Win-win-Situation Jul01


Win-win-Situation

Anna Reihs entdeckt als Bufdi eigene Fähigkeiten.

Anna Reihs entdeckt als Bufdi eigene Fähigkeiten. Fotos: Privat

Bufdis in Oberscheckenbach nicht wegzudenken

Wer weiß schon genau, wo der berufliche Weg nach dem Schulabschluss hingehen soll. Was kann ich eigentlich und wo gehöre ich hin? sind Fragen, die jeden Schulabgänger beschäftigen. Die erste und nicht unbedingt schlechteste Idee ist ein Praktikum in verschiedenen Berufszweigen.

Zeit sinnvoll nutzen
Aber es gibt auch noch eine andere Option: Unter dem Motto „Zeit das Richtige zu tun“ bietet das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben“ den sogenannten „Bundesfreiwilligendienst (Bufdi) an.

Menschen jeden Alters, Geschlecht und Herkunft können sich in Leerlauf- und Übergangszeiten bis zum Studium, Beruf oder nach Elternzeiten für einen Zeitraum von sechs bis 24 Monaten im sozialen, kulturellen oder ökologischen Bereichen engagieren. Die freiwilligen Helfer sind sozialversichert, erhalten ein Taschengeld und werden durch kostenlose Seminare und Weiterbildungen professionell begleitet.

In Blockunterrichtswochen werden gesellschaftspolitische Themen behandelt, Erfahrungen unter den Bufdis ausgetauscht und durch Einsätze die Empathie z. B. für behinderte Menschen geweckt. Meist wird das Angebot von jungen Menschen zur beruflichen Orientierung oder in Leerlaufzeiten genutzt.

In der Grundschule in Oberscheckenbach sind die Bufdis nicht mehr wegzudenken. „Für uns ist die Unterstützung eine Win-win-Situation. Auch die Kinder mögen unsere Bufdis sehr“, betont Gudrun Hartl, Direktorin der Schule. Die langjährige Pädagogin legt großen Wert darauf, dass die meist jungen Menschen selbstständige Aktionen durchführen. Dabei stehen Lehrkräfte und Mitarbeiter mit ihrem Fachwissen zur Seite.

Verschiedene Gründe
Gudrun Hartl setzt bei den Bufdis auf „Trauen und Zutrauen“ und motiviert durch Zusammenarbeit auf Augenhöhe mutig zur Tat zu schreiten. Eigenverantwortlich Projekte zu entwickeln und durchzuführen und gleichzeitig den Berufsalltag zu stemmen, stellt für die jungen Leute eine ungewohnte Herausforderung dar.

Anna Reihs aus Rothenburg ist 24 Jahre alt und wollte die Zeit bis zur zweiten Hälfte ihres Studiums für Angewandte Bewegungswissenschaften und Deutsch sinnvoll überbrücken. „Ich wurde von Anfang an in den Schulalltag miteingebunden“, erzählt sie und fühlt sich in ihrer Person wertgeschätzt und im positiven Sinne gefordert und gefördert. Kurzerhand hatte Anna die Idee, bei der von Bayern 3 initiierten Aktion „#Gaffen geht gar nicht“ mit den Kindern in einem Projekt zu thematisieren.

In Rollenspielen versetzte sie die Kinder in die Situation des „Begafften“, um herauszufinden, wie es sich wohl anfühlt. Die Aktion wurde auf einer Schulversammlung präsentiert und jedem Kind wurde ein Autoaufkleber gegen Gaffer für die Eltern mitgegeben. Aus einer ganz anderen Situation heraus hatte sich Luisa Oppelt aus Gollhofen für den Bundesfreiwilligendienst entschieden. Sie hatte gerade ihren Realschulabschluss in der Tasche und absolvierte in der Grundschule Oberscheckenbach ein Praktikum.

„Es hat mir so gut gefallen, dass ich mich gleich um eine Bufdizeit bemüht habe“, erzählt die 17-Jährige. Der Perspektivenwechsel aus der Sicht einer Schülerin in die Position der „Pädagogin“ war für sie ein Sprung ins kalte Wasser. Besonders erstaunt zeigt sich die junge Frau über die rasante Entwicklung der Kinder vom Kindergartenkind zum Schüler. „Innerhalb von sechs bis sieben Wochen wissen die Kinder was sie zu tun haben und passen sich erstaunlich schnell der neuen Situation an“, so die Erfahrung von Luisa. „Ich musste mich überwinden den Förderunterricht mit Kindern die Leseschwächen haben oder zu wenig Deutschkenntnisse mitbringen, zu übernehmen“, erzählt sie stolz und ist dankbar für diese Gelegenheit, den eigenen Schweinehund überwunden zu haben. Auch der ehemalige Bufdi Moritz Höher aus Oberscheckenbach, der sich ursprünglich für ein Studium im Bereich Sportökonomie entschieden hatte, änderte seine Studienwahl in Richtung Grundschullehramt. Er fand seine persönlichen Stärken im pädagogischen Bereich bestätigt.

Alle Pädagogen und Mitarbeiter der Grundschule empfinden die Bufdis als wertvolle Unterstützung im Schulalltag, sowohl im Bereich der Einzelförderung als auch im regulären Unterricht. Durch den zweiten Ansprechpartner im Klassenzimmer ist es möglich, den Bedürfnissen der Schüler, insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund, gerecht zu werden.

Auf dem Prüfstand
„Eigentlich sollten alle Anwärter für das Lehramt eine solche Zeit im Schulalltag vor Studienbeginn absolvieren, um herauszufinden, ob sie den Herausforderungen eines Pädagogen gewachsen sind“, sind sich die Pädagogen einig. Interessenten können sich ab sofort bei Direktorin Gudrun Hartl unter der Nummer: 09865 334 um einen Bufdiplatz ab September 2020 bewerben.
ul