin (1828–1896) trat in den österreichischen Militärdienst ein und war als Hofmarschall und Obersthofmeister einer der einflussreichsten Würdenträger. Der vierte im Bunde, Viktor Herzog von Ratibor und Fürst von Corvey (1818–1893), wurde durch eine Erbschaft einer der reichsten schlesischen Magnaten und gehörte verschiedenen politischen Parlamenten an.

Johannes Munique erklärt die Schlosshistorie: Im Treppenhaus hängt ein Gemälde des Erbauers des Schlosses Fürst Philipp Ernst zu Hohenlohe- Schillingsfürst und seiner Gemahlin. Foto: am

Johannes Munique erklärt die Schlosshistorie: Im Treppenhaus hängt ein Gemälde des Erbauers des Schlosses Fürst Philipp Ernst zu Hohenlohe-
Schillingsfürst und seiner Gemahlin. Foto: am

Das Schloss der Fürsten sollte seit jeher auch Macht und Einfluss ausstrahlen und die Räumlichkeiten wurden entsprechend gestaltet. Der Gang durch das Museum beinhaltet die Besichtigung von sechs Privaträumen: Am Anfang steht der Damensalon, gefolgt vom Roten Salon mit auffallend großen Spiegeln. Johannes Munique weist auf zwei besondere Ausführungen hin: „Diese Spiegel aus Murano wurden zu Fuß und zwar auf dem Rücken getragen nach Schillingsfürst transportiert.“

Kunstvolle Intarsien

Darauf folgt der Billard-Salon mit einer Staubdecke mit türkischen Silberarbeiten. Auch hier ist die Stuckdecke aufwendig gearbeitet und zeigt Satyre, Buddhas, Adler oder Harfe spielende Männer. An den Billard-Salon schließt der Empfangssalon an. In jedem Raum werden die Fußböden exklusiver.

Der Hofschreiner Carl Maximilian Mattern war der Schöpfer. „Die Intarsien bestehen aus mindestens acht bis zehn Hölzern, das Dunkelste ist Mooreiche“, erklärt Johannes Munique. Löwen, Hunde, Pflanzen oder Blätterwerk liegen den Besuchern hier zu Füßen.

Durch das Speisezimmer mit dunkelroter Brokatwandbespannung geht es dann in den wohl berühmtesten Raum des Schlosses: das Arbeitszimmer des Fürsten Chlodwig. Seit seinem Tod 1901 soll das Zimmer unverändert geblieben sein. Erinnerungsstücke wie die Porträts seiner Brüder oder die originalen Notizbücher aus seiner Zeit als Statthalter und Reichskanzler stehen bzw. liegen noch auf dem Schreibtisch. „Und auch der Intarsienboden in diesem Zimmer ist in Feinheit und Ausführung einmalig“, erläutert Munique.

Selbst zu seiner Zeit als Reichskanzler hat Fürst Chlodwig immer wieder in Schillingsfürst gelebt. Was mag er wohl gedacht haben, wenn er aus dem Fenster über die Landschaft geblickt hat und die Weltpolitik geformt hat? Es sind die großen Momente, denen die heutigen Besucher nachspüren. Und manchmal finden wir sie auch. am