Ein heißes Handwerk Jan10


Ein heißes Handwerk

Burkhard Moser verewigt Skulpturen und Kunstwerke im Bronzeguss

Burkhard Moser (links) kontrolliert ,ob die Bronze schon gussfertig ist. Alexander Fabi unterstützt ihn beim Gießprozess. Foto: Plath

Burkhard Moser (links) kontrolliert, ob die Bronze schon gussfertig ist. Alexander Fabi unterstützt ihn beim Gießprozess. Foto: Plath

Wenn in Schweinsdorf das Feuer lodert, dann sind echte Männer am Werk. Burkhard Moser hebt mithilfe von Alexander Fabi den Deckel des Brennofens an. Seit Stunden heizt er mit Koksbrocken das Innere auf 1 200 bis 1 400° Celsius auf. Inmitten der glühenden Hitze schmilzt so die Bronze. Immer wieder wirft er einzelne Metallstücke in den Schmelztiegel. Er will vier Gedenktafeln für das Haus in der Judengasse 10 in Rothenburg gießen.

Geduld gehört ebenso zu seinem Handwerk wie Hitze, Ruß und schweres Heben. Burkhard Moser ist Bronzegießer. Seit Jahren lebt und arbeitet er in Schweinsdorf bei Rothenburg. Der Zufall hat ihn hierher verschlagen.

Eine translozierte Scheune

Burkhard Moser ist in Würzburg geboren, in Oberbayern aufgewachsen und hat dort die Ausbildung zum Bronzegießer gemacht.

Auf der Suche nach einem Eigenheim am Land, denn er ist nach eigenen Auskünften „überzeugter Landbewohner“, fand er das baufällige Anwesen in Schweinsdorf. Das ist jetzt 35 Jahre her, aber die dreijährige Renovierungszeit hat sich fest in seiner Erinnerung eingegraben.

Mittlerweile ist sein Anwesen ein kleines Schmuckstück. Mehrere Bronzestatuen stehen in seinem Garten, darunter auch eine Figur des Rothenburger Künstlers und Bildhauers Peter Nedwal. An sein Wohnhaus schließt sich die Scheune mit Werkstatt an. So wie man es von einem fränkischen Gehöft kennt. „Die Scheune habe ich aber transloziert“, sagt Moser schmunzelnd. Der Mann hat nicht nur ein kunstfertiges Händchen, sondern auch Humor. Als er hier sesshaft wurde, wollte er seine Werkstatt nicht in einer uninspirierten Halle unterbringen, sondern eine Scheune sollte es sein. Architekt Eduard Knoll fand eine passende in Oberoestheim. Moser ließ sie dort abbauen und in Schweinsdorf wieder aufbauen.

Seitdem hat er hier für die Ewigkeit bewahrt, was sich Künstler ausgedacht haben. Burkhard Moser sagt von sich selbst, er ist Gießer, nicht Künstler. Er arbeitet vorwiegend im Auftrag der Kreativen.

Kontakt zu Künstlern

Die Bronzefiguren aus seiner Werkstatt stehen u.a. als Brunnenfiguren in Bad Bocklet, im Kurhaus in Bad Kissingen, in Hirschaid oder im Nürnberger Stadion. Die lebensgroße Statue von Clublegende Max Morlock ist vielleicht der berühmteste Guss aus seiner Hand.

Eine gute Zusammenarbeit pflegt er mit dem Schwabacher Bildhauer Clemens Heinl. Im nächsten Jahr will er ein Projekt mit Heinl in der französischen Partnerstadt Schwabachs realisieren. Der Stadtrat von Schwabach war daher bei ihm in Schweinsdorf und hat den Entstehungsprozess eines direkt ins Holz gegossenen Herzens miterlebt. Clemens Heinl hat zuerst die Form grob in den Stamm gesägt. „Die flüssige Bronze brennt sich dann in das Holz“, so Moser.

Durch Corona hat die Werkstatt Mosers ziemlich gelitten. Wenn bei den Künstlern nichts geht, brennt auch kein Feuer im Ofen in Schweinsdorf. Normalerweise ist der große, im Boden eingelassene und mit Öl betriebene Ofen das Hauptarbeitsfeld von Moser. Mit Flaschenzügen und riesigen Eisenzangen bewegt er dann die flüssige Bronze. Das macht aber nur Sinn bei Aufträgen für größere Skulpturen.

Ende Oktober hat er daher nur den kleinen Schmelzofen in der Werkstatt geheizt, um damit eine gute Tat zu vollbringen. Burkhard Moser ist seit drei Jahren Mitglied im Verein Alt Rothenburg, der sich unter anderem für den Erhalt und die Sanierung der beiden historischen Häuser in der Judengasse einsetzt. Moser hat in diesem Kontext vier Bronzeplatten gegossen und spendet diese dem Verein.

Burkhard Moser erklärt den Entstehungsprozess vom Kunstwerk hin zur fertigen Gussform. Foto: am

Burkhard Moser erklärt den Entstehungsprozess vom Kunstwerk hin zur fertigen Gussform. Foto: am

Zum Handwerk des Bronzegießers gehört auch die Anfertigung der Gussformen. Traditionell geht Burkhard Moser den Weg über den Abformungsprozess mit Silikon. Vom Künstler kommt die Rohfigur aus Ton, Gips oder einem anderen Material. Moser stellt aus Silikon die entsprechende Negativform her. Diese wird dann mit Wachs ausgegossen. „Aber kein Kerzenwachs, sondern ein Spezialwachs“, merkt der Bronzegießer mit Humor an. Dieses Wachsmodell überarbeitet er, Trichter werden angebracht und Eingangsschläuche, die für den Gießprozess wichtig sind.

Das Modell mitsamt dem Angusssystem wird in einen Gips-Schamott-Kasten eingefügt. Eine Art großer Schrank steht in seiner Werkstatt neben dem Schmelzofen. Hier werden die Kästen dann über mehrere Tage gebrannt. Das Wachs schmilzt dabei, die Flüssigkeit verdunstet und es entsteht so die eigentliche Bronzegussform. „Bei lebensgroßen Figuren sind das natürlich mehrere Formen, die nach dem Guss verbunden werden“, erklärt Moser.

Burkhard Moser ist auch gelernter Holzschnitzer. Es gab eine Zeit, als ihm das Handwerk des Bronzegießers zu schwer war. Er absolvierte die Staatliche Berufsfachschule für Holzbildhauer in Bischofsheim in der Rhön. Im Beruf des Holzschnitzers hat Moser zwar nie gearbeitet, aber „das Wissen bringt mir als Bronzegießer sehr viel“, weiß er.

Für den Zuschauer ist der Prozess des Gusses an sich dann der spektakulärste Teil der Entstehung einer Figur. Unterstützt vom Rothenburger Metallbildhauer und Künstler Alexander Fabi gießt Burkhard Moser die Formen für die Platten der Judengasse mit flüssiger Bronze aus. Bronze ist eine Legierung aus 90 Prozent Kupfer und 10 Prozent Zinn, die bei etwa 1200° Celsius flüssig wird.

Mit schweren Eisenzangen bewegen die beiden den glühenden Gussbehälter zentimetergenau über die Eingussstelle. Jetzt muss alles schnell und reibungslos ablaufen. Neben glühender Hitze liegt jede Menge Adrenalin in der Luft. Sind die Formen gefüllt, heißt es warten. „Man weiß nie genau, ob alles geklappt hat“, so Moser.

Neben den Auftragsarbeiten für Künstler ist Burkhard Moser aber auch selbst kreativ. Für Pinienzapfen, die mit Silikon nicht abgeformt werden können, hat er ein Gussverfahren entwickelt. Die Wachsfiguren eines kreativen 9-Jährigen haben ihn so begeistert, dass er sie in Bronze verewigt hat. Eine nette kleine Ratte, aus Bronze versteht sich, steht auf seiner Werkbank, daneben ein Adventskranz, ebenfalls aus Metall gegossen.

Sogar der ganz alltägliche Sisal-Fußabstreifer vor seiner translozierten Scheune ist aus Bronze und wird noch alle zukünftigen Besucher in der Werkstatt des Bronzegießers in Schweinsdorf in Empfang nehmen. am