Für Stadt und Menschen

1. September 2025

Für Stadt und Menschen

Gudrun Knoll-Schäfer hat ein Herz für Historisches und ein Ohr für den Nächsten

Knoll-Schäfer ging immer mit offenen Augen durch die Gassen. Immer fällt ihr etwas auf, wenn sie so durch ihre Wahlheimat Rothenburg schlendert. Ein Mensch, der etwas braucht oder alte Baukunst – hier gibt es eben immer etwas zu entdecken.

Aufgewachsen ist die ausgebildete Bauzeichnerin und ursprüngliche Medizinisch Technische Assistentin (MTA) im nordrhein-westfälischen Recklinghausen. Mit 20 Jahren verspürte sie einmal den Wunsch, einen Urlaub in Kroatien zu verbringen. Aber dass sie dort ihren künftigen Ehemann Eduard Knoll begegnen würde, stand nicht auf der Agenda. Sie heiratete den gebürtigen Rothenburger und fand sich im Jahr 1973 in ihrer neuen Heimatstadt Rothenburg wieder.

Ein Jahr später machte sich Architekt Eduard Knoll gemeinsam mit seiner Frau an die Renovierung das denkmalgeschützten Eigenheims in der Klingengasse 13, durch die einst die ursprüngliche Stadtmauer verlief. Der Keller stammt aus dem 14. Jahrhundert. Ganz nach altem Wohnkonzept richtete das Paar im Erdgeschoss das Architekturbüro Eduard Knoll ein, in dem Gudrun Knoll-Schäfer auch als Bauzeichnerin beschäftigt war. Im Obergeschoss wurde gemütlicher Wohnraum für die Familie mit zwei Töchtern geschaffen.

„Denkmalschutz ist das Steckenpferd meines Mannes. Zudem war er über 20 Jahre als Sachverständiger aktiv", erzählt Gudrun Knoll-Schäfer. Beste Voraussetzungen also, ein historisches Häuschen wieder auf Vordermann zu bringen. Beeindruckend fand die Architektur-Interessierte die alten Gebäude Rothenburgs mit all ihren kleinen baulichen Besonderheiten. In diesem Punkt entdeckte das Paar ein gemeinsames Interesse. Ein Herzensanliegen der beiden war es, den Abriss der Fuchslochscheune am Schrannenplatz zu verhindern. Das Gebäude steht heute unter Denkmalschutz. Die fränkische Sprache stellte für die junge Frau allerdings eine gewisse Herausforderung dar.

Wegweisend für die Stadt

Bei einem Spaziergang durch die Judengasse fielen dem Paar die in einem desolaten Zustand befindlichen Wohnhäuschen auf. „Wieder kribbelte es uns in den Fingern. So kauften wir die Hausnummern 31 und 16 bis 18 und sanierten sie mithilfe der Städtebauförderung und natürlich auch aus eigener Tasche", erinnert sich die heutige 2. Vorsitzende des Vereins Alt-Rothenburg. Judengassen gab es übrigens in den meisten mittelalterlichen Städten im deutschsprachigen Raum.

In Rothenburg waren die Häuser im Besitz der Stadt und wurden an Juden und Christen vermietet. In der Regel waren die Juden Händler, denn Handwerksberufe durften sie damals nicht ausüben. Zu groß war die Befürchtung, dass die jüdischen Bürger den Einheimischen die Arbeit wegnehmen könnten. Der Erwerb und die Sanierungen der beiden Häuser (31, 16–18) durch das Ehepaar Knoll wurden zu einer wegweisenden Maßnahme für Rothenburg. Denn seit 1945 verfielen die einstigen Wohnhäuser jüdischer Mitbürger. Ende der 80er-Jahre kaufte und sanierte der Verein Alt Rothenburg die Häuser 15 bis 17 sowie 19 und 21 in der Judengasse bis das Kulturerbe Bayern die Gebäude übernahm. „Heute ist die einstige Wohngasse eine gute Gemeinschaft unter den dort lebenden Bürgern", erzählt Knoll-Schäfer. Das jüngste sanierte Objekt, die Judengasse 10, mit einem jüdischen Ritualbad (Mikwe), hat besondere Aufmerksamkeit erregt.

Aber auch sonst hat sich Gudrun Knoll-Schäfer ehrenamtlich für immer andere Projekte wie Parkplätze oder Stadtbegrünung eingesetzt. „Ich mag einfach die kleinen Besonderheiten der Stadt und den Umgang mit Menschen", legt sie offen. Diese Vorliebe wurde später, um nicht zu sagen bis heute, sehr gefragt. So wie jüdische Bürger und ihre historischen Wohnhäuser in Rothenburg ganz eigene Geschichten haben, so steht es auch heute um Flüchtlinge aus fernen Ländern.

„Mit rund zwanzig Rothenburger Ehrenamtlichen gründeten wir im Jahr 2015 den ,Arbeitskreis Asyl', erzählt sie. Damals kamen 120 Asylbewerber, meist Syrer, Iraner und Iraker nach Rothenburg. Untergebracht wurden sie anfangs in der Jugendherberge, später im ehemaligen Hotel „Bären". „Wir unterstützen sie bei Antragstellungen, unternahmen Stadtführungen und organisierten die allerersten Deutschkurse über die VHS-Rothenburg", erinnert sich Gudrun Knoll-Schäfer.

„Da Asylsuchende drei Monate nach Antragstellung eine Arbeit aufnehmen dürfen, haben wir uns neben der Wohnungssuche auch um die Jobsuche gekümmert. Viele konnten in der Gastronomie mit anfassen. In den Räumlichkeiten in der Rödergasse, die uns von der Stadt kostenlos zur Verfügung gestellt wurden, richteten wir eine Kleiderkammer ein, wo Spenden abgegeben und kostenlos an Hilfesuchende weitergegeben werden konnten. Nach meiner Erfahrung wollen Asylsuchende auch arbeiten. Kaum jemand, den wir kennengelernt haben, wollte freiwillig die Heimat verlassen", sagt Gudrun Knoll-Schäfer. Allerdings sind es eher Syrer, die als Kriegsflüchtlinge kamen.

Iraner kamen nach Deutschland, um ihre Familien zu Hause finanziell zu unterstützen. „Wir waren im Schnitt 20 Stunden pro Woche im Einsatz und hatten alle Hände voll zu tun", erinnert sie sich. Eigentlich haben die Mitglieder des Arbeitskreises Staatsaufgaben übernommen.

Die ehrenamtlichen Helfer des Arbeitskreises wurden laut Knoll-Schäfer sehr gut durch das Landratsamt Ansbach unterstützt. Heute sind viele Flüchtlinge gut im Alltagsleben mit Arbeit und Familie angekommen. Im Jahr 2022 hat die Flüchtlingshilfe der Stadt Rothenburg mit der hauptberuflich angestellten Anke Schrenk den früheren AK-Asyl abgelöst. Bis im selben Jahr wieder neue ukrainische Kriegsflüchtlinge aufgenommen wurden.

„Heute haben wir immer dienstags, um 13 Uhr, im ehemaligen Hotel ,Bären' Sprechzeit und donnerstags von 17 bis 19 Uhr gibt es eine offene Sprechstunde für Flüchtlinge, um uns den Sorgen der Menschen zu widmen", so Gudrun Knoll-Schäfer.

Bauliches Engagement

Aber nicht nur für Hilfesuchende läuft sie durch Rothenburg. Immer wieder entdeckt die engagierte Frau Details an historischen Gemäuern, wie eine Feuerschutztür zum Pulverturm am Schrannenplatz aus dem 15. bis 16. Jahrhundert. Aus diesen Entdeckungen heraus hat sie als Mitglied im Ausschuss des Vereins Alt-Rothenburg im Jahr 2014 die Initiative „Kleine Kostbarkeiten" ins Leben gerufen, um die kleinen historischen Schätze der Stadt wiederherzustellen.

„Mein Mann und ich arbeiteten viel mit Wolfgang Brück von der Firma Herzig zusammen. Er hat vieles einfach repariert oder wieder hergerichtet und das mit wenig finanziellem Aufwand. Leider ist er nun verstorben", erzählt Gudrun Knoll-Schäfer mit etwas Wehmut.

Einmal war sie in der Burggasse unterwegs. Es ging eigentlich um die Restaurierung eines steinernen Wappens. Dabei fiel ihr eine Skulptur aus Sandstein (der gegeißelte Jesus) in einem Privatgarten ins Auge, die dort in der Mauer eingebaut war. Sie stand ursprünglich am äußeren Ostchorscheitel der Jakobskirche, vermutlich mit zwei Peitschen schwingenden Schergen, die aber schon lange verschollen sind. Heute ist die restaurierte Figur im RothenburgMuseum zu sehen.

Gudrun Knoll-Schäfer begleitet die jeweiligen Restaurationen von mittlerweile 16 Kostbarkeiten seit dem Jahr 2014. Die Finanzierung erfolgt zu einem Drittel durch Beiträge der Stadt Rothenburg, ein Drittel vom Verein und ein Drittel von den Eigentümern der Objekte. Jährlich stehen rund 15 000 Euro zur Verfügung.

Für Anfragen steht Gudrun Knoll-Schäfer telefonisch unter: 0151/12164645 bereit, denn es gibt sicher noch viele Kostbarkeiten in der Stadt, die in neuem Glanz erstrahlen sollten. ul

Gudrun Knoll-Schäfer liebt ihre Wahlheimat Rothenburg und setzt sich ehrenamtlich für Mitmenschen und Gebäude ein. Foto: ul
Ukrainische Frauen als Trachtengruppe in Rothenburg. Foto: Privat

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