Fest zu Ehren der Stadt Sep01


Fest zu Ehren der Stadt

Am Brunnen in der Herrngasse werden Gerichtsverhandlungen mit mittelalterlichen Strafen nach­gestellt. Foto: am

Am Brunnen in der Herrngasse werden Gerichtsverhandlungen mit mittelalterlichen Strafen nach­gestellt. Foto: am

Die Reichsstadttage

So wie jeder Mensch in seinem Leben ganz individuelle Erfahrungen macht, so geht es auch einer Stadt. Rothenburg wurde bereits im 11. Jahrhundert erwähnt, aber richtig los ging es erst knapp zwei Jahrhunderte später. König Rudolf von Habsburg erhob Rothenburg am 15. Mai 1274 zur Freien Reichsstadt. Das bedeutete Ruhm und Einfluss für die Stadt. Die damit verbundenen Privilegien sorgten für einen erheblichen Bedeutungszuwachs und die Tauberstadt wurde mit über 6 000 Einwohnern eine der größten Städte im Alten Reich und somit zu einem politischen Machtzentrum. Bis 1802 Napoleon die Welt neu aufteilte, sollte das so bleiben.

Diese 528 Jahre Stadtgeschichte sind das historische Erbe der Stadt und werden alljährlich mit einem besonderen Fest, den Reichsstadttagen, gefeiert. Vom 1. bis 3. September ist es wieder so weit. Die Reichsstadttage werden von etwa 900 Teilnehmern aus verschiedenen Historiengruppen und in originalgetreuen Gewandungen präsentiert. In der Altstadt, in den Gassen, auf den Plätzen und auch vor der Stadtmauer lagern die Gruppen. Am Samstag und Sonntag ziehen einzelne Gruppierungen durch die Stadt und unterhalten die Besucher mit kleinen Einlagen.

Los geht das Fest schon am Freitagabend mit einem stimmungsvollen Auftakt. Vom Taubertal her ziehen die Historiengruppen über die Kobolzeller Steige zum Marktplatz. Der Einzug ist mit Fackeln beleuchtet und wird von Besuchern gesäumt. Am Marktplatz angekommen, werden alle Gruppen begrüßt und kurz vorgestellt. Nach dem Experiment ohne Feuer im Vorjahr wird es in diesem Jahr wieder eine Feuershow am Rathaus geben.

Der Samstag und Sonntag sind dann ein buntes Fest für die ganze Familie. Treiben lassen und Stadtgeschichte erleben heißt das Motto. An beiden Tagen stellt der „Pickelhering“ alias Schauspieler Reiyk Bergemann auf einer kleinen Bühne vor dem Rathaus die Historiengruppen unterhaltsam und informativ vor.
In der Herrngasse können Besucher das mittelalterliche Bürgerleben mit „Kind und Kegel“ erleben. Vor dem Brunnen in der Herrngasse werden zu angegebenen Zeiten Gerichtsverhandlungen wie anno dazumal nachgespielt. Manchmal schaut auch ein Medikus vorbei und hilft mit außergewöhnlichen Mitteln bei alltäglichen Wehwehchen. Unterhaltsam und kurzweilig sind die Vorführungen gestaltet.

An beiden Tagen schwingen auch die Schäfer ihre Beine. Der traditionelle Schäfertanz ist stets ein besonderes Erlebnis. Wenn die Gruppe mit ihren bunten Kleidern am Marktplatz einzieht und der Oberschäfer mit einem schmissigen Pfiff den Tanz startet, dann ist das Publikum gebannt bei der Sache. In verschiedenen Formationen und mit viel Kondition führen die Männer und Frauen ihre Tänze auf.

Über 500 Jahre Stadtgeschichte beinhaltet natürlich verschiedene Epochen. Nur am Samstagnachmittag zeigt die Stadtpfeifferey auf der Stöberleinsbühne Tänze und Musik der Renaissance.

Am Marktplatz vor dem Rathaus stellt der Schauspieler Reiyk Bergemann als Conférencier am Samstag und Sonntag die Historiengruppen vor.  Foto: am

Am Marktplatz vor dem Rathaus stellt der Schauspieler Reiyk Bergemann als Conférencier am Samstag und Sonntag die Historiengruppen vor. Foto: am


Wer ein ganz besonderes Stück der Stadtgeschichte erleben möchte, ist bei der Aufführung des Festspiels „Der Meistertrunk“ im Kaisersaal des Rathauses richtig. Die Laienschauspieler zeigen die Errettung der Stadt nach der Eroberung durch den obersten Heerführer Johann T’Serclaes Tilly im Dreißigjährigen Krieg auf der Bühne (am Samstag um 15.30 Uhr und 18 Uhr).
Am Samstagabend gibt es (wetterabhängig) ein besonderes Spektakel zu erleben: Rothenburg in Flammen. In Erinnerung an die Belagerung leuchtet Rothenburg an Abend in flammend roten Farben. Das Spektakel ist am besten von der Doppelbrücke aus zu beobachten. Wenn die „Flammen“ dann langsam abnehmen, wird noch ein beeindruckendes Feuerwerk gen Himmel geschickt, das die Freude über den Erhalt der Stadt repräsentiert.

Gespräche mit Darstellern

Und auch am Sonntag ist einiges geboten: Am Kapellenplatz findet nur an diesem Tag ein besonderer Markt statt: Bäuerliche Handwerksgeräte aus früheren Zeiten werden gezeigt, es gibt eine kleine Tierschau, besondere musikalische und unterhaltsame Einlagen und Besucher können einem Korbflechter über die Schulter schauen.

Im Spitaltorgraben, vor dem Rödertor und in der Klingenbastei lagern wie auch schon am Samstag historische Gruppen und freuen sich auf einen Besuch. Gerne kommt man miteinander ins Gespräch – so wie es sich bei einem Jubelfest eben ziemt. am