Lachen als großes Thema

2. Juli 2025

Lachen als großes Thema

Jürgen Eick, der neue künstlerische Leiter des Toppler Theaters

„Theater braucht Lobby – im besten Fall in allen Bereichen“, sagt Jürgen Eick. Der gebürtige Düsseldorfer hat einst als Gründungsintendant des Ansbacher Theaters dies zu einer zentralen Größe in der Stadt entwickelt. Danach war er zehn Jahre künstlerischer Leiter und geschäftsführender Vorstand des E-Werks in Freiburg. Als freies Produktionshaus und soziokulturelles Zentrum mit Festivals und einem vielfältigen Programm hat er es neu konzipiert. Und nun Rothenburg? „Ideen haben nichts mit der Bühnengröße zu tun. Manchmal findet man sein Theaterglück eben in Rothenburg“, sagt er lachend.

Aufbruchstimmung

Eick kannte das Toppler Theater. Im Jahr 2007, als er in Ansbach startete, wurde auch das Toppler Theater gegründet und Jürgen Eick stand beratend zur Seite. „Das war damals eine Art Aufbruchstimmung“, erinnert er sich. Man erkannte, dass Menschen und Städte mit selbstschöpferischem Theater zu begeistern sind.

Als er vergangenes Jahr vom Vorstand des Toppler Theaters nach Ideen zur weiteren Entwicklung gefragt wurde, hat er zugegriffen. „Theater lebt von Brüchen, von neuen Handschriften, von neuen Blicken auf die Stadt“, das ist ihm wichtig.

Von sich selbst sagt er, dass er in dramaturgischen Bögen denkt. Das heißt, alle sieben bis acht Jahre muss das künstlerische Rad weiter gedreht werden. Stillstand ist nichts für ihn, ebenso wenig wie das Ausruhen auf dem Erfolg. „Bevor man mir ein Denkmal setzt, ziehe ich weiter“, so seine Haltung.

Das Profil schärfen

Im Jahr 2015 hat er Ansbach aus freien Stücken verlassen, ebenso stand nach zehn Jahren E-Werk Freiburg für ihn fest, nun müssen andere ran. Er wollte weniger Leitungsaufgaben und vor allem nicht am Posten kleben – und die Franken haben längst sein Herz erobert. „Ich bin der einzige Nicht-Franke, der den Frankenwürfel verliehen bekommen hat“, erzählt er mit einem Schmunzeln.

Im Toppler Theater mit seinem kammerspielartigen Ambiente und „nur“ 140 Zuschauern sieht er die Möglichkeit, in einer Form zu arbeiten, die in großen Häusern vermisst wird. „Wir können hier ein Kleinod werden“, sagt er.

Dazu gehört, das Profil weiter zu schärfen. Eick hat den Überblick über die Freilufttheater-Szene der Region: Feuchtwangen hat sich mit großen Klassikern und „unglaublich guten Schauspielern“ positioniert. In Dinkelsbühl gibt es erfolgreiche musikalische Produktionen und „im Kinder und Jugendbereich sind die großen Stückbücher erfolgreich“.

Das Freilandtheater in Bad Windsheim hat sein Publikum mit einer Mischform aus Laientheater und Breitband-Geschichtstheater gefunden. „Das hat wahnsinnige Kraft“, so der Theaterprofi. Für ihn soll das Alleinstellungsmerkmal des Toppler Theaters bei literarisch orientierten, gesellschaftskritischen Komödien liegen. Also weg vom Boulevard hin zu sozialkritischen Komödien, weg vom Liederabend und hin zum engagierten Musiktheater. „Jetzt beginnt etwas Neues“, so Eick.

Zwei große Überbegriffe setzt er sich dabei: den Komödiensommer und das Lachen. „Es gibt so viele verschiedene Arten von Lachen, das ist mein großes Thema“, erklärt er. Ob verhalten, heimlich, schallend oder hinterfotzig – Lachen ist sozialer Kitt und wird gern unterschätzt. Das Theater gibt die Möglichkeiten, den Lachreflex auszureizen. „Eine Art Lachlabor“, stellt Eick fest.

Seit 25. Juni läuft die erste Inszenierung aus seiner Hand im Toppler Theater: „Bezahlt wird später“. Das in der Tradition der Commedia dell’arte in den 1970er-Jahren geschriebene Bühnenstück des italienischen Schriftstellers und Literaturnobelpreisträgers Dario Fo ist erstaunlich aktuell. Im Kern geht es um die Gerechtigkeitsdebatte: Mensch oder Kapital. „Das ist sehr witzig“, erzählt Eick. Gleichwohl steht dem Lachen ein ernstes Thema gegenüber. „Wir wollen das Publikum im Theater unterhalten, aber man sollte dabei auch etwas von der menschlichen Existenz wahrnehmen“, ist dem künstlerischen Leiter ein Anliegen.

Für die zweite Eigenproduktion am Toppler Theater hat Jürgen Eick die musikalische Komödie „Souvenir“ ausgewählt, die in der Region noch nie gespielt wurde (Premiere am 30. Juli). Das erfolgreiche Broadwaystück erzählt die wahre Geschichte von Florence Foster Jenkins. Jenkins trat in den 1940er-Jahren als leidenschaftliche Sängerin auf. Mit ihrer Begeisterung wurde sie zum Phänomen, denn sie sang die Klassiker der Opernliteratur total falsch.

Die Spielarten des Lachens

Als „Diva der falschen Töne“ wurde sie nicht nur belächelt – das Lachen sucht sich hier auch einen ganz eigenen Raum. Eick stellt mit seiner Inszenierung die Fragen: Was ist das für ein Lachen, worüber lache ich eigentlich und darf man jemanden auslachen? „Eine sehr spannende Geschichte“, so sein Kommentar.

Spannend war auch die Besetzung. Eick brauchte eine Sopranistin, die Schauspielerin ist und professionell falsch singen kann. „Mit Jenavieve Moore habe ich die perfekte Darstellerin gefunden“, sagt er begeistert. Sein Team ist handverlesen und zeugt von seinen guten Kontakten. In „Bezahlt wird später“ sind u.a. die bereits aus Ansbach bekannten Schauspieler Atischeh Hannah Braun, Monika Reithofer und Udo Grunwald zusehen. Die Ausstattung für beide Produktionen macht Claudia Kucharski, Gründerin/Leiterin des Kindertheaters Kopfüber in Ansbach.

Theater findet nicht im luftleeren Raum statt. Ebenso wichtig wie eine erfolgreiche Inszenierung sind die Vernetzung vor Ort oder die „Pfade in die Stadtgesellschaft“. Jürgen Eick kann das. Er ist der Typ, der die Menschen fesselt, der mit seiner Begeisterung für Theater, Kunst und Kultur erfrischend ansteckend ist.

Unter seiner Leitung soll das Toppler Theater nicht einfach Spielstätte sein, sondern zum Theater für die Stadt werden. Das Theater ist bei „Rothenburg ist bunt“ (18. bis 20. Juli) beteiligt. Eick kann sich im nächsten Jahr das Diskussionsformat „Toppler Arena“ vorstellen. Jeden Dienstag gibt es die offene Probe (Infos unter www.toppler-theater.de), die Theaterpädagogik von Christina Wehner will er ausbauen und das Toppler Theater das ganze Jahr über spürbar machen. „Vielleicht kann man ja auch mal ein Weihnachtsmärchen hier machen?“, wirft er in den Raum.

Alle Ideen sieht er dabei als Ergänzung zu bestehenden Formaten und will keinem den Rang ablaufen. Kultur und innovative Ideen müssen bekanntlich auch finanziert werden. Eine der größten Hürden. Eick ist da guter Dinge. „Das ist nicht unmöglich“, sagt er, „das war jahrelang mein Kerngeschäft.“

Vielfach engagiert

Für drei Jahre ist Jürgen Eick, der mit seiner Familie weiterhin in Freiburg lebt, in den Sommermonaten als künstlerischer Leiter des Toppler Theaters verpflichtet. Das bedeutet im besten Fall, dass er das 20-jährige Jubiläum des Toppler Theaters im Jahr 2027 mitgestaltet.

Den Rest des Jahres ist er in seiner Funktion als kulturpolitischer Sprecher und Programmleiter mehrerer Formate für „Flausen+“ aktiv, dem Bundesnetzwerk für kleine und mittlere Theater im ländlichen Raum und in größeren Städten, das von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert wird. Außerdem arbeitet er als freier Regisseur, Autor, Kulturmanager und kulturstrategischer Berater. „Ich habe mehrere Seiten“, kommentiert er seine Vielfalt. am

Jürgen Eick inszeniert beide Eigenproduktionen der diesjährigen Spielzeit im Toppler Theater. Foto: am
2008 hat Eick die „Bremer Stadtmusikanten“ als Weihnachtsmärchen auf die Bühne gebracht. Foto: Albright

Weitere interessante Beiträge

über Rothenburg ob der Tauber & Umgebung

Ausgabe

Zusätzliche ROTOUR-Beiträge und weitere spannende Informationen finden Sie hier:

Zusätzliche ROTOUR-Beiträge und weitere spannende Informationen finden Sie hier:

Hinterlassen Sie ein Kommentar