Ein kulinarisches Abenteuer Jun01


Ein kulinarisches Abenteuer

Rothenburgs einziges Sternerestaurant: Die Villa Mittermeier

Küchenchef Thorsten Hauk (links) und Christian Mittermeier haben einen Michelin-Stern für das Restaurant der Villa Mittermeier erhalten. Foto: am

Küchenchef Thorsten Hauk (links) und Christian Mittermeier haben einen Michelin-Stern für das Restaurant der Villa Mittermeier erhalten. Foto: am

Normal ist nicht ihr Ding. Christian Mittermeier und Thorsten Hauk graben gerne tiefer. Aus vermeintlich „normalen“ Lebensmitteln machen sie in der Küche der Villa Mittermeier ein wahres Abenteuer. Das tun sie eigentlich schon seit Jahren. Nun haben sie aber eine Stufe der Perfektion erreicht, die der Guide Michelin mit einem Stern gewürdigt hat. Die Villa Mittermeier in Rothenburg gehört somit zu den besten Restaurants der Welt.

Thorsten Hauk erinnert sich noch genau an den Moment der Auszeichnung. Er und Christian Mittermeier waren nach Hamburg eingeladen. „Wir waren guter Dinge und überzeugt von der Teamleistung“, sagt er. Ob sie einen Stern erhalten würden, wussten sie aber noch nicht.

Ähnlich wie bei der Oskar-Verleihung bleibt es bis zum letzten Moment spannend. Als die Villa Mittermeier dann genannt wurde und Hauk den Preis auf der Bühne entgegennahm, „lief das wie im Film ab“, erzählt er. „Es dauert schon ein paar Tage, bis man alles realisiert hat“, fügt Hotelier und Gastgeber Mittermeier an.

Thorsten Hauk ist seit zwölf Jahren der Küchenchef im Restaurant der Villa Mittermeier und hat gemeinsam mit Christian Mittermeier den Entwicklungsprozess hin zur Sterneküche geschärft. An Auszeichnungen mangelte es dem Restaurant auch zuvor nicht, aber der Michelin Stern ist eben die einzige, international akzeptierte Messlatte für Exzellenz.

Schon seit einigen Jahren setzen sie auf „casual fine dining“, also eine informelle Art der Gastronomie ohne Hemmschwelle: Jeans und Sneakers gehen hier genauso wie der Anzug. Über allem steht aber das Motto „taste matters“ – nur der Geschmack zählt.

„Wir überraschen gerne“, sagt Christian Mittermeier. Der Gast darf sich darauf einlassen, wird aber kulinarisch nicht bevormundet. Das Konzept eines Abends im Sternerestaurant basiert auf neun Gerichten, die mit knappen Worten beschrieben werden: Amur Karpfen, Staudensellerie, Dill und isländischer Kabeljau, junge Erbsen, Frühlingsmorcheln sowie Spitzkohl, Berberitze, Rotkohl Kimchi oder Prime Beef, BBQ Lack, Mais stehen auf der Speisekarte.

In der Sterneküche der Villa Mittermeier wird der fränkische Spargel zum Kosmopoliten.  Foto: Privat

In der Sterneküche der Villa Mittermeier wird der fränkische Spargel zum Kosmopoliten. Foto: Privat


Im Juni gehört auch in der Sterneküche der Spargel dazu. „Unser kosmopolitisches Spargelgericht steht für mich sinnbildlich für eine modern interpretierte Regionalküche“, so Küchenchef Hauk. Der fränkische Spargel bekommt bei ihm eine klassische Butterschaum-Sauce mit dem Aroma des fermentierten indischen Gewürzes Vadouvan zur Seite. Die japanische Salzpflaume „umeboshi“ mit einer Silvaner Auslese aus Randersacker verfeinert die Kreation.

Aus den neun Gerichten kann der Gast drei verschiedene Pakete mit fünf, sieben oder eben neun Tellern wählen. Für welche der einzelnen Gerichte er sich dann entscheidet, ist seinen eigenen Vorlieben geschuldet. Etwas Experimentierfreudigkeit und ein „offenes Mindset“, wie es Christian Mittermeier ausdrückt, sind dabei nützlich.
Kurz vor dem Servieren der Gänge erhalten die Gäste dann die passende Menükarte. Nicht nur die Zutaten sind dort aufgelistet, sondern auch die Besonderheiten zu Produzenten oder der Art der Zubereitung. Ein Gericht ist nämlich mehr als nur der Teller.

Die Gastgeber wollen auch die Idee vermitteln, die dahintersteht. Eine Karotte vom regionalen Bauernhof ist nicht mehr nur eine Karotte. Hauk schmort sie zuerst im Ofen, dann kommt sie in den Dörrautomaten und danach wird sie in einer Marinade wieder rehydriert. Fisch reift mitunter im Dryager oder Gemüse wird fermentiert.

„Wir beschäftigen uns mit biochemischen Prozessen, um ein besseres Verständnis für das Produkt zu bekommen“, erklärt Hauk. „Lebensmittel, die vorher belanglos erschienen, werden so besonders wertvoll“, ergänzt Mittermeier.

Christian Mittermeier, der 1995 den Familienbetrieb mit seiner Frau übernommen und stets weiter entwickelt hat, erhielt bereits zweimal (2005 bis 2007 und 2009 bis 2012) einen Stern für sein Restaurant. „Die Erwartungshaltung steigt damit und das ist nichts, worauf wir uns ausruhen können“, weiß er.

Als erfahrener Gastronom und Hotelier (zum Hotel Mittermeier kam 2018 das Konzepthotel Alter Ego hinzu) mit insgesamt 50 Mitarbeitern hat er eine fundierte Basis, um in der Sternegastronomie am Ball zu bleiben.

Etwa 300 Sternerestaurants gibt es in Deutschland. Die Auszeichnung ist für Mittermeier daher nicht nur gut für den eigenen Betrieb, sondern auch für seine Heimatstadt Rothenburg, die jetzt wieder auf der Deutschlandkarte von Michelin vertreten ist. Liebhaber der hochwertigen Küche, auch internationale, haben nun noch einen Grund mehr, Rothenburg einen Besuch abzustatten. am