Wahrzeichen  – Die Eselsbrücke Okt01


Wahrzeichen – Die Eselsbrücke

Jeder kennt die Eselsbrücke in Rothenburg. Sie ist mit der bronzenen Skulptur, die auch das Titelbild von ROTOUR schmückt, zu einem der Wahrzeichen Rothenburgs geworden. Der Esel ist den Rothenburgern ans Herz gewachsen und wird in der Weihnachtszeit mitunter festlich geschmückt. Manchem soll er sogar so sehr ans Herz gewachsen sein, dass er kurzzeitig verschwunden war.
Begibt man sich auf die Suche nach den Ursprüngen der Eselsfigur, dann wird es schwierig. In Rothenburg existieren keine Unterlagen dazu. Die Brücke nahe der Steinmühle gehört mitsamt der Staatsstraße Nr. 1022 in das Hoheitsgebiet des Straßenbauamts Ansbach, heute Hochbauamt. Im Juli 1957 sind dort erste Pläne zur Sanierung und Verbreiterung der „Steinmühlbrücke a2“ entstanden. Von der Eselsbrücke war damals noch nicht die Rede. Anfang Oktober 1959 startete das Bauunternehmen Johann Baumann aus Ansbach mit einem zehnköpfigen Team die Arbeiten an der Brücke. Acht Monate wurden veranschlagt.
Karl Thürauf, Winzer und Gastwirt der „Glocke“ in Rothenburg, erinnert sich an die Zeit der späten 50er Jahre. Die Rothenburger Künstler kamen regelmäßig zum Stammtisch in die „Glocke“. „Da wurde viel gerätselt, was für eine Figur auf die Brücke kommt“, erzählt er. Die Spannung war groß und alle waren zufrieden, als am 1. September 1959 dann ein Esel auf der Brücke stand. „Seit gestern hat Rothenburg seinen bronzenen Tauberesel“ titelte der „Fränkische Anzeiger“ am 2. September und zeigt ein großes Foto von der Skulptur.
Angefertigt wurde die Skulptur im Auftrag der obersten Baubehörde vom Münchner Bildhauer Guido Goetz, dessen Signatur auch am hinteren rechten Huf des Esels zu finden ist. Drei Spezialkräfte waren nötigt, um den Esel auf seinen Platz zu stellen.

Stich aus dem Jahr 1631, der die mit Säcken beladenen Esel mit ihrem Eselstreiber auf dem Weg ins Taubertal zeigt.


Die Rothenburger waren rundum zufrieden mit ihrem Esel, der sich „repräsentativ und harmonisch in die Umgebung einfügt“. Und die Begeisterung hat sich im neuen Namen der Brücke niedergeschlagen: Rothenburg hat seitdem seine „Eselsbrücke“.
Was bedeutet nun dieser Esel? Die Esel waren die Lastenträger der Müller. An der Tauber und ihren Seitenflüssen waren zu Reichsstädtischer Zeit zahlreiche Mühlen. Das Müllerhandwerk galt in vorindustrieller Zeit als „goldenes Handwerk“. Im 18. Jahrhundert hat es im Gebiet der Reichsstadt etwa 50 Mühlen gegeben, vorwiegend Getreidemühlen (in „Die Linde“ 1941, Nr. 4, „Die Mühlen in der Reichsstadt Rothenburg“ von Hans Wirsching).
Da die Mühlen alle am Wasser lagen, musste das Getreide von den Äckern auf den Ebenen oberhalb des Tales herunter transportiert werden und ebenso das gemahlene Gut wieder nach oben. Und das haben die Esel gemacht.
In einem Willkürbuch von ca. 1335 sind Bestimmungen über die Eselstreiber und ihren Lohn enthalten. Damals hatte ein Müller vier bis sechs Esel im Einsatz (in „Die Linde“, 1964, Nr. 4, „Von Mühlen und Taubereseln und Mitzen“, R. Hahn). Auch 300 Jahre später waren Esel noch die Lastenträger der Müller, was der Stich von Hans Meichsner aus dem Jahr 1631 zeigt.
Es war üblich, dass die Esel die Getreidesäcke über einen Steg oder eine Treppe direkt auf die Mehl- und Schrotgangböden der Mühlen trugen (in „Anmerkungen zur Geschichte und Technik der Mühlen im Taubertal“ von Helmut Fast, 2005/2006). Noch heute erhalten ist die Eselstreppe an der Lukas-Röder-Mühle.
Ab Mitte des 18. Jahrhunderts begannen die Müller Pferde anzuschaffen, da sie diese auch zur Feldarbeit nutzen konnten. Bessere Straßen wurden angelegt, die Eselssteigen verwilderten und nach und nach verschwanden die Tauberesel. Daher war die Freude groß, als vor fast 60 Jahren ein Esel in Erinnerung an die Historie die Tauberbrücke schmückte.
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