Unermüdlich im Einsatz Mai01


Unermüdlich im Einsatz

Friedrich Gräf arbeitet seit 58 Jahren am Bau und ein Ende ist nicht in Sicht

Hier ist sein Zuhause und seine ganze Leidenschaft. Friedrich Gräf und die Ölmühle in Bettwar – das gehört einfach zusammen. Im Jahr 1968 hat sein Vater die historische Mühle gekauft und seit 1972 wohnt die Familie dort. Auf Fotos ist zu sehen, dass das Gebäudeensemble, das aus dem Jahr 1486 stammt, damals ziemlich verfallen war. Dazu kommt ein rund 6 000 Quadratmeter großes Areal mit etwa 100 Metern steinerner Gartenmauer zur Tauber hin. „Wir haben viele Jahre jede freie Minute in die Mühle und das Anwesen investiert“, erzählt Friedrich Gräf.

Friedrich Gräf und seine Enkeltochter Lilian vor der Ölmühle in Bettwar. Foto: am

Friedrich Gräf und seine Enkeltochter Lilian vor der Ölmühle in Bettwar. Foto: am

Die Gräfs stammen aus Bettwar und Friedrich Gräf sen. hat 1935 eine Baufirma gegründet. Er war Maurermeister und damals gab es nur wenige Baufirmen. „Man hat einfach gemacht, was man konnte“, erzählt Friedrich Gräf. Dass er selbst in die Fußstapfen seines Vaters tritt, war irgendwie klar. Friedrich Gräf hat Maurer gelernt, einige Jahre bei der Firma Stein gearbeitet, die Meisterprüfung abgelegt und 1977 das Geschäft übernommen. „Es war ja schon viel Kundschaft vom Senior da“, erzählt er.

Umbauen und Renovieren prägt also nicht nur seinen beruflichen Alltag, sondern ist offensichtlich auch ein Familienvergnügen. Wobei es nicht immer so vergnüglich zuging. Dreimal hat das Hochwasser der Tauber die Wohnräume überschwemmt. „Ein Fass ohne Boden“, kommentiert Gräf. Aber auch eine Aufgabe, die jung hält. Mittlerweile ist alles top in Schuss und Friedrich Gräf und seine Frau Gertrud haben viele Jahre auch Ferienwohnungen vermietet. Da Gertrud Gräf nun gesundheitlich angeschlagen ist, geht das nicht mehr. Die Baufirma betreibt Friedrich Gräf aber nach wie vor. „Aber nur noch mit einem Mitarbeiter“, erzählt er, „und der hat auch schon bei mir gelernt.“

Eine Langlebe-DNA
Seit 45 Jahren ist er der Chef seiner eigenen Firma. „Und ich arbeite schon 58 Jahre auf dem Bau“, erzählt der 72-Jährige. Das macht ihm so schnell keiner nach. Fit wirkt er, beinahe jugendlich. Jeder frage, wie lange machst du denn noch, erzählt er. „Solange es gesundheitlich geht, die Qualität der Arbeit passt und die Leute mich wollen“, ist seine Antwort.

Ein Rentnerdasein kann er sich nicht vorstellen. Er schüttelt nachdrücklich den Kopf. Es ist nicht nur die Arbeit, die ihn offensichtlich jung hält, es sei auch die Unterhaltung mit den Leuten, die ihm wichtig ist, merkt er an. Das Zwischenmenschliche eben. „Und mein Senior hat mit 90 Jahren auch noch die Steine geklopft“, erzählt er. Wenn er von seinem Vater Friedrich Gräf spricht, nennt er ihn gerne „mein Senior“.

In der Hochzeit hat die Baufirma zehn Mitarbeiter gehabt. „Wir sind weit herumgekommen“, erinnert sich Gräf. Eine Lagerhalle der Mitteldeutschen Chemie in Halle hat er mit seinen Mitarbeitern umgebaut oder eine Bodenplatte auf drei Ebenen für ein Haus mit 25 Ecken im Schwäbischen fertiggestellt. „Das hat auf den Zentimeter gepasst“, erzählt er. Meist kamen diese entfernten Aufträge über bereits bestehende Kontakte zustande.

Friedrich Gräf hat keine Scheu vor Herausforderungen. Ganz im Gegenteil. „Das nimmt man halt“, kommentiert er trocken. „Wir haben eigentlich alles gemacht“, erinnert er sich. Vom Fundament über Putzarbeiten, Steinmetzarbeiten, Pflasterarbeiten, Gartenanlagen, Instandsetzungsarbeiten bis hin zum ganzen Hausbau – natürlich bis auf Strom und Wasser. Aktuell hat er die Natursteinarbeiten zu einem Schwerpunkt entwickelt.

Viele Kunden sind Stammkunden und nehmen seine Dienste immer wieder in Anspruch. Dabei geht es bei Friedrich Gräf noch unkompliziert zu. Entweder man ruft an oder kommt vorbei und trifft ihn mit etwas Glück an. Oder er kommt zum Kunden und schaut sich den Auftrag an. Hier menschelt es noch. Die digitale Welt ist eher nicht so sein Ding.
Und dann ist da noch die Sache mit den Mühlen. Als Mühlenbesitzer und Bauspezialist kennt sich Friedrich Gräf da bestens aus. Er schätzt, dass er in etwa 90 Prozent der Mühlen im Taubertal auf irgendeine Art und Weise schon Hand angelegt hat. Er sei in den meisten wie daheim, erzählt er. In der Walkmühle hat er ein neues Wasserrad eingebaut und Betonarbeiten am Wasserbau gemacht, neben diversen Arbeiten musste in der Herrnmühle eine Stützmauer am Mühlbach erneuert werden. Aber auch in der Fuchsmühle, der Pulvermühle, der Dorfmühle, der Weißenmühle, der Langenmühle, der Uhlenmühle in Tauberzell und der Karren- und Salznersmühle in Tauberscheckenbach hat er gearbeitet. Alle seine Einsätze im Taubertal und auch in Rothenburg kann man gar nicht aufzählen. Er selbst nimmt es bescheiden, zuckt nur kurz mit den Schultern. Ganz nach dem Motto: Man hat halt gemacht, was anfiel.

Foto links: In den 1970er-Jahren haben die Gräfs die Ölmühle kernsaniert. Fotos: Privat Foto oben: Im Aufenthalts- und Frühstücksraum für die früheren Feriengäste sind alte Mühlsteine in die Wände eingefügt.

Ein erfülltes Leben
Schon seit geraumer Zeit lässt es Friedrich Gräf etwas „ruhiger“ angehen. Er ist froh, dass er nicht mehr die Verantwortung für zehn Mitarbeiter tragen muss. Mit seinem einzigen Angestellten Martin Kleinschrodt ist er unter der Woche gut ausgelastet. Am Samstag arbeitet er an seiner Ölmühle, denn da gibt es immer was zu tun. Am Sonntag erledigt er die Büroarbeiten. Müßiggang ist nicht sein Ding. Nach wenigen Minuten sieht er immer wieder etwas, das unbedingt erledigt werden muss.

Nur bei seinen Gänsen und Hühnern schaltet er für einen Moment mal so richtig ab. Geht er Richtung Gehege, wird das Schnattern schon lauter, obwohl er noch ein ganzes Stück entfernt ist. „Die machen sich schon bemerkbar, wenn ich gelaufen komme“, sagt er. Schön haben es die Tiere. Gleich neben der Tauber, direkt am Mühlbach, der durch die Ölmühle fliest, haben die Tiere hier ein ganz entspanntes Leben. Und verkauft werden sie auch nicht, denn das Federvieh ist nur für den Eigenverbrauch der Gräfs gedacht. „Oder mal als Geschenk für einen besonderen Kunden“, merkt Friedrich Gräf an.

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