Der Realisierer Mrz09


Der Realisierer

Daniel Kübler macht Unmögliches wahr: Auf der Erde und im All

Diese Dosen schickt Daniel Kübler (hier in der Küche der Villa Mittermeier) auf die Reise ins All. Foto: am

Diese Dosen schickt Daniel Kübler (hier in der Küche der Villa Mittermeier) auf die Reise ins All. Foto: am

Was ist er nun genau? Er ist kein Koch, kein Gastronom, kein Hotelier, kein Wirtschaftsboss und kein Erfinder. Und gleichzeitig ist er all das in einem. Daniel Kübler passt einfach in keine Schublade.

Er ist ein smarter Typ, perfekt gestylt, aber nicht zu perfekt, mit sympathischem Lächeln und bodenständigen Ansichten. „Schwäbisch betrachtet kann man alles, was man denken kann, auch machen“, sagt er. Auf dem Handy hat er Fotos aus der ISS. Darauf sieht man Matthias Maurer, aktuell als Astronaut im All, mit den eingeschweißten Essensdosen, produziert von Küblers Firma.

Von der Pike auf gelernt

Nun könnte man meinen, Kübler sei einer dieser stets wichtigen Trendsetter. Das ist er nicht. Er stammt aus dem Schwarzwald. Die Familie hat seit Generationen dort einen Landgasthof und betreibt Forst- und Landwirtschaft. „Ich bin mit Gästen und Tieren aufgewachsen. Was anderes habe ich nicht gekannt“, erzählt er.

Wer mitten im Gourmet-Mekka Baiersbronn aufwächst und diese familiäre Prägung hat, der geht in die Gastronomie. Daniel Kübler hat in der „Traube Tonbach“, wo Harald Wohlfahrt im Restaurant Schwarzwaldstuben drei Sterne erkocht hat, Hotelkaufmann gelernt.

Das ist schon was, aber es kam noch besser. Danach ging er nach Oxford ins „Le Manoir aux Quat‘
Saison“. Queen Elizabeth und Prinz Philip gehörten dort zu den Gästen. „Ich wurde nach der ‚Traube‘ da hingeschoben“, erzählt er, „Man war dankbar, dass man dort arbeiten durfte.“ Kübler hält den Ball stets flach. Kein Wort davon, dass er in seinem Job wahrscheinlich ganz gut war.

Gipfel der Perfektion

Von Oxford ging es weiter nach Paris ins Restaurant „Pierre Gagnairs“, weltweit unter den Top 10. „Man bleibt meist ein gutes Jahr in einem Haus“, erzählt er. Um die Karriereleiter hochzuklettern, steht dann ein Wechsel an.

Mit Mitte 20 kam Daniel Kübler im Drei-Sterne-Restaurant „Le Louis XV Alain Ducasse“ im „Hotel de Paris“ in Monaco an. „Das hat alles getoppt“, erinnert er sich. Der Job war hart, 1 000 Prozent wurden verlangt, ein Fehler und man flog raus. Alles funktionierte so präzise wie ein Schweizer Uhrwerk. Täglich wechselnde Speisekarten musste er in drei Sprachen erklären und Tests zu Nahrungsmitteln und Getränken gehörten zur Tagesordnung.

Gruppenbild mit persönlicher Widmung von Alain Ducasse. Daniel Kübler steht ganz rechts in der zweiten Reihe. Foto: Privat

Gruppenbild mit persönlicher Widmung von Alain Ducasse. Daniel Kübler steht ganz rechts in der zweiten Reihe. Foto: Privat

Kübler war als Premier Chef de Rang verantwortlich für mehrere Tische im Restaurant. Die Mitarbeiter wurden von Designern wie Lagerfeld oder Gaultier eingekleidet. „Jeden Tag kam ein Abgesandter des Designers und kontrollierte, ob wir richtig angezogen waren“, erinnert sich Kübler.

Die Welt der Schönen und Reichen, mit denen er in Kontakt kam, ist ein verführerisches Pflaster. „Man darf nicht den Fehler machen, zu denken, man gehöre fest dazu“, erzählt der bodenständige Schwabe.
Weitere Stationen wie eineinhalb Jahre auf einem Luxusschiff von „Seabourn & Cunard“, wo er fast die ganze Welt gesehen hat, und danach eine Anstellung als Division Head bei „Althoff Hotels & Residences“, einer Kollektion privat geführter Luxushotels, folgten. Auf der Hotelfachschule in Heidelberg machte er noch das European Hotelmanagement Diplom.

Daniel Kübler, damals so langsam in den 30ern angekommen, hatte sich ein internationales Netzwerk aufgebaut, verrückte Sachen erlebt, die Welt kennengelernt. Er spricht nicht viel von der Prominenz, die er betreut hat. Mitunter fallen aber Namen wie Clinton, Obama, der Dalai Lama oder Putin.
Es war an der Zeit, zurück zu den Wurzeln zu gehen. Kübler ging wieder in die „Traube Tonbach“ und war für die Weiterentwicklung des Hauses zuständig. „In die ‚Traube‘ kam viel Regierungspersonal mit Gefolge“, erinnert er sich. So entstand der Kontakt zu einem Verantwortlichen der Europäischen Weltraumorganisation (ESA).

„Essen ist ein Höhepunkt für die Astronauten im All“, so Kübler. Gemeinsam mit dem damaligen Küchenchef Harald Wohlfahrt hat er das Projekt realisiert, Essen für eine Raumstation herzustellen. „Seit 2006 stehe ich in permanentem Kontakt mit der ESA“, erklärt er. Auch die Veranstaltung 2007 auf dem Eiffelturm zur weltgrößten Luft- und Raumfahrtmesse hat Kübler für die ESA organisiert.

Die eigene Firma

Im Jahr 2011 hat Daniel Kübler dann seine eigene Firma „MK Mentor“ gegründet, und zwar gemeinsam mit dem Rothenburger Christian Mittermeier. Seitdem lebt Kübler mit seiner Frau Sabrina und mittlerweile zwei Töchtern in der Tauberstadt. Sein Büro hat er im Hotel „Villa Mittermeier“.

Über die „Jeunes Restaurateurs d’Europe“ (Vereinigung junger Spitzenköche) lernten sich Kübler und Mittermeier kennen und haben in den letzten elf Jahren verrückte Projekte realisiert.

Darunter waren beispielsweise „Boatshows“: Für den Marktführer für Heizungstechnik haben sie ein ganzes Schiff zur Eventlocation umfunktioniert und zu 85 Veranstaltungen in 50 Städte geschickt. Für Audi haben sie auf den internationalen Motorsport-Rennstrecken das Catering auf Spitzenniveau umgesetzt oder für eine europäische Airline Hospitality-Konzepte für mehr als 3 400 Gäste geplant und veranstaltet.

Daniel Kübler zeigt Videos auf seinem Computer, wie ein ganzer Hangar ausgeräumt wird, Tische, Stühle, Bar, Bühne aufgebaut werden und das Fest startet. Bis zu 400 Mitarbeiter sind dann im Einsatz. „Und das alles lief in einem Hochsicherheitsbereich ab“, erklärt Kübler.

Er hat einen Sonderzug mit einer historischen Lok von Stuttgart nach Heidelberg fahren lassen und 125 exklusive Gäste bewirtet oder für eine Geburtstagsfeier eine 250 m² große Berghütte im Schwarzwald abgebaut und beim Gastgeber wieder aufgebaut.

Mit „MK Mentor“ hat Daniel Kübler auch das Projekt Spacefood weiterentwickelt. Der Astronaut
Alexander Gerst kam 2018 in den Genuss von Maultaschen. „Sabrinas Oma macht die besten Maultäschle“, so Kübler. Im Taste Lab von Electrolux in Rothenburg wurde der Prototyp entwickelt und dann weltraumtauglich produziert.

Sonntagsessen für die ISS

„Die NASA hat die höchsten Anforderungen an Essen“, so Kübler. Produktspezifikationen müssen bis ins kleinste Detail dokumentiert werden, die Dose muss eine Belastung von 9 G aushalten und die Nährwerte sollen erhalten bleiben, was mit einer speziellen Form der Dampfsterilisation erreicht wird.

Daniel Kübler war nicht nur beim Start von Alexander Gerst mit der Sojus 5 in Kasachstan dabei, sondern auch im Vorfeld in Cape Canaveral, als mit einer Spacex-Rakete von Elon Musk das Essen zur ISS hochgebracht wurde.

Aktuell hat Kübler, der seit 2022 alleiniger Geschäftsführer von „MK Mentor“ ist, das „Sonntagsessen“, wie er es nennt, für den Astronauten Matthias Maurer realisiert. Als Saarländer hat dieser sich heimische Gerichte gewünscht, die in einem Kochwettbewerb ausgesucht wurden.

„Unsere Aufgabenstellung seitens der ESA war, diese Mission von Anfang an zu begleiten und mit unseren Partnern die Gerichte gemäß den Vorgaben raumfahrttauglich zu machen, zu produzieren und die Organisation zu übernehmen“, erläutert er. Ein Kartoffel-Rahm-Süppchen sowie Reh-Ragout, „Geheirade“ mit Spätzle und Kartoffeln oder „Rostige Ritter“ kann Maurer aktuell in MK-Mentor-Dosen in der Schwerelosigkeit genießen.

Dem fast schon zu tote zitierten Satz „Geht nicht, gibt‘s nicht“ haucht Kübler neues Leben ein. Er erzählt, dass er noch nie einen Auftrag akquiriert hat. Schwirrt in der Welt ein besonderer Wunsch herum, findet dieser den sympathischen Mann in Rothenburg. „Wichtig ist dann nur noch die Mission“, sagt der Realisierer. am