Seltene  Einblicke Sep01


Seltene Einblicke

Die Kobolzeller Kirche ist im September sonntags geöffnet

Der 2 000 km lange „Fränkische Marienweg“ führt direkt an der Kobolzeller Kirche vorbei. Foto: am

Der 2 000 km lange „Fränkische Marienweg“ führt direkt an der Kobolzeller Kirche vorbei. Foto: am

Die Kirchen Rothenburgs gehören zum Pflichtprogramm eines jeden interessierten Besuchers. Aber unten im Tal gibt es auch noch eine Kirche. Neben der Doppelbrücke, direkt an der Tauber gelegen, ist die Kobolzeller Kirche aber meist nur der Mittelpunkt eines Fotos vom Burggarten aus. Runter ins Tal schaffen es die wenigstens. Das machte in der Vergangenheit auch keinen Sinn, denn die Kirche mit dem Namen „Unsere liebe Frau zu Kobolzell“ war meist verschlossen. Nun öffnet das Gotteshaus im September immer sonntags seine Pforten. Also nichts wie hin.

Grund für die neue Öffnungsstrategie ist die Belebung des „Fränkischen Marienwegs“. Wandern mit religiösem Bezug erfreut sich steigender Nachfrage. Bereits seit 2002 gibt es auf einer Länge von 900 km den Marienwanderweg in Unterfranken. Im letzten Jahr wurde der Marienwanderweg um Ober- und Mittelfranken erweitert und umfasst nun 2 000 km an ausgewiesenen Pilgerwegen, die 90 Marienwallfahrtsorte beinhalten.

Es gibt zwei Hauptrouten, die „Ave-Maria Route“ über Bamberg, Nürnberg und Kulmbach, und die „Magnificat-Route“ auf der Rothenburg liegt. Von Heilsbronn über Colmberg führt der Weg nach Rothenburg zur St.-Johannis-Kirche und in die Kobolzeller Kirche. Von dort geht es weiter über Creglingen und Aub Richtung Iphofen. Die Wege verlaufen dabei zum Teil auf denen des Jakobswegs.

Pfarrer Harald Sassik (Mitte) und Silvia Stark, eine von acht ehrenamtlichen Helfern, begrüßen am Sonntagnachmittag die Besucher in der Kirche „Unsere liebe Frau von Kobolzell“. Foto: am

Pfarrer Harald Sassik (Mitte) und Silvia Stark, eine von acht ehrenamtlichen Helfern, begrüßen am Sonntagnachmittag die Besucher in der Kirche „Unsere liebe Frau von Kobolzell“. Foto: am

Die Kobolzeller Kirche ist bei den Einheimischen aber auch beliebt als Hochzeitskirche. „Die Menschen mögen diesen Ort, denn er ist ein Stück Heimat für sie“, erklärt Pfarrer Harald Sassik.

Die Lage der Kirche könnte idyllischer kaum sein. Einige Gründungslegenden ranken sich um die Entstehung eines Gotteshauses an dieser Stelle. Ein Einsiedler soll eine Zelle errichtet haben, eine Wegkapelle wird hier vermutet oder das Kloster Herrieden hatte hier eine Besitzung (aus: Anton Ress, „Kunstdenkmäler von Rothenburg“ ,1959, S. 367 ff). Die früheste Erwähnung eines Gotteshauses zu Füßen Rothenburgs ist mit einer Ablassgewährung aus dem Jahr 1298 belegt. Schon darin wurde das Marienpatrozinum genannt. Im Jahr 1336 erscheint die „Kobolzeller Kapelle“ dann im Vertrag von Deutschherrn und Stadt.

Von all diesen Spuren ist heute nichts mehr zu sehen und zu finden, denn das jetzige Gotteshaus stammt aus dem 15. Jahrhundert. Aufgrund seiner dominanten Größe muss es den Menschen aber ein besonderes Anliegen gewesen sein, hier eine Kirche zu errichten.

Da Wallfahrten im 14. und 15. Jahrhundert sehr beliebt waren, liegt es nahe, dass auch die Kobolzeller Kirche hier erbaut wurde, um diesem Zweck zu dienen. Ein auffallendes Merkmal des Gotteshauses sind die drei Eingänge. Neben dem Hauptportal stehen weitere Seiteneingänge auf der Süd- und Nordseite zur Verfügung, was auf eine Kanalisation des Wallfahrtsstromes schließen lässt. Selbst im Inneren der Kirche hat man mit einer außergewöhnlichen Treppenkonstruktion auf die Pilgerströme reagiert. Die doppelläufige Wendeltreppe führt auf der einen Seite hoch zur Empore und auf der anderen wieder nach außen.

Prunkstück der Kirche ist der neugotische Altar von Heideloff. Er stiftete für den Hauptaltar eine Marienstatue (um 1440). Eingerahmt wird der Altarraum von einer Christophorusstatue (um 1480) und einer Darstellung von Johannes dem Täufer (1520). Eine Rokokoorgel mit barockem Prospekt steht auf der Empore.

Die Öffnungszeiten der Kirche werden von acht ehrenamtlichen Gemeindemitgliedern gewährleistet. Im nächsten Jahr soll die Kirche bereits ab Mai für Interessierte offen stehen. „Aktuell kommen etwa 30 Besucher an einem Sonntag“, so Silvia Stark, eine der Ehrenamtlichen. Etwa 20 davon führt ein explizites Interesse an dem Fränkischen Marienweg in die Kirche. am