Gemeinsam stark Nov09


Gemeinsam stark

Die LBV Schrozberg vernetzt die Landwirtschaft mit der Gesellschaft

Andreas Rohr im Raiffeisenmarkt in Schrozberg, wo sich die Zentrale der Genossenschaft befindet. Foto: am

Andreas Rohr im Raiffeisenmarkt in Schrozberg, wo sich die Zentrale der Genossenschaft befindet. Foto: am

Der Fokus der Menschen hat sich verändert. Regionalität, Nachhaltigkeit, kurze Transportwege, eine gute CO2-Bilanz und das Wissen um die Herkunft von Nahrungsmitteln sind Themen, die vermehrt ins Bewusstsein kommen.

Wer zukunftsfähig sein will, muss sein Unternehmen darauf ausrichten. Die LBV Schrozberg auch – mit einem kleinen Unterschied: Was heute zum Trend geworden ist, macht die Agrargenossenschaft eigentlich schon seit 1913. „Wir müssen es für den Verbraucher nur noch deutlicher machen“, sagt Andreas Rohr, der seit 2018 Geschäftsführer der LBV Raiffeisen e.G. Schrozberg ist.

Aus der Not entstanden

Vor fast 110 Jahren haben sich die Hohenloher Landwirte zusammengeschlossen. Die Ernte war 1913 schlecht, die Zeiten schwer und mit der Gründung der Landwirtschaftlichen Bezugs- und Verwertungsgenossenschaft (LBV) wollten die Bauern gegensteuern. Zur gemeinsamen Vermarktung der Ernte kam bald der Handel mit Bedarfsartikeln für die Landwirte. Eine Besonderheit im Gefüge der bundesweiten Agrargenossenschaften war und ist die Gründung einer Bäckerei bereits im Jahr 1923. „Damals ging es einfach um die Versorgung der Mitglieder und deren Beschäftigten“, so Andreas Rohr. Nach seinen Kenntnissen, gibt es das deutschlandweit sonst nirgendwo.

Die Bäckerei ist über die Jahre gewachsen und hat 2021 den neuen Namen „Die Bäckerei in Bauernhand“ bekommen, der nun nach und nach auch visuell umgesetzt wird. Damit soll deutlich werden, dass die Bauern vor Ort viele der Rohstoffe für die Bäckerei anbauen.

Zweimal am Tag werden die 27 Filialen von der 2016 neu gebauten Bäckerei-Produktion (mit 2 500 Quadratmetern Fertigungsfläche) beliefert.

Weizen oder Dinkel vom Hohenloher Acker wird in der LBV-eigenen „Die Bäckerei in Bauernhand“ (hier die Filiale in Schrozberg) zu Brot und Gebäck verarbeitet. Foto: am

Weizen oder Dinkel vom Hohenloher Acker wird in der LBV-eigenen „Die Bäckerei in Bauernhand“ (hier die Filiale in Schrozberg) zu Brot und Gebäck verarbeitet. Foto: am

Zusätzlich sind vier Backmobile unterwegs, auch in und rund um Rothenburg. Sie versorgen die Menschen mit Brot, Brezen und Gebäck. Seit Herbst gibt es in Crailsheim auch einen Vortagsladen, der somit auf Nachhaltigkeit setzt.

Den Bauern verpflichtet

Etwa 340 Mitarbeiter sind allein im Bäckereibereich beschäftigt. Insgesamt hat die LBV Schrozberg rund 570 Mitarbeiter. Im Jahr 2021 lag der Umsatz bei etwa 74 Millionen. „Unsere größte Sparte mit knapp 50 Prozent des Gesamtumsatzes ist aber nach wie vor der landwirtschaftliche Bereich“, so Rohr. Dazu zählt er auch die Geschäftsfelder Diesel und Heizöl.

Die Agrargenossenschaft hat rund 1 000 Mitglieder. Wer dabei sein will, muss eigenes Land haben. Nach Auskunft von Andreas Rohr sind 500 Mitglieder noch aktiv in der Landwirtschaft tätig, 250 davon leben von der Landwirtschaft. Der Strukturwandel ist hier angekommen. Weniger Fleisch wird gegessen, der Tierbestand wird kleiner, Flächen werden frei. „Das tangiert uns schon“, so Rohr.

Zu den klassischen Bereichen einer Agrargenossenschaft wie Ernteerfassung, Einlagerung oder Vermarktung von Getreide kommen Dienstleistungen wie das Angebot an Saatgut, Dünger und Pflanzenschutzmitteln oder auch die Belieferung mit losen Futtermitteln und Zusatzstoffen.

„Die Hauptkultur bei uns ist Raps“, erläutert Andreas Rohr, „Etwa 6 000 Tonnen haben wir in der Erfassung.“ Früher wurde das meiste davon von den Landwirten für das Futter verwendet. 2019 kam dann die Idee auf, den Raps in der eigenen Ölmühle zu hochwertigem Öl zu pressen.

In zwei Rapsmühlen in Blaufelden entstehen jährlich etwa 2 000 Tonnen Rapsöl, sowohl hochwertig kalt gepresstes Rapsöl, das als Speiseöl (1. Pressung) verwendet werden kann, als auch Futteröl und Rapskuchen für die Tierhaltung. Das hochwertige Rapsöl der LBV ist in den Raiffeisenmärkten in Schrozberg, Gerabronn und Rot am See erhältlich, wie auch in einigen Hofläden und in den drei Edeka-Märkten, die die LBV betreibt. „Das Speiseöl verkaufen wir in 0,5 l Flaschen, Tendenz steigend. Ziel ist es bis 2025 etwa 200 Tonnen als Speiseöl zu vermarkten“, so Andreas Rohr.

Angeschlossen an das LBV Einkaufszentrum Schrozberg, das die Menschen mit landwirtschaftlichen Artikeln für den täglichen Bedarf sowie mit zahlreichen weiteren Produkten wie Getränken, Textilien, Pflanzen, Spielwaren, Haushaltsartikeln und vielem anderen versorgt, wurde 1998 der erste Edeka-Markt der LBV eröffnet. Dazu kam die Übernahme des Edeka-Marktes in Gerabronn sowie 2010 dem in Ilshofen. Mitglieder und Landwirte der LBV Schrozberg produzieren nach Gutfleisch-Richtlinien und versorgen über die Edeka-Schiene den heimischen Markt mit regional produzierten Fleischwaren. Die LBV ist somit ein großer Versorger in der Region.

Die Verbindung von Landwirten, den produzierten Rohstoffen und den Konsumenten liegt Andreas Rohr am Herzen. Erfolgreich ist bereits der Anbau von Braugerste für „Franken Bräu“ in Riedbach. „Weizen, Dinkel, Emmer, Lein, Kürbiskerne oder Mohn bauen die Landwirte für unsere Bäckerei an“, erzählt Rohr. Im Jahr 2020 kam eine weitere Idee auf: Kichererbsen.
Edeka hat Interesse an dem Projekt gezeigt, einen Partner ins Boot geholt, der die Kichererbsen industriell aufbereitet und die Idee wurde größer gedacht. Dafür brauchte Edeka eine Charge von 300 000 Gläsern.

„Wir haben das hochgerechnet und festgestellt, dass Kichererbsen auf 50 Hektar angebaut werden mussten“, erzählt Rohr. 20 Anbauer waren dabei. Das Jahr 2021 war leider eher nass und kalt und es gab eine Missernte.

Nicht gleich aufgeben

Rohr ist aber am Ball geblieben und hat in der Universität Hohenheim und dem Förderprogramm „Cicero“ zur Etablierung des Kichererbsenanbaus in Baden-Württemberg eine Kooperation gefunden. Der Anbau der Kichererbse in diesem Jahr von 18 Landwirten war ein „super Erfolg“. Erträge und Qualität waren gut und der Anbau wird nun mit Fördergeldern unterstützt. Daher wird bald neben der Kichererbse aus Indien oder Pakistan die Hohenloher Kirchererbse im Einkaufsregal stehen.

Regionalität, Nachhaltigkeit, kurze Transportwege, eine gute CO2-Bilanz und das Wissen um die Herkunft von Nahrungsmitteln sind keine gesellschaftspolitischen Schlagworte mehr, sondern gelebte Realität. am