Mit Herz und Tatkraft Aug01


Mit Herz und Tatkraft

Johann Stein hat seine Baufirma groß gemacht. Auch mit 82 Jahren ist er noch täglich vor Ort. Foto: am

Johann Stein hat seine Baufirma groß gemacht. Auch mit 82 Jahren ist er noch täglich vor Ort. Foto: am

Johann Stein hat sich für seine Baufirma und die Gesellschaft eingesetzt

Es ist einer dieser unglaublich heißen Sommertage. Ich treffe Johann Stein im Firmensitz in Wachsenberg. Das Besprechungszimmer ist klimatisiert, denn er hat bei der Hitze etwas Schwierigkeiten beim Atmen. Ansonsten wirkt er mit seinen 82 Jahren topfit.

Johann Stein ist noch einer vom alten Schlag. Über 40 Jahre hat er die Geschicke der Firma Stein geschmiedet. Er ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Unternehmer, der nie geruht hat. „Wenn ich in all den Jahren vielleicht 20 Tage Urlaub gemacht habe, dann ist das viel“, erzählt er. Mittlerweile hat er natürlich mehr Freizeit, ist aber trotzdem noch regelmäßig in der Baufirma Stein anzutreffen und steht beratend zur Seite.

Mit gebührlichem Respekt

„Seine Meinung zählt nach wie vor“, sagt Franziska Eberlein, die als Auszubildende bei ihm gelernt hat, lange Jahre seine Sekretärin war und heute kaufmännische Leiterin ist. Seine Jahrzehnte lange Erfahrung gepaart mit einer bodenständigen Menschlichkeit ist ein Füllhorn, aus dem er schöpfen kann. Wenn er zurückblickt auf sein Leben, dann fallen die Worte: „Ich bin sehr zufrieden“. Dabei wurde ihm nichts geschenkt. Ganz im Gegenteil.

Heutzutage ist die Baufirma Stein in der ganzen Region und weit darüber hinaus bekannt. Als Johann Stein im Jahr 1961 das Unternehmen von seinem Vater übernahm, kannte den Namen Stein keiner. „Ich war das kleinste Licht der Bauunternehmer in Rothenburg und Uffenheim“, erinnert er sich.

Und auch der erste Moment, als er Verantwortung tragen musste, hat sich ihm eingeprägt. Die Familie stammt aus Wachsenberg und sein Vater Johann Georg Stein hat 1938 die Baufirma gegründet. Johann Stein ging mit 15 Jahren bei ihm als Maurer in die Lehre. Die Steins hatten etwa fünf Mitarbeiter und nebenher noch Landwirtschaft. Das Unternehmen lief gut, aber die klassischen Büroarbeiten ließ der Vater etwas schleifen.

Feuertaufe bestanden

Als dieser 1960 krank wurde, musste Johann Stein mit gerade Mal 19 Jahren übernehmen. Das Bankkonto war im Minus, da ausstehende Rechnungen noch nicht beglichen waren, aber die Löhne mussten ausgezahlt werden.„Ich bin in die Bank zu Oskar Schubart gegangen und habe um Geld gebeten“, erinnert sich Johann Stein. Das wurde ihm verweigert. „Da bin ich in Tränen ausgebrochen“, erzählt er, „Da stehst du mit 19 und kannst die Löhne nicht bezahlen.“ Man hatte Mitleid mit ihm und nach langen Diskussionen gab man ihm das Geld.

„Das sollte mir nicht mehr passieren“, erzählt Johann Stein und fügt an: „Ich habe nie mehr Schulden gemacht, sondern immer nur das Geld investiert, das da war.“ Diese gut überstandene Feuertaufe hat sein Vater, der dann 1961 gestorben ist, noch mitbekommen. „Am Sterbebett musste ich ihm versprechen, dass ich für meine Mutter und Schwester sorge“, erzählt Johann Stein. Der 19-Jährige war also in der Pflicht.

Johann Stein in seinem zweiten Lehrjahr. Das Bauhandwerk hat er von der Pike auf gelernt.  Foto: Privat

Johann Stein in seinem zweiten Lehrjahr. Das Bauhandwerk hat er von der Pike auf gelernt. Foto: Privat


„Ich brauchte damals noch eine Volljährigkeitsbestätigung, um die Geschäftsführung zu übernehmen“, erinnert er sich. Er hat das Unternehmen dann betriebswirtschaftlich auf fundierte Füße gestellt und 1962 seine Meisterprüfung gemacht.

Im selben Jahr ist er mit der Firma, die bis dahin im Elternhaus mitten in Wachsenberg untergebracht war, an den Ortsrand gezogen. Wo heute das über drei Hektar große Firmenareal ist, hat er die erste Halle und 1963 sein Wohnhaus gebaut. „Ich wollte das Unternehmen einfach ausbauen“, erklärt er.

Parallel dazu hat Johann Stein an seiner eigenen fachlichen Entwicklung gearbeitet. „Ich habe zuerst das Fachabi nachgeholt und dann Fachkurse belegt“, so Stein. Über ein Fernstudium hat er im Jahr 1972 seinen Abschluss zum Architekten gemacht. „Nun konnte ich auch Pläne machen“, so der Unternehmer.

Er musste nur noch bekannt werden und große Aufträge bekommen. Also hat er sich engagiert. Er ist in den Schützenverein in Rothenburg und in Neusitz eingetreten und in den Reit- und Fahrverein. „Auch da muss man sich hochdienen, damit man etwas zu sagen hat“, weiß Johann Stein.

Im Reit-und Fahrverein war er im Vorstand und hat den Bau der Reithalle am Schwanensee auf den Weg gebracht. Als Sportler hat er mit den eigenen Pferden vorwiegend an Springreitturnieren teilgenommen.

Johann Stein wurde sichtbar und als tatkräftiger, verlässlicher Partner wahrgenommen. So kamen große Aufträge beispielsweise von AEG, der Firma Ehmann oder Bohne & Co. Die Baufirma Stein realisierte Rohbauten, Fabriken und Einfamilienhäuser. „Ich war einer der Ersten, der gemeinschaftlich mit meinen Geschäftspartnern schlüsselfertig baute“, sagt Johann Stein.

Ehrenamtliches Wirken

Freizeit ist ein Wort, das in seiner aktiven Zeit nicht existierte. Zusätzlich zu seinem Alltag als Firmenchef war er 30 Jahre im Gemeinderat in Neusitz aktiv. Von 1990 bis 2002 war er für zwölf Jahre zweiter Bürgermeister. „Das war eine Abwechslung zu meinem geschäftlichen Alltag“, begründet er seinen ehrenamtlichen Einsatz. Unter seiner Mitwirkung wurde der Kindergarten auf den Weg gebracht und die Schule in Gebsattel gebaut. Das bedurfte langer Verhandlungen mit viel Feingefühl. Als Schulverbandsvorsitzender hat er den Prozess aktiv gestaltet. Außerdem war er lange Jahre der Obermeister der Bauinnung Rothenburg-Uffenheim und sogar als Richter aktiv. „Ich war 25 Jahre ehrenamtlicher Finanzrichter am Finanzgericht in Nürnberg“, so Stein.

Für das Ehrenamt muss man vorgeschlagen und dann gewählt werden. Insgesamt fünf Richter, darunter zwei Ehrenamtliche, urteilen über Finanzdelikte. „Herr Stein, wie sehen sie denn den Fall?“, sei er oft von den Richtern gefragt worden, erinnert sich Johann Stein. „Und zu 80 Prozent stimmten unsere Meinungen überein“, sagt er.
Im Jahr 2010 ist sein Sohn Christian Stein auch hier in seine Fußstapfen getreten und übt seitdem auch das Ehrenamt des Finanzrichters aus.

„Mein Sohn Christian ist unwahrscheinlich tüchtig und geschäftlich hervorragend. Das freut mich sehr“, sagt Johann Stein mit Nachdruck. Nach einer schweren Erkrankung hat er im Jahr 2003 das Unternehmen an seinen Sohn übergeben. Reibungslos, wie er anfügt. Was kann einem Unternehmer Besseres passieren, als dass der eigene Sohn das Lebenswerk fortführt?

Christian Stein hat das Unternehmen aber nicht nur fortgeführt, sondern weiter vergrößert. Aus den 50 Mitarbeitern zur Zeit der Übergabe sind heute in der Spitze weit über 100 Arbeiter geworden, die am Bau tätig sind.

„Ich habe sehr viel Glück im Leben gehabt“, ist sich Johann Stein sicher. Und zwar nicht nur als Unternehmer, sondern auch als Fami-
lienmensch. Seit über 40 Jahren ist er mit seiner Frau Gudrun verheiratet, die jahrzehntelang im Betrieb tätig war. Er hat einen guten Kontakt zu seiner Tochter und seinen beiden Enkelinnen – und kümmert sich auch um Freunde und Bekannte. So manchem Unternehmer hat er schon aus der Patsche geholfen.

Verantwortung zu tragen war und ist für ihn keine Last, sondern eine Tugend. „Ich bin immer froh, wenn ich helfen kann“, sagt der 82-Jährige. am