Sein Name bleibt Sep01


Sein Name bleibt

Eichii Takeyama, ein Maler, der nicht nur in Rothenburg Spuren hinterlässt

Leben und Malen in der kleinen romantischen Stadt im Taubertal, diesen Traum hat sich Eichii Takeyama erfüllt. Foto: Privat

Leben und Malen in der kleinen romantischen Stadt im Taubertal, diesen Traum hat sich Eichii Takeyama erfüllt. Foto: Privat

Er gehört seit etwa 28 Jahren zum Stadtbild Rothenburgs. Eichii Takeyama, der japanische Professor für Kunst und Philosophie, der schon früh am Morgen oder in den Abendstunden mit dem Pinsel eigene Gedanken und Gefühle seiner Umgebung auf die Leinwand bringt. Er hat vor vielen Jahren sein Herz an die Tauberstadt verloren.

Aus der Mega-Metropole Tokio mit fast zehn Millionen Einwohnern stammend, verlief er sich bei einer Skizzenreise durch Deutschland mit zwanzig bis dreißig Motivsuchenden in das beschauliche Städtchen an der romantischen Straße.

Maler wie Wassily Kandinsky und Carl Spitzweg haben sich schon von der mittelalterlichen Stadt mit den geschwungenen Hügeln und Tiefen des Taubertals inspirieren lassen. „Die spitzen roten Dächer, die kleinen Gassen, aber besonders der Anblick der Doppelbrücke, in dessen Hintergrund die Silhouette der Stadt thront, hat mich einfach hingerissen“, erzählt er mit strahlenden Augen. Dieser Anblick veranlasste ihn, seine Wirkungs- und Lebensstätte nach Rothenburg zu verlegen.

Besonders wohltuend empfand er die Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit der Menschen. „Nie werde ich vergessen, wie mir ein Wirt, während ich so vor mich hinmalte, ein Glas Wein anbot“, erzählt er mit einem herzlichen Lächeln auf den Lippen. Man hat ihn gerne in den Gassen sitzen sehen und mit der Zeit gehörte er irgendwie dazu.

Hier hat er viele gute Freunde gefunden, betreibt seit 1994 eine eigene Galerie (heute Herrngasse) und hat als freischaffender Künstler Ausstellungen in Düsseldorf, München, Volkach, Bronnbach, einmal im Jahr in Tokio und natürlich auch in Rothenburg gegeben. Im Jahr 2001 wurde Takeyama in Ahlen mit dem 11. internationalen Künstlerpreis ausgezeichnet.

Bewegte Jahre

Zeit seines Lebens waren Malen, Zeichnen, Gesang, aber auch der Tennissport treue Begleiter. Schon als Grundschüler in seinem Geburtsort Asakusa (1937), einem Stadtteil Tokios, wurde er von Lehrkräften aufgefordert, Schilder wie „Bitte nicht rennen in den Gängen des Schulgebäudes“ mit seinem zeichnerischen Können darzustellen. „In Japan muss alles, was man tut, exakt sein“, so der Farbkomponist.

In der Mittelschule schloss er sich einer Kunstgruppe an, bei der er in der technischen Perfektion des Malens geschult wurde. Mit Begeisterung sang er in einem Chor japanische Volkslieder. Nach seinem Studium für Philosophie, Kunst und Erziehung an der Universität in Taito, wurde er Mitglied der „International Professional Artist“ und der „Japan Association“ und lehrte als Kunstprofessor (1980 bis 1983) an der Taitoer Universität. Im Jahre 2004 wurde er für seine Lehrtätigkeit in der Kunsterziehung ausgezeichnet.

„Mein Universitätsprofessor hat mich gelehrt, das die Kunst des Malens etwas mit der Herzenshaltung zu tun hat und empfahl mir unbedingt das Fach Philosophie hinzuzunehmen, was ich heute nur bestätigen kann“, sagt er mit einem leichten Kopfnicken.

Seelenbilder

Eichii Takeyama erfasst seine Motive nicht einfach nur mit den Augen. Vielmehr „komponiert“ er aus seiner eigenen emotionalen Perspektive heraus bisweilen abstrakt-kubistische Traumdarstellungen, die in der Regel mit Konturen von Türmen, Giebeln und Häusern Rothenburgs hinterlegt sind. Oft werden Frauenbilder und japanische Kirsch- oder Hibiskusblüten angedeutet, die in Gesellschaft mit Vögeln einen paradiesischen Eindruck hinterlassen. Der Künstler schenkt dem Betrachter Raum für eigene Eindrücke und lässt ihn in seine individuelle Traumwelt eintauchen.

Seine ausdrucksstarken Bilder stellt er nicht nur als Mitglied im Rothenburger Künstlerbund aus, sondern zeigt seine Werke einmal im Jahr in Tokio, dessen Künstlerbund er ebenfalls angehört. „Vor einem Monat schrieb mir der Tokioer Verein, dass mein Name bleibt, auch über meinen Tod hinaus“, erzählt der heute 85-Jährige.

Die letzte Ausstellung Takeyamas ist im RothenburgMuseum zu sehen. Foto: am

Die letzte Ausstellung Takeyamas ist im RothenburgMuseum zu sehen. Foto: am

Mit einer ähnlichen Leidenschaft betrieb er den Tennissport. Viele Jahre gehörte er einem japanischen Tennisclub als Trainer der Topklasse an, wie er selber sagt und hielt auch in seiner zweiten Heimat Rothenburg am Tennissport fest. Nach zwei Jahren seiner Mitgliedschaft im Rothenburger Tennisverein schaffte er es in die zweite Landesliga und gab zusätzlich Trainerstunden.

Japanische Genauigkeit

„Ob es um Kunst, Gesang oder Sport geht, in Deutschland geht es mehr um Freude am Tun als um die perfekte Technik. In Japan ist das anders“, sagt er und zeigt die richtige Schrittstellung beim Tennisaufschlag mitten in seinem Atelier.

Was ihm mit seinen Bildern gelang, ist eine Brücke zu schlagen zwischen der asiatischen und der europäischen Welt mit zwei völlig verschiedenen Mentalitäten.

Doch auch Rothenburg hat sich verändert. Als Eichii Takeyama in die Stadt kam, war es noch ein wenig heimeliger, wie er es empfindet. Heute ist es anders, was seine Sehnsucht nach Japan immer stärker werden lässt. Obgleich die Farben der Fassaden von naturbelassenen Tönen hin zu kräftig bunter Optik gewechselt hat.

Nach einer etwas längeren Krankheitsphase hat es ihn mehr und mehr nach seinem Zuhause verlangt. Der Kontakt zu seiner Familie ist und war ihm immer wichtig. Seine beiden Kinder, ein Sohn (Staatsanwalt und Richter), der ihm schon einen Enkel geschenkt hat, und eine Tochter, die als Modedesignerin arbeitet, verstärken die Heimatverbundenheit um so mehr.

„Ich möchte meinen Lebensabend im Kreise meiner Lieben verbringen und Rothenburg, vor allem aber gewonnene Freundschaften, in guter Erinnerung halten.

Abschied

In seinem Buch „Rothenburger Impressionen“ ist ein Grußwort von Altbürgermeister Herbert Hachtel zu lesen. In dem schreibt er, dass es wohl nicht vermessen sei zu behaupten, dass Eichii Takeyama hier in der Tradition des berühmten Malers Kaj Higashiyama steht. Der Künstler hat während seiner Ausbildungszeit in den 1930er-Jahren Rothenburg und die Romantische Straße kennen- und liebengelernt und hat sich ebenso der Schönheit der Landschaft malerisch gewidmet.

Es wird wohl seine letzte Ausstellung in der Tauberstadt sein, die Sonderausstellung im Rahmen von „Pittoresk! Fremdbild-Selbstbild – Wiederaneignung“ im RothenburgMuseum, die noch bis Ende Oktober zu sehen sein wird. Die Motive wechseln zwischen Traumbildern, märchenhaften Wesen wie Schlange und Pfau und japanischen Perspektivwechseln.

Wann genau der namhafte Künstler in seine Heimat zurück kehren wird, ist noch offen. Rothenburg wird ihm immer in guter Erinnerung bleiben. ul