Unternehmen Wald Aug01


Unternehmen Wald

Die Waldarbeit ist gefährlich und neben den klassischen Holzarbeiten werden heute moderne Maschinen eingesetzt. Der Harvester kann die Bäume fällen, die Stämme entasten und für den Transport bereit legen. Alles in einem Rutsch. Foto: Bay. Staatsforsten

Die Waldarbeit ist gefährlich und neben den klassischen Holzarbeiten werden heute moderne Maschinen eingesetzt. Der Harvester kann die Bäume fällen, die Stämme entasten und für den Transport bereit legen. Alles in einem Rutsch.
Foto: Bay. Staatsforsten

Der Forstbetrieb Rothenburg wirtschaftet integrativ

Der Wald ist für alle da. Beim Sonntagsspaziergang überlegt man nicht, wem denn Baum, Büsche, Wege oder Tiere gehören. Der Wald, in diesem speziellen Fall Forst genannt, ist aber nicht nur zur individuellen Kontemplation gedacht, sondern kann auch ein Wirtschaftsunternehmen mit besonderem Auftrag sein. Der Forstbetrieb Rothenburg ist ein solches. „Wir betreiben integrative Forstwirtschaft unter ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Aspekten“, erklärt Norbert Flierl, Betriebsleiter des Forstbetriebs Rothenburg.

Dem Freistaat Bayern gehören 800 000 ha Wald, das sind etwa 12 Prozent der Landesfläche. Dieser gesamte Staatswald ist in 41 Forstbetriebe unterteilt. Rothenburg ist einer davon. „Von der Fläche gehören wir zu den großen Forstbetrieben“, erklärt Flierl. Das Rothenburger Gebiet umfasst 20 000 ha und verteilt sich auf einzelne Waldbereiche von der baden-württembergischen Grenze im Westen bis ins Stadtgebiet Fürth im Osten, und von Burghaslach im Norden bis zum Hesselberg im Süden. Die Nord-Süd-Ausdehnung ist etwa 100 km, Ost-West etwa 80 km lang. Das Betriebsgebäude steht in Rothenburg.

Eigenverantwortung

Der Rothenburger Forstbetrieb ist wiederum unterteilt in zehn Forstreviere, die von Revierleitern geleitet werden. Insgesamt 63 Mitarbeiter, darunter zehn Auszubildende, sind in Rothenburg beschäftigt. Im Jahr 2005 wurden die Bayerischen Staatsforsten, wozu der Forstbetrieb Rothenburg gehört, gegründet. Grund und Boden gehören dem Freistaat Bayern. Die Staatsforsten haben das Nutzungsrecht, müssen aber auch wirtschaftlich eigenständig arbeiten – mit dem kleinen Vorteil, dass sie als Staatsunternehmen nicht Pleite gehen können, falls das mal nicht klappt.

„Rothenburg hat einen jährlichen Umsatz von sieben Millionen Euro“, so Flierl. Bis vor drei Jahren haben sich alle 41 Forstbetriebe selbst getragen und gemeinsam (seit 2005) einen Überschuss von 650 Millionen Euro an das Land Bayern abgeführt. „Momentan ist die Situation schwierig, da Einnahmen durch sinkende Holzpreise wegbrechen“, erklärt Flierl. Der Aufwand des Rothenburger Forstbetriebs liegt aktuell bei acht Millionen Euro im Jahr. Allein für die Instandhaltung der Wege im Staatswald muss der Rothenburger Betrieb bis zu 300 000 Euro im Jahr aufbringen.

Ein jährlicher Rahmenplan, der alle zehn Jahre auf dem Prüfstand steht, legt die naturalen und finanziellen Ziele des Unternehmens fest. „Aus dem naturalen Plan leitet sich der wirtschaftliche ab“, ist Norbert Flierl wichtig. Es geht nicht nur um die Holzernte, sondern auch um den Naturschutz. Einer der Arbeitsschwerpunkte des Forstbetriebs ist die Pflege des Bestands. „Hat ein Baum ein Spechtloch, dann bleibt er stehen“, so Flierl. Ebenso werden „Bäume mit Zukunft“ gehegt und gepflegt. Das bedeutet, dass alle 10 bis 15 Meter besonders schöne Exemplare ausgewählt und deren Wachstumsbedingungen optimiert werden. Forstwirtschaft ist kein schnelllebiges Geschäft. Fichten können nach knapp 100 Jahren geerntet werden, eine Eiche braucht mindestens 250 Jahre.

Problem: Fichtensterben

„Wir haben sehr produktive Wälder in Franken, aber durch den Klimawandel ist ein Umdenken nötig“, erläutert der Betriebsleiter. Beim Sturm Wiebke im Jahr 1990 sei die Initialzündung zu sehen und seit 2003 ist der Klimawandel mit fehlenden Niederschlägen und erhöhten Temperaturen im Wald augenscheinlich. Ein großer Anteil der Fichten sind dem Borkenkäfer zum Opfer gefallen. Die Holzpreise sind von etwa 100 Euro auf rund 30 Euro pro Kubikmeter gefallen.

Hannah Ströbel, Petra Ohr und Manuela Mack (von links) organisieren den Wildbretverkauf im Forstbetrieb. Foto: am

Hannah Ströbel, Petra Ohr und Manuela Mack (von links) organisieren den Wildbretverkauf im Forstbetrieb. Foto: am

Der Forstbetrieb reagiert schon seit Jahren mit einem steten Umbau des Waldes. Klimatolerante Bäume wie beispielsweise Eiche, Spitzahorn, Kirsche oder Elsbeere werden gepflanzt. Bei den Jungbeständen (jünger als 21 Jahre) hat sich der Laubholzanteil um 20 Prozent erhöht und der Nadelholzanteil somit um denselben Prozentsatz verringert.

Einnahmen generiert der Forstbetrieb Rothenburg zum größten Teil aus der Holzernte. Rund 110 000 m³ werden jährlich verkauft. Abnehmer sind private Kunden, die einige Ster Ofenholz benötigen, und die Holzindustrie. Größter Industriepartner des Rothenburger Forstbetriebs ist das Unternehmen Rettenmeier in Wilburgstetten. Aus den Bäumen entsteht dort sogenanntes Baumarktholz (Bretter, Latten usw.) oder es wird u.a. zum Dachstuhlbau verwendet.

Die integrative, naturnahe Waldwirtschaft, wie sie in den Bayerischen Staatsforsten betrieben wird, erfüllt eine multifunktionale Rolle. Zum Aufbau, der Pflege und der Ernte im Wald kommt die Instandhaltung der Waldwege (im Bereich des Forstbetriebs Rothenburg misst das Wegenetz ca. 750 km) und die Jagd als waldbauliches Instrument. „Wo der Wildverbiss zu hoch ist, müssen wir uns jagdlich engagieren“, erklärt der Forstmann.

Wildbret im Direktverkauf

Beim Rothenburger Betrieb sind insgesamt 13 Mitarbeiter (Revierförster und die Betriebsleitung) jagdverpflichtet. Die Jagdfläche umfasst rund 15 000 ha. Etwa 15 Prozent davon sind an private Jäger verpachtet, der Rest muss selbst bejagt werden. Gemeinsam mit rund 150 Jagdgästen unternimmt der Forstbetrieb sowohl Bewegungsjagden als auch konventionelle Jagden. Im Jahr werden rund 1 900 Rehe und 250 Wildsauen geschossen. Verkauft wird der größte Teil des Wilds an den Wildhandel (etwa 800 bis 1 000 Stück Wildbret). Der Rest geht an die Gastronomie, an Jagdgäste, Mitarbeiter und ab September in den Direktverkauf in Rothenburg. Jeden dritten Donnerstag im Monat (Start ist der 17. September, von 10 bis 12 und von 14 bis 16 Uhr) gibt es im Forstbetrieb Rothenburg heimisches Wildbret in Haushaltsportionen von 100 g bis 3 kg zu kaufen.

In Anlehnung an den seit vielen Jahren stattfindenden Weihnachtsverkauf in den Räumen des Forstbetriebs in der Adam-Hörber-Straße 39 bauen Norbert Flierl und seine Mitarbeiterinnen, die für den Verkauf vor Ort zuständig sind, auf diesen Erfahrungen auf. Das Wildbret wird dafür vom Forstamt an die Metzgerei Stettner in Stilzendorf (bei Schillingsfürst), ein nach EU-Recht zertifizierter Zerlegebetrieb, verkauft. „Und dann kaufen wir das fertige Endprodukt zurück“, erklärt Flierl.

Im Angebot hat der Forstbetrieb, je nach Verfügbarkeit, vom Reh den Braten aus der Keule, Rücken mit Filet, Rehragout und Würste (Pfefferbeißer). Vom Schwarzwild gibt es Braten, Filet und Gulasch. Ebenso im Angebot sollen Burger Patties von der Wildsau sein. Alle Produkte sind vakuumiert und tiefgefroren. Wildsaubratwurst und Wildschweinzwiebelmettwurst gibt es im Glas. Zugekauft wird nichts. Was im Forstamt über den Tresen geht, ist Wildbret aus den heimischen Wäldern. Wildfleisch ist ein hochwertiges Nahrungsmittel: Fettarm, mit einem großen Anteil an Omega-3-Fettsäuren und vielen Mineralstoffen. Alle Produkte sind zu 100 Prozent rückverfolgbar und Hygienestandards werden zuverlässig eingehalten. Der Wildbretverkauf ist für dieses Jahr geplant und wird auch im Jahr 2021 ab Mai bis Dezember stattfinden. Kreativ unterstützt wird die Direktvermarktung durch das von den Bayerischen Staatsforsten herausgegebene Wildkochbuch „Wilder Genuss“, das vor Ort verkauft wird. So kann zum kontemplativen Sonntagsspaziergang nun auch noch der kulinarische Genuss kommen. Mehr Heimat, mehr Regionalität, geht nicht. am