Rothenburg als Blaupause Nov01


Rothenburg als Blaupause

Ausstellung: Die Stadt als Vorbild für Londons Gartenstadt Hampstead

Normalerweise kommen die Menschen nur zum Schauen und Genießen nach Rothenburg. Anders dagegen die Städteplaner um die Jahrhundertwende. Sie kamen, um aus der Historie Neues erwachsen zu lassen. „Ich sah Tränen der Freude in den Augen meines Mannes, als der Rothenburg betrat“, so die Erinnerungen von Etty Unwin im Jahr 1909.

Das Zitat steht geschrieben in der Sonderausstellung im RothenburgMuseum, die die Rolle der Tauberstadt als Vorbild für Konzeption und Bau der Gartenstadt Hampstead nahe London rekapituliert. Raymond Unwin, der zu Tränen gerührte Ehemann, war der wichtigste Architekt in der Gartenstadtbewegung. „Er ist sozusagen die Hauptperson der Ausstellung“, wie Kuratorin Edith von Weitzel-Mudersbach anfügt. Gemeinsam mit Dr. Nils Schinker von der TU Dresden und in Kooperation mit David Davidson und Paul Capewell vom Hampstead Garden Suburb Trust in London, hat sie Feldforschung betrieben und ein unbekanntes Kapitel Rothenburger Geschichte aufgeblättert.

Digitale Projektion: Der Architekt Raymond Unwin spielt eine bedeutende Rolle in der Ausstellung. Auf einem Stuhl, wie diesem, hat er gearbeitet. Foto: am

Digitale Projektion: Der Architekt Raymond Unwin spielt eine bedeutende Rolle in der Ausstellung. Auf einem Stuhl, wie diesem, hat er gearbeitet. Foto: am

Der geneigte Besucher muss sich einlassen auf das Thema, denn nicht Exponate (deren Austausch mit England aufgrund der Coronapandemie nicht möglich war), sondern vorwiegend Text und Bild erklären das Thema. Die Texte, zweisprachig in Englisch und Deutsch, sind kurz und griffig gehalten. Die Bebilderung und einige dreidimensionale Modelle ergänzen die schlüssige Aufteilung. Dazu kommen mehrere Bücher in zwei Vitrinen und eine visuelle Projektion, die mit wechselnden Zitaten und Fotos eine interaktive Note einbringt.

Die Zeitreise beginnt mit der Entdeckung Rothenburgs durch die Maler im 19. Jahrhundert. Es war die Gesamtwirkung der Stadt, eingebettet in malerischer Natur, die in der Folge Architekten wie Unwin anzog.

Menschenwürdige Städte
Durch die Industrialisierung waren die Lebensbedingungen in England schlecht. Ebenezer Howard, ein Gerichtsstenotypist, bekam das Elend hautnah mit und machte sich für eine Änderung stark. Das Konzept der Gartenstädte wurde so entwickelt. Mit Diagrammen und Erläuterungen erklärt die Ausstellung den Besuchern die soziokulturelle Entwicklung. Es ging nicht nur um Architektur, um die Kopie eines pittoresk-idyllischen Stadtbilds, sondern vielmehr um die Auswirkung des harmonischen Lebensraums auf die Menschen.

Das Clubhouse in Hampstead zeigt Anleihen an den Markusturm, das Arcadehouse an den Siebersturm. Parallel dazu entwickelte die Sozialreformerin Henrietta Rowland Barrett die Ideale des Zusammenlebens in Hampstead Garden Suburb.

Die Ausstellung zeigt ebenso die Strahlkraft der englischen Gartenstadtbewegung auf, die zur deutschen Version der Gartenstädte in Hellerau (Dresden) führte. Der Kreis schließt sich mit dem Architekten Theodor Fischer, der 1902 von der Stadt Rothenburg beauftragt wurde, als Stadtplaner die reformerische Periode zu begleiten. am

November: Aufgrund der neuen Corona-Bestimmungen bleibt das Museum vom 2. bis einschl. 30.11.2020 geschlossen. Dezember: Die Öffnungszeiten für Dezember werden sobald wie möglich bekannt gegeben.