Ein Menschenfreund Okt01


Ein Menschenfreund

Albert Ströhlein vor seinem Haus in Brunst. Sein Hund Rolli ist immer an seiner Seite. Foto: am

Albert Ströhlein vor seinem Haus in Brunst. Sein Hund Rolli ist immer an seiner Seite. Foto: am

Albert Ströhlein bietet Benimmkurse an und lädt zu besonderen Hauskonzerten

Mitten in Brunst, zwischen Leutershausen und Dombühl gelegen, ist Albert Ströhlein angekommen. Sein romantisch, stilvolles Haus wollte einst niemand, denn es war ein eher unscheinbares Objekt in der Ortsmitte. „Ich habe gesehen was man daraus machen kann“, sagt er. Also hat er Hand angelegt, Wände herausreißen lassen, Zimmer neu gestaltet, Rosen gepflanzt. Es sollte nur sein Wochenendhaus werden. Nun ist es zu seiner neuen Heimat geworden. „Das hätte ich mir früher nicht vorstellen können“, erzählt er mit Nachdruck.

Ströhlein stammt zwar aus Erlach, dem Nachbarort, aber es zog ihn schon immer in die Ferne. „Mit 15 Jahren habe ich eine Kellnerlehre im Hotel Eisenhut begonnen“, erzählt der 68-Jährige. Das war sein Wunsch. Lange Jahre hat er dann in verschiedenen Häusern gearbeitet. Er war in Dedham in England beschäftigt, danach als Ordonanz-Soldat im Offizierskasino in Landsberg. Von dort ging es nach Rottach-Egern, an den Empfang zurück in den Eisenhut und dann als Service-Leiter ins Hotel Greifenpost in Feuchtwangen.

Nach der Ausbildung zum Serviermeister an der Berufsschule Rothenburg kamen noch Stationen in Neckar-Westheim und Bauzen bevor er von der Eröffnung der Bayerischen Landesvertretung in Berlin erfuhr. „Ich habe damals einen Bericht im Fernsehen gesehen und dachte mir, die brauchen bestimmt Personal“, erzählt er.

Also hat er sich beworben und war 19 Jahre als Service-Leiter in der Bayerischen Landesvertretung in Berlin angestellt. „Das war wie ein Sechser im Lotto“, kommentiert Albert Ströhlein, der seit einigen Jahren im Ruhestand ist. In der Bayerischen Landesvertretung war er für den Gastrobereich mit etwa zehn Angestellten zuständig.

Umgang mit Politikern

Er hat Roman Herzog, regelmäßig Angela Merkel und einmal auch Michael Gorbatschow umsorgt. Im Rahmen einer Veranstaltung mit Reden über Europa war auch Kardinal Ratzinger, der spätere Papst, zu Gast in der Landesvertretung. Edmund Stoiber und viele bayerische Minister waren natürlich regelmäßig vor Ort und Ströhlein hat für deren Wohl gesorgt. Das Arbeitspensum der Politiker hat er aus der Nähe erlebt und würdigt das: „Das sind fleißige Leute“, so Ströhlein.

In seinem Alltag hat er immer wieder erfahren, dass Menschen oft nicht wissen, wie sie sich genau verhalten sollen. Kommt der Kellner mit der Suppe, soll man da nach rechts oder links ausweichen und Platz machen? Und wohin kommt eigentlich die Serviette? Viele dieser Beispiele will er nun im Ruhestand den Interessierten erklären.
Nachdem er 2020 das Haus in
Brunst gekauft und innerhalb von neun Monaten umgebaut hat, ist in sein Wohnzimmer ein großer Tisch eingezogen, der mittlerweile eine zentrale Funktion hat. Albert Ströhlein bietet hier Benimm-Kurse an. „Ich bin ein Gräber, der ans Tageslicht holt, was eigentlich schon vorhanden ist“, erzählt er. Für Gruppen von 4 bis 16 Personen hat er ein unterhaltsames Programm ausgearbeitet. Anhand von praktischen Situationen wie „Ich habe Gäste“ oder „Ich bin eingeladen“ gibt er wertvolle Tipps. Etwa drei Stunden dauert ein Kurs und die Stimmung ist ganz locker. Was die Menschen interessiert, wird besprochen. So ergeben sich auch ganz spontan neue, ungeplante Themen.

Die Jugendlichen aus dem Dorf waren schon bei ihm im Benimm-Kurs, ebenso Frauengruppen oder bunt gemischte Interessengemeinschaften jeden Alters. Die Kurse bei Albert Ströhlein sind umsonst – ja richtig gelesen. Im Eingang steht ein Sparschwein, das nimmt gerne eine Spende entgegen.

Den darin befindlichen Obolus verwendet Ströhlein für sein Hobby: Er veranstaltet gesellschaftliche Einladungen und verknüpft diese mit einem Hauskonzert. „Andere gehen Golf spielen und ich lade mir eben Gäste ein“, so sein Kommentar.

Ströhlein ist bekennender Monarchist. Sein Wissen und Interesse an den Königshäusern ist breit gefächert. Heutzutage laden Menschen zu Geburtstagen und Feierlichkeiten ein. Ströhlein zelebriert dagegen die Einladung noch als gesellschaftliches Ereignis.

Etwa alle zwei Monate lädt er formvollendet ein. Der große Tisch im Wohnzimmer mit Platz für 22 Personen wird eingedeckt, Stehtische und mobile Buffets aufgebaut.

Durch seine guten Verbindungen hat er zwei Köche, die sich um das Menü kümmern. Klaus Beckmann, kreativer Koch aus Berlin, reist eigens dazu an. Sein langjähriger Kollege aus Feuchtwangen, Hobbykoch Werner Schäfer, hat bei einer Einladung sogar ein zehn-gängiges Menü in einzelnen Schälchen gezaubert. Gepaart ist das Ereignis stets mit einem Konzert.

Erste Matinee

Das erste Hauskonzert hat die Liszt-Meisterschülerin Viktoria Hirschhuber gespielt. „Ich war im Konzert in Schillingsfürst mit meiner Patentante Anni Ströhlein“, erzählt der engagierte Gastgeber, „Danach hat sie gesagt: Die laden wir mal ein.“

Zur Einladung gehört auch immer ein Konzert: Liszt-Experte Leslie Howard hat bei „Liszt isst“ eine Kostprobe seines Könnens gegeben.  Foto: Privat

Zur Einladung gehört auch immer ein Konzert: Liszt-Experte Leslie Howard hat bei „Liszt isst“ eine Kostprobe seines Könnens gegeben. Foto: Privat


Mittlerweile waren verschiedene musikalische Gruppen bei ihm zu Gast, darunter auch die Rothenburger Hans-Sachser. Er ist stets auf der Suche nach Künstlern, die einen Abend bei ihm musikalisch begleiten wollen. „Ich kann aber leider keine Riesengage zahlen“, so Ströhlein.

Wichtig ist ihm auch ein gewisser Bildungsauftrag. Am 6. Juli hat er zu „Liszt isst“ öffentliche Personen und auch Künstler aus dem Schillingsfürster Kulturbereich eingeladen. Mit dazu bat er die Jugendlichen aus dem Dorf, die bei ihm den Benimm-Kurs gemacht hatten. Sein Hintergedanke: die jungen Leute an die Kultur heranführen. „Vielleicht gehen sie dann auch mal ins Konzert nach Schillingsfürst“, hofft er.

Albert Ströhlein selbst ist ein vielfältig interessierter Mann. Die Pfingstfestspiele in Rothenburg besucht er ebenso wie die Lisztkonzerte. Er schaut in Brunst beim Feuerwehrfest vorbei und spendiert einen Pokal für das Indiaka-Turnier. Er engagiert sich im Vorstand des Kulturvereins Schillingsfürst, ist im Schützen- und Heimatverein
Brunst und auch als Messner tätig. „Sogar der Frauenstammtisch, an dem meine verstorbene Patentante teilnahm, hat mich adoptiert“, erzählt er schmunzelnd.

Die „Bruschd“ wie die Einheimischen sagen, ist seine Heimat geworden. Früher sei er viel gereist. Russland, die Krim, China, Ägypten, Thailand hat er erkundet. Jetzt zieht es ihn nicht mehr weg und er genießt das Treffen mit seinen Gästen sowie die Dorfgemeinschaft. „Den Zusammenhalt schätze ich sehr und trage gerne dazu bei“, sagt er mit Nachdruck. am